3.5 Komplexe Sicherungsanordnungen


3.5.2 Asymmetrische Direktzurrungen

Direktzurrungen sollten grundsätzlich zweiseitig angeordnet werden, so dass eine Sicherungswirkung nach vorn und hinten bzw. nach rechts und links ermöglicht wird. Wird überall eine Vorspannkraft aufgebracht, so besteht die Sicherungswirkung im Ruhezustand der üblicherweise schrägen Zurrungen lediglich aus der Reibungserhöhung zwischen Ladung und Ladefläche, die durch die Vertikalkomponenten der Vorspannkräfte erzeugt wird. Die Horizontalkomponenten der Vorspannkräfte heben sich weitgehend gegenseitig auf. Damit unterscheidet sich die Direktzurrung zunächst nicht von einer Niederzurrung.

Aus Gründen der Verteilung der Zurrpunkte an Fahrzeug und Ladung oder weil man der nach vorn wirkenden größeren Trägheitskraft nach hinten Laschings mit einer günstigeren Längskomponente X entgegensetzen will, kommt es vor allem in Längsrichtung leicht zu asymmetrischen Direktzurrungen. Das führt im Belastungsfall dazu, dass eine bestimmte Ladungsbewegung zu unterschiedlichen Längenänderungen der gegenüber liegenden Laschings führt und damit der Kraftaufbau an einem Ende nicht zu einem gleich großen Kraftabbau am anderen Ende führt (siehe Abb. 3.22).


Abbildung - LSHB

Abbildung 3.22: Asymmetrische Direktzurrung [H. Kaps]

Eine rechnerische Überprüfung unter der Annahme, dass im Auslegungslastfall, also z.B. bei einer Vollbremsung, die hinteren Laschings ihr LC gerade erreichen, führt zur notwendigen Längenänderung ΔL der hinteren Laschings:

  

Die notwendige Ladungsbewegung ΔX wird mit der Näherungsformel berechnet zu:

  

Durch diese Ladungsbewegung verkürzen sich die vorderen Gurte um ΔL. Diese Verkürzung fällt wegen der anderen Größen von X und L kleiner aus als die Verlängerung hinten.

  

Diese Verkürzung führt in den vorderen Gurten zu einer Restkraft FRest:

  

Dabei ist zu beachten, dass ΔLvorn als Verkürzung hier mit negativem Vorzeichen eingesetzt werden muss. FRest kann nicht kleiner als Null werden, weil ein lose fallender Lasching keine Druckkräfte übertragen kann. Es hängt damit sehr von den anfänglich aufgebrachten Vorspannkräften ab, wie groß ΔX wird und welche Restkraft FRest übrig bleibt.

Eine Restkraft in den Gegenlaschings beeinflusst die Sicherungswirkung der ganzen Anordnung. Die Horizontalkomponente der Restkraft wirkt nach vorn und damit mindernd, die Vertikalkomponente erhöht die Reibung zur Ladefläche und ist für die Sicherungswirkung günstig. Diese gegenläufigen Einflüsse führen tendenziell dazu, dass sich die „Störwirkung“ der vorderen Laschings verringert. Die Einflüsse heben sich unter der Bedingung X = μ · Z genau auf. Bei sehr flach laufenden Laschings mit kleiner Z-Komponente überwiegt die Minderung der Sicherungswirkung. Der Belastungsfall wird an einem Beispiel demonstriert.

Beispiel: 

Eine Ladungseinheit ist nach vorn und hinten mit über Kreuz laufenden Gurten von zulässiger Belastung LC = 1000 daN und Vorspannung F0 = 500 daN gesichert (Abb. 3.23). Als Reibbeiwert zur Ladefläche wird μ= 0,3 angenommen. Die Geometrie der Gurte ist:

Vorn : X = 0,5 m, Y = 2,4 m, Z = 1,8 m;

  

Hinten : X = 2,0 m, Y = 2,4 m, Z = 1,8 m;

  


Abbildung - LSHB

Abbildung 3.23: Beispiel für asymmetrische Direktzurrung [H. Kaps]

Wenn die volle Belastbarkeit LC von den beiden hinteren Gurten bei einer Vollbremsung verlangt wird, so müssen sie sich um ΔL dehnen.

  

Die Berechnung der Sicherungswirkungen berücksichtigt die durch die Ladungsbewegung geänderte Sicherungsgeometrie.

Vorn : X = 0,370 m, Y = 2,4 m, Z = 1,8 m;

  

Hinten : X = 2,130 m, Y = 2,4 m, Z = 1,8 m;

  

Sicherungswirkung der Gurte hinten:

  

Sicherungswirkung der Gurte vorn:

  

Die vorderen Gurte wirken bei einer Vollbremsung noch geringfügig sichernd.

Bei Belastung in Gegenrichtung (Trägheitskraft nach hinten) wie in Abb.3.23 ist eine Restkraft in den hinteren Laschings nicht zu erwarten, wenn die vorderen ihr LC erreicht haben. Wegen der Steilheit der vorderen Laschings ist eine große Ladungsbewegung zum Erreichen ihrer vollen Belastung erforderlich. Dadurch fallen die hinteren Laschings lose und nehmen keinen Einfluss auf die Sicherungswirkung.

Die allgemeinen Schlussfolgerungen aus diesem Beispiel lauten: Asymmetrische Direktzurrungen zeichnen sich grundsätzlich dadurch aus, dass die notwendigen Ladungsbewegungen zum Erreichen der zulässigen Belastung LC für die beiden Seiten unterschiedlich ausfallen. Es gibt eine „steifere“ Seite, die weniger Ladungsbewegung erfordert, und eine „nachgiebigere“ Seite, die mehr Ladungsbewegung erfordert. Dabei ist es unerheblich, wodurch die Eigenschaften „steif“ und „nachgiebig“ bewirkt werden. Für „Steifigkeit“ in diesem Sinne sorgen kurze Zurrmittel, große normierte Federkonstanten, kleine Längenkomponenten quer zur gewünschten Wirkrichtung und große Vorspannkraft. Für „Nachgiebigkeit“ sorgen lange Zurrmittel, kleine normierte Federkonstanten, große Längenkomponenten quer zur gewünschten Wirkrichtung und geringe Vorspannkraft.

Asymmetrische Direktzurrungen bewirken, dass bei voller Belastung der „steiferen“ Seite die „nachgiebigere“ Seite noch eine Restkraft behalten kann. Das kann nachteilig für die Gesamtsicherungswirkung sein. Hat die „nachgiebigere“ Seite jedoch eine ausgeprägte Vertikalkomponente, so wird der Nachteil durch Reibung aus dieser Vertikalkraft abgeschwächt oder sogar aufgehoben. Bei voller Belastung der „nachgiebigeren“ Seite fällt die „steifere“ Seite lose und nimmt keinen Einfluss auf die Gesamtsicherungswirkung. Allerdings ist die Ladungsbewegung bei Belastung der „nachgiebigeren“ Seite deutlich größer.

Merke: Asymmetrische Direktzurrungen haben eine „steife“ und eine „nachgiebige“ Seite. Die Nachteile einer solchen Anordnung können abgeschwächt werden, indem die „steife“ Seite wenig Vorspannkraft und die „nachgiebige“ Seite viel Vorspannkraft erhält.