6.4 Ladeflächenbegrenzungen und fahrzeuggebundene Sicherungseinrichtungen


6.4.2.3 Seitliche Ladeflächenbegrenzungen

Aus Kostengründen streben viele Verlader die ausschließliche Sicherung durch Fahrzeugaufbauten an. Bei den seitlichen Ladeflächenbegrenzungen ist das nur möglich, wenn diese eine so hohe Belastbarkeit haben, dass sie die von der Ladung ausgehenden Trägheitskräfte aufnehmen können.


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Abbildung 6.4.2.3.1 – 2 : Feste Heckportale [W. Strauch]

Die Ladung liegt an der Stirnwand an, zwischen den einzelnen Paletten in Längsrichtung sind Ladelücken von ca. 5 bis 10 cm vorhanden.


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Abbildung 6.4.2.3.3 – 4 : Hintere Fahrzeughälfte und Ansicht auf die Beladung von hinten [W. Strauch]

In der Ansicht von hinten sind die letzten mittig gepackten Paletten nicht zu erkennen, die mit zwei Niederzurrungen versehen sind. Die Lücke zwischen den Paletten in Längsrichtung variiert, da die Paletten unterschiedlich bepackt waren. Kaum eine Palette ist bündig gepackt, bei einigen steht die Ladung über, bei anderen zurück. Unterlagen über die Aufbaufestigkeit existieren nicht. Die meisten Packstücke sind zur Sicherung durch Niederzurrungen ungeeignet. Ausreichender Formschluss ist über die Spriegel nicht gegeben. Die Weiterfahrt ist untersagt. Für die Ladung sind „Koffer“ oder „Pritschen mit relativ hohen Bordwänden und Plane“ geeignet. Wer ungeeignete Fahrzeuge bereits an der Ladestelle zurückweist, erspart sich Schwierigkeiten und die Haftung bei eventuell auftretenden Schadensfällen.


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Abbildung 6.4.2.3.5 : Für die Ladung ungeeignetes Fahrzeug [W. Strauch]

Der Schiebevorhang kann keine Sicherungsaufgaben übernehmen. Er dient lediglich dem Wetterschutz. Das geladene Sackgut ist weich und gibt nach. Mit Niederzurrungen kann es nicht gesichert werden, da keine Vorspannung aufrecht erhalten werden kann.


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Abbildung 6.4.2.3.6 : Bigbags in einem Curtainsider [W. Strauch]

Bigbags können ohne weitere Sicherungen in keinem Curtainsider geladen werden, auch nicht in solchen nach Code-XL. Selbst wenn deren Seitenwände mit dem 0,4-fachen der Nutzlast geprüft sind, ist das nicht möglich. Die Ladung würde die Plane unter der Einwirkung von Trägheitskräften nach außen drücken, aber nicht mehr ihre alte Position annehmen, wenn die Krafteinwirkung aufhört.


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Abbildung 6.4.2.3.7 : Durch ungesicherte Säcke beschädigter Schiebevorhang [W. Strauch]

Der Schaden entstand auf einem relativ geraden Autobahnstück und ohne besondere Fahrmanöver.


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Abbildung 6.4.2.3.8 : Auf einem Parkplatz umgeladenes Fahrzeug [W. Strauch]

Nach Abschluss der Arbeiten wurden nur die Schiebevorhänge zugezogen und verspannt. Ladungssicherungsarbeiten erfolgten nicht. Vor solchen Praktiken muss gewarnt werden. Jederzeit kann die Ladung die Schiebevorhänge zerstören und auf die Straße fallen.


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Abbildung 6.4.2.3.9 : Auf einem Parkplatz umgeladenes Fahrzeug [W. Strauch]

Unverbesserliche können vom Missbrauch der Planen als „Sicherung“ nicht abgehalten werden. Das Argument „man habe das nicht gewusst“, ist so jedoch entkräftet.


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Abbildung 6.4.2.3.10 : Sattelanhänger mit Hamburger Verdeck [W. Strauch]

Sofern das Fahrzeug nach alten Normen gebaut ist, sind bei einer Nutzlast von 24 t die Bordwände mit 5,76 t belastbar und die Spriegel plus Plane mit 1,44 t. Bei hohen Reibungsbeiwerten kann das zur alleinigen seitlichen Sicherung dann ausreichen, wenn Planen und Spriegel durch über die Borde bzw. Bracken geladene Teile nicht übermäßig beansprucht werden. Große Reibungsfaktoren müssen jedoch nicht nur zwischen Paletten- und Fahrzeugboden vorhanden sein, sondern auch in den Zwischenlagen der Ladungen. Im abgebildeten Beladungsfall sind zusätzliche Maßnahmen zur Ladungssicherung erforderlich: Die oberhalb der Bordwände gepackten Paletten werden durch Plane und Spriegel nicht sicher gehalten.


