Arbeit mit dem SiLK – SicherheitsLeitfaden Kulturgut



Silk 6
Der Zahn der Zeit: Balanceakt
zwischen Schutz und Nutzung von Kulturgut

Abgelaufene Fußböden, durchgetretene Treppenstiegen, zerschlissene Teppiche, Bücher mit Eselsohren und abgerissenen Buchrücken, abgestoßene Kanten an Möbeln und Innenausstattungen usw. usf. … Alte Gegenstände und Gebäude waren im Laufe der Zeit oft starker Beanspruchung ausgesetzt und haben vielfältige Gebrauchsspuren davongetragen. Was zunächst mit einem gewissen historischen Charme verbunden ist und für eine „romantische“ Patina sorgt, ist ab einem bestimmten Moment der Nutzung mit negativen Folgen behaftet. Dann führen die Spuren zu einer starken Beschädigung oder gar zur Zerstörung der Objekte.

Sobald Gegenstände in ein Museum, eine Bibliothek oder ein Archiv kommen oder Gebäude in eine museale Nutzung überführt werden, sollen sie vor weiteren Schäden geschützt sein und für kommende Generationen sorgfältig bewahrt werden. Gleichzeitig werden sie für die verschiedensten Zwecke verwendet: Sie sind Quellenmaterial für die Forschung, sie dienen in Ausstellungen der ästhetischen Erbauung und mit ihnen wird ein Bildungsauftrag erfüllt. Historische Gebäude und Parkanlagen werden nach Möglichkeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Diese Nutzungen können zu einer Abnutzung der – möglicherweise bereits vorgeschädigten – Objekte, Gebäude und Anlagen führen. Diese widersprüchlichen Interessen in Einklang zu bringen, ist die Aufgabe aller Mitarbeiter einer Einrichtung. Welche präventiven Maßnahmen dazu ergriffen werden können, ist im Themenkapitel „Abnutzung“ des SiLK – SicherheitsLeitfadens Kulturgut beschrieben. Im Folgenden werden einige Beispiele daraus vorgestellt.

1) Sammlungsobjekte in Museen liegen nicht einfach still im Depot und werden dort in einer klimatisch geeigneten, schädlings- und schadstofffreien Umgebung gelagert, sondern sie sind immer wieder in Bewegung. Sie werden für Ausstellungen vorbereitet, kommen in die Restaurierungswerkstatt, werden von Wissenschaftlern untersucht oder gehen für Ausstellungen auf Reise in andere Einrichtungen. Deshalb