1.3 Zuordnung der Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien zu Rechtvorschriften


1.3.3 Eignung und Auswahl des Fahrzeugs

Der Frachtführer bzw. der Spediteur hat analog der o.g. Angaben aus dem Frachtbrief ein geeignetes Fahrzeug auszuwählen. Sind die Angaben aus dem Frachtbrief nicht aussagekräftig bzw. unvollständig, sollte der Frachtführer entsprechende Weisungen beim Auftraggeber einholen.

Bei der Auswahl des geeigneten Fahrzeugs sind die Forderungen der Straßenverkehrszulassungsordnung in Hinblick auf Beschaffenheit und Betrieb zu erfüllen.

StVZO § 30 Beschaffenheit der Fahrzeuge

(1) 1Fahrzeuge müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass

1.

ihr verkehrsüblicher Betrieb niemanden schädigt oder mehr als unvermeidbar gefährdet, behindert oder belästigt,

2.

die Insassen insbesondere bei Unfällen vor Verletzungen möglichst geschützt sind und das Ausmaß und die Folgen von Verletzungen möglichst gering bleiben.

StVZO § 31 Verantwortung für den Betrieb der Fahrzeuge

(2) 1Der Halter darf die Inbetriebnahme nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass ……das Fahrzeug, der Zug, das Gespann, … nicht vorschriftsmäßig ist oder dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung leidet.



Beispiel : 

Der Frachtführer weiß, dass eine hohe, kippgefährdete Kiste oder ein Maschinenteil mit hohem Schwerpunkt zu transportieren ist. Beim Einsatz eines Fahrzeugs mit durchschnittlich hoher Ladefläche kann dieses bei seitlich geneigter Fahrbahn, engen Kurven, Spurwechsel o.ä. kippen. Nur der Einsatz eines Tiefladers oder eines Fahrzeugs mit sehr niedrigem Schwerpunkt kann die Verkehrssicherheit gewährleisten.


Die Verantwortung liegt aber nicht allein beim Frachtführer. Auch der Absender ist verantwortlich. Er muss die Anforderungen an ein Fahrzeug sogar noch besser kennen.

Aus dem Urteil des BGH (StR 176/58), in dem es um die fahrlässige Tötung von zwei Menschen ging, stammt dieses gekürzte Zitat:

„Die Verladung wurde durch die dafür zuständige Versandabteilung der … ausgeführt. Verantwortlicher Leiter dieser Abteilung war der Angeklagte, der die Beförderung …durch einen Spediteur angeordnet hatte, …ob das von der Speditionsfirma gestellte Fahrzeug trotz der Höhe seiner Ladefläche (1,5 m) für die Beförderung geeignet war, prüfte er ebenso wenig nach, wie der beauftragte Spediteur und der Fahrzeughalter, … Durch Verfrachtung … auf einem Tieflader wäre der Unfall jedoch mit Sicherheit vermieden worden“.

Eine weitere Vorschrift des öffentlichen Rechts sind die Unfallverhütungsvorschriften.

Die Unfallverhütungsvorschriften regeln solche Fälle allgemein, aber doch eindeutig:

BGV D 29 § 33 Benutzung, Eignung von Fahrzeugen.

Fahrzeuge dürfen nur bestimmungsgemäß benutzt werden. Sie müssen sich in betriebssicherem Zustand befinden und für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignet sein.

Der Begriff „betriebssicher“ wird in den Durchführungsanweisungen erläutert:

BGV D 29 DA zu § 33:

2Der betriebssichere Zustand von Fahrzeugen umfasst sowohl den verkehrssicheren als auch den arbeitssicheren Zustand.

Verkehrssicherheit

+

Arbeitssicherheit


Lichttechnische Anlagen, Räder, Bremsanlage und Lenkanlage;

Motor und Antrieb, Führerhaus, Aufbau und Ausrüstung;

Anhänger, Sattelanhänger, Kupplung und Zubehör;

korrekte Lastverteilung nach Lastverteilungsplan oder -diagramm;

Ausschließen einer Kippgefahr, Einhaltung der Achslasten,

korrekte Ladungssicherung

Von den zahlreichen Arbeitssicherheitsbestimmungen müssen die Mitarbeiter die für sie wichtigen Regeln kennen. Sie müssen darüber informiert und in deren Anwendung ausgebildet oder geübt werden. Zur Arbeitssicherheit gehört beispielsweise auch, dass Leitern oder andere Steighilfen vorhanden sein müssen. Die sollen Fahrern, Belade- und Kontrollpersonal einen sicheren Aufstieg auf die Ladefläche ermöglichen.

In den Durchführungsanweisungen wird ein weiterer Hinweis gegeben:

DA zu § 33:

1Da Fahrzeuge vom Fahrzeughersteller im Allgemeinen für die Bewältigung fest umrissener Aufgaben gebaut werden, obliegt dem Unternehmer der bestimmungsgemäße Einsatz der Fahrzeuge.

Die Berufsgenossenschaft fordert außerdem:

BGV D 29 § 22 Fahrzeugaufbauten, Aufbauteile, Einrichtungen und Hilfsmittel zur Ladungssicherung

(1) 1Fahrzeugaufbauten müssen so beschaffen sein, dass bei bestimmungsgemäßer Verwendung des Fahrzeuges die Ladung gegen Verrutschen, Verrollen, Umfallen, Herabfallen und bei Tankfahrzeugen gegen Auslaufen gesichert ist oder werden kann. 2Ist eine Ladungssicherung durch den Fahrzeugaufbau allein nicht gewährleistet, müssen Hilfsmittel zur Ladungssicherung vorhanden sein. 3Pritschenaufbauten und Tieflader müssen mit Verankerungen für Zurrmittel zur Ladungssicherung ausgerüstet sein. 4Satz 3 gilt nicht für Fahrzeuge mit Kippbrücken mit mehr als 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht.

In den Durchführungsanweisungen werden die Forderungen weiter präzisiert.

Um späteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen, sollte der Fuhrunternehmer den Absender auf Risiken hinweisen, wenn er ein „falsches Fahrzeug“ ausgewählt hat. Gründe dafür sind auch im Versicherungsvertragsgesetz zu finden. Darin wird festgestellt:

VVG § 134 Ungeeignete Beförderungsmittel

(1) 1Ist für die Beförderung der Güter kein bestimmtes Beförderungsmittel vereinbart, ist der Versicherungsnehmer, soweit er auf dessen Auswahl Einfluss hat, verpflichtet, Beförderungsmittel einzusetzen, die für die Aufnahme und Beförderung der Güter geeignet sind. (2) 1Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich oder grob fahrlässig, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, es sei denn, die Verletzung war nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht.

Frachtführer und Absender sollten sich unbedingt vorher über die Art des zu verwendenden Fahrzeugs abstimmen. Je sensibler eine Ladung ist, desto wichtiger ist die detaillierte Absprache:

  • Aufbautyp wie Koffer, Hamburger Verdeck, Aufbau mit seitlicher Schiebeplane usw.,
  • erforderliche Abmessungen, Tragfähigkeit, Flächen- oder Punkbelastungen,
  • Belastbarkeit von Ladeflächenbegrenzungen,
    Ladungssicherungseinrichtungen,
    usw.

Ausführliche Hinweise zu Eigenschaften und Leistungsfähigkeit von Straßenfahrzeugen, Normen u. ä. behandelt „Kapitel 6 Straßenfahrzeuge und austauschbare Ladungsträger“.

Der Frachtführer muss die Ladetüchtigkeit des angedienten Fahrzeuges sicherstellen. hierzu gehören auch die Ladeflächen und -räume.

Hat der Frachtführer diese grundlegenden Regeln für die Ladetüchtigkeit nicht befolgt, ist der Absender/Verlader verpflichtet, vor der Beladung dafür zu sorgen. Er hat zumeist die besseren Produktkenntnisse und muss wissen, was die Güter vor Schäden bewahrt.

Je nach Eignung für unterschiedliche Transportaufgaben müssen Fahrzeuge mit einer ausreichenden Menge an Ladungssicherungseinrichtungen ausgestattet sein. Insbesondere mit solchen, die regelmäßig benötigt werden. Eine großzügige Ausstattung ist immer vorteilhaft. Der Halter hat allerdings nicht grundsätzlich dafür zu sorgen, dass die Sicherungsmittel sich griffbereit auf dem Fahrzeug befinden. Es reicht, wenn sich der Fahrer am Standort des Fahrzeugs aus lagermäßig vorgehaltenen Beständen jederzeit und ohne Schwierigkeiten bedienen kann.

„Für die Bereitstellung der erforderlichen Mittel zur Durchführung der Ladungssicherung reicht es aus, dass dem Fahrzeugführer die hierfür benötigten Ausrüstungsgegenstände zur Verfügung stehen und er von diesen ohne Schwierigkeiten – in eigener Verantwortung – Gebrauch machen kann (vgl. OLG Hamm a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Zweibrücken NZV 1989, 203). Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn sich die im Einzelfall benötigten Sicherungsmittel bei Fahrtantritt griffbereit im Fahrzeug befinden. Vielmehr stehen die zur Ladungssicherung erforderlichen Ausrüstungsgegenstände dem Fahrzeugführer auch dann zur eigenverantwortlichen Benutzung zur Verfügung, wenn der Halter bzw. der Beförderer solche Sicherungsmittel in ausreichender Anzahl an einem Standort, von dem aus der Fahrzeugführer seine Fahrt antritt, lagermäßig vorrätig hält und sich der Fahrzeugführer ihrer ohne Schwierigkeiten bedienen kann (vgl. OLG Hamm a.a.O.).“

Auch der Absender ist für die Ladungssicherung verantwortlich. Er ist deshalb verpflichtet entsprechende Materialien in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung zu stellen oder sogar mitzugeben, wenn bekannt ist, dass nach einer Teilentladung verbleibende Ladung besonders gesichert werden muss.

Ein Urteil des OLG Koblenz zur Gefahrgutbeförderung stellt dazu u.a. fest:

…der Verlader hat für eine ordnungsgemäße Ladungssicherung während der gesamten Beförderung Sorge zu tragen. Ist für ihn erkennbar, dass es im Verlauf der Beförderung zu Teilentladungen kommt, muss er dem Fahrzeugführer gegebenenfalls Sicherungsmaterial mitgeben, das geeignet ist, auch nach Teilentladung die vorschriftsmäßige Sicherung zu ermöglichen.