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Abbildung 6.4.2.3.11 : Muster einer möglichen Kennzeichnung bei Hamburger Verdeck mit vier Borden [W. Strauch]


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Abbildung 6.4.2.3.12 : Lastanhänger mit Hamburger Verdeck mit drei Bordwandsektionen [W. Strauch]

Ob die Ladeflächenbegrenzungen zur Ladungssicherung allein ausreichen, hängt nicht nur von der Belastungsfähigkeit ab und der Möglichkeit, dass etwas umfallen oder herabfallen kann, sondern auch davon, ob Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch die Art der Verladung zu befürchten sind. Hier können die Gefahrgutkanister aus Plastik mit brennbarer Flüssigkeit durch andere Ladung zerquetscht werden. Andere Ladungsteile wie Gefahrgutfässer sind oberhalb der Bordwände gepackt und weisen zur Seite große Lücken auf, sie können Plane und Spriegel durchschlagen.


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Abbildung 6.4.2.3.13 – 14 : Hintere Fahrzeughälfte und Ansicht auf die Beladung von hinten [W. Strauch]

Es ist davon auszugehen, dass die Fahrzeuge bei der Beladung noch „in Ordnung“ waren. Das heißt, die Verlagerung der Güter und das Herausdrücken von Plane, Spriegeln und Bordwänden ist erst während der Fahrt aufgetreten.


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Abbildung 6.4.2.3.15 – 16 : Hydraulisch bewegliche Bordwände [W. Strauch]

Um Steinpakete u.ä. Baustoffe zügig mit Klammern be- und entladen zu können, können die Bordwände des Fahrzeugs hydraulisch auseinander und zusammengefahren werden.


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Abbildung 6.4.2.3.17 – 18 : Ent- und verriegelte Bordwand [W. Strauch]

Die Ver- und Entriegelung der Bordwände erfolgt ebenfalls hydraulisch. Welchem Ladungsdruck die Bordwände zu widerstehen vermögen ist nicht vermerkt. Der Fahrer war darüber nicht informiert.


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Abbildung 6.4.2.3.19 : Gelenkdeichselanhänger mit zweigeteilten seitlichen Borden [W. Strauch]


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Abbildung 6.4.2.3.20 : Starrdeichselanhänger mit zweigeteilten seitlichen Borden [W. Strauch]

Bei beiden Anhängern sind die Borde mit je vier Scharnieren versehen. Die Verriegelung der Borde ist bei dem Gelenkdeichselanhänger waagerecht und bei dem Starrdeichselanhänger senkrecht angebracht. Angaben über die Belastbarkeit der seitlichen Bordwände waren über die Fahrer nicht in Erfahrung zu bringen. In den Fahrzeugunterlagen war nichts vermerkt.


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Abbildung 6.4.2.3.21 : Lastkraftwagen mit ungeteilten Seitenborden und fehlender Heckklappe [W. Strauch]

Sowohl für den Betrieb mit und ohne Heckklappe müssten Angaben für die Belastbarkeit der seitlichen Fahrzeugbegrenzungen verfügbar sein.


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Abbildung 6.4.2.3.22 : Fahrzeug mit vertikal aufschiebbaren „Rollläden“ [W. Strauch]

Das Fahrpersonal vertraut darauf, dass die Seitenwände in jeder Beladungssituation halten werden. Angaben über die Festigkeit der Seitenwände sind nicht vorhanden.


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Abbildung 6.4.2.3.23 : Getränketransporter mit abklappbaren Bordwänden und hochklappbaren Seiten [W. Strauch]

Nach dem Entriegeln können die unteren Bordwände herabgeklappt und die oberen hydraulisch hochgeklappt werden. Der nötige Mechanismus zum Hochklappen der oberen Seitenteile ist auf dem Dach gut zu erkennen. Daten für die Belastbarkeit der Seitenwände sind nicht angegeben; Betreiber versichern jedoch, dass für die geladenen Getränkekisten keine weiteren Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind.


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Abbildung 6.4.2.3.24 : Lkw-Zug für den Stahlhandel mit seitlichen Aluminiumborden [W. Strauch]

Der Zug wird überwiegend zum Transport von nicht rostempfindlichem „Bewehrungsmaterial“ für das Baugewerbe genutzt, dazu ist das Fahrzeug eigentlich zu schade. Der Fahrer wusste über seine Ladeflächenbegrenzungen nur, dass „diese nicht viel halten“.


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Abbildung 6.4.2.3.25 : Kombination aus breiten senkrechten Aluminiumlamellen und Plane [W. Strauch]


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Abbildung 6.4.2.3.26 – 27 : Lamellen-Planen-Kombination im teilweise aufgeschobenem Zustand [W. Strauch]

Wie hoch die Seitenwände bei diesem Sattelanhänger belastet werden dürfen, war nicht in Erfahrung zu bringen. Das ist leider nahezu immer so. Selbst auf Messen sind die Hersteller nicht bereit, Auskunft über die Belastbarkeit der besprochenen Ladeflächenbegrenzungen zu geben; oder kann davon ausgegangen werden, dass sie keine Kenntnis darüber besitzen.

Zur Förderung sicherer Transporte ist es erforderlich, das Daten über die Belastbarkeit der Ladeflächenbegrenzungen bekannt und dem Lade- und Sicherungspersonal verfügbar sind; und zwar sowohl flächige als auch punktförmige Belastungen. Derartige Regeln sollten für alle Fahrzeuge gelten: Vom kleinen leichten Anhänger bis zum großen schweren Lastkraftwagenzug oder Sattelkraftfahrzeug.


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Abbildung 6.4.2.3.28 : Einachsiger Starrdeichselanhänger mit Ladegattern [W. Strauch]