4.1 Nachweisberechnungen nach DIN EN 12195-1:2011


4.1.4 Kombination von statisch unbestimmten Direktsicherungen

Statisch unbestimmte Direktsicherungen werden in den Kapiteln 3.5.1 und 3.5.4 dieses Handbuchs ausführlich besprochen. Die Norm DIN EN 12195-1:2011 enthält keine Hinweise für die rechnerische Prüfung solcher Sicherungsanordnungen. Deshalb werden an dieser Stelle die in Kapitel 3 gegebenen Ratschläge noch einmal zusammengefasst.

Statisch unbestimmte Direktzurrungen

Wirken mehr als zwei Direktzurrungen in gleiche Sicherungsrichtung oder unterscheiden sich die Zurrmittel nennenswert in Länge, Angriffswinkel oder Elastizität des Materials, so sind sie als statisch unbestimmte Direktzurrungen zu behandeln. In einer solchen Anordnung können grundsätzlich steife und nachgiebige Zurrmittel unterschieden werden (Kap. 3.5.1).

Steife Zurrmittel erfordern wenig Ladungsbewegung, um ihre volle Belastbarkeit LC zu erreichen. Sie sind

  • kurz im Vergleich zu den anderen Zurrmitteln,
  • haben geringe Längenkomponenten quer zur betrachteten Wirkrichtung,
  • besitzen große Materialsteifigkeit (große normierte Federkonstante).

Nachgiebige Zurrmittel sind die anderen. In einer Bilanz sollten die steifen Zurrmittel mit ihrem vollen LC eingesetzt werden, während bei den nachgiebigen Zurrmitteln Abstriche in der Größenordnung von 20 bis 30% gemacht werden sollten. Zusätzlich sollte den steifen Zurrmitteln weniger Vorspannung als den nachgiebigen Zurrmitteln gegeben werden.

Direktzurrung einer starren Ladungseinheit, kombiniert mit Blockierung

Die Eigenschaft „starr“ einer Ladungseinheit bedingt, das sie rutschen müsste, um die Zurrmittel zu dehnen und auf die erwünschte Spannung zu bringen (Kapitel 3.5.4). Auch sollten die in Gegenrichtung weisenden Zurrmittel lose fallen können, um sich in der Bilanz zu neutralisieren. Wenn die Blockierung ebenfalls starr ist, wie es beim bündigen Laden gegen den Fuß der Stirnwand der Ladefläche zu erwarten ist, kann die Ladung aber nicht nennenswert rutschen. Somit darf die Direktzurrung streng genommen nur mit der Reibungserhöhung durch die Vertikalkomponenten ihrer Vorspannkraft in die Bilanz eingesetzt werden. Die Stirnwand, genauer ihr struktureller Anschluss an die Ladefläche, muss die notwendige Sicherungskraft abzüglich der Reibung in einer Bilanz fast allein aufbringen können.

Diese Situation entschärft sich, wenn die Blockierung nicht unten, sondern z.B. auf halber Höhe der Stirnwand angreift, so dass die elastische Verformung der Stirnwand auch eine gewisse Dehnung der Zurrmittel erlaubt. Ebenfalls günstig ist es, wenn im vorgenannten Sinne „steife“ Zurrmittel verwendet werden. In so einem Fall könnten, vorbehaltlich genauerer Berechnung, z.B. 50% des LC-Werts der Zurrmittel in Rechnung gesetzt werden. Ignoriert man die genannte Problematik und setzt den vollen LC-Wert der Zurrmittel in die Bilanzrechnung, so riskiert man in einem extremen Lastfall das Brechen der Blockierung oder, im Fall der Ladeflächenstirnwand, ihre bleibende Verformung und Schwächung und damit die weitere Betriebszulassung des Fahrzeugs.

Direktzurrung einer nachgiebigen Ladungseinheit, kombiniert mit Blockierung

Bei einer nachgiebigen Ladungseinheit ist es wichtig, dass die Blockierung unten ansetzt, während die Direktzurrung weiter oben angreift (siehe auch Kapitel 3.5.4). Dabei ist es zunächst gleichgültig, ob die Ladungseinheit elastisch oder plastisch nachgiebig ist. Bei plastisch nachgiebiger Ladung hat sich allerdings die Zurrgeometrie nach einem starken Belastungsfall verändert. Die Sicherung muss dann umgehend nachgebessert werden.

In einer rechnerischen Bilanzierung einer solchen Sicherungsanordnung darf je nach Ausmaß der Nachgiebigkeit der Ladung ein größerer Anteil der vollen Belastbarkeit LC der Zurrmittel eingesetzt werden, also z.B. Werte bis zu 80%. Eine genauere Berechnung ist kaum möglich, da über die Nachgiebigkeit von Ladungseinheiten generell keine Daten zur Verfügung stehen. Also ist Vorsicht geboten. Auch hier ist man mit „steifen“ Zurrmitteln auf der sicheren Seite.