3.3 Niederzurrung


3.3.5 Reibbeiwert

Der Reibbeiwert zwischen Ladefläche und Ladung nimmt zweifachen Einfluss auf eine ordnungsgemäße Niederzurrung.

  • Er bestimmt einmal den nach Abzug der Reibung erforderlichen Sicherungsaufwand, also z.B. die notwendige Anzahl der Gurte.
  • Des Weiteren bestimmt er die Sicherungswirkung der einzelnen Gurte, denn deren Wirkung erfolgt primär über die Reibung.

Das hat einen überproportionalen Anstieg der Gurtzahl zur Folge, wenn man den anzunehmenden Reibbeiwert verkleinert. Dazu wird ein Beispiel gegeben.

Beispiel: 

Eine Ladungseinheit mit dem Gewicht G = 11200 daN soll durch Niederzurrungen gegen Verrutschen quer zum Fahrzeug mit dem Beschleunigungsbeiwert cY = 0,5 gesichert werden. Die Gurte sind mit einem STF = 380 daN etikettiert. Der Reibbeiwert zur Ladefläche wird zunächst mit μ = 0,4 angenommen. Der Zurrwinkel beträgt 90°. Die notwendige Anzahl n der Gurte wird aus der Kräftebilanz berechnet.

  

  

Mit einem angenommenen Reibbeiwert von μ = 0,3 (75% von 0,4) erhält man:

  

Mit einem angenommenen Reibbeiwert von μ = 0,2 (50% von 0,4) erhält man:

  

Es ist leicht verständlich, dass eine derart empfindliche Abhängigkeit des Zurraufwands vom Reibbeiwert heftige Diskussionen darüber entfacht, welcher Reibbeiwert zu verwenden ist, der Haftreibbeiwert oder der Gleitreibbeiwert. Ausschlaggebend sind dabei oft wirtschaftliche Motive.

Legt man die Niederzurrung auf der Basis des stets etwas geringeren Gleitreibbeiwerts aus, so darf man ziemlich sicher sein, dass die Ladung im extremen, von der Norm vorgegebenen Lastfall niemals rutschen wird. Der größere Sicherungsaufwand ist dann aber im Grunde unnütz, weil er wegen der nun wirksamen Haftreibung nie in Anspruch genommen wird.

Legt man hingegen die Niederzurrung auf der Basis des Haftreibbeiwerts aus, so besteht aus mehreren Gründen die Möglichkeit, dass dieser nicht ganz ausreicht, die Ladung mit dem nun geringeren Gleitreibbeiwert „ins Rutschen“ kommt und die Sicherung insgesamt nicht die Erwartungen erfüllt.

Deshalb sieht die Norm DIN EN 12195-1:2011 eine Kompromisslösung vor. Es wird für Niederzurrungen die Verwendung eines normativen Wertes μ vorgeschrieben, der einem Mittelwert zwischen Haft- und Gleitreibbeiwert entspricht. Für etliche Materialpaarungen (Ladung zu Ladefläche) sind in der Norm diese Werte für μ aufgelistet. Für nicht genannte Materialpaarungen werden im normativen Anhang B der DIN EN 12195-1:2011 die Versuchsbedingungen zur Bestimmung von Haftreibbeiwert und Gleitreibbeiwert und die Berechnung des gemittelten Beiwertes beschrieben.

Die neuerdings verbreitete Verwendung von rutschhemmenden Materialien mit bescheinigten Reibbeiwerten um 0,6 führt dazu, dass sich rein rechnerisch für die Sicherung gegen Rutschen quer zum Fahrzeug und nach hinten keine zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen ergeben. Trotzdem ist in einem solchen Fall noch ein angemessenes Minimum von Niederzurrungen vorzusehen, um das „Wandern“ der Ladung infolge von Vibrationen der Ladefläche zu verhindern. Das kann entfallen, wenn das Wandern durch Bordwände oder gleichwertige Ladeflächenbegrenzungen verhindert wird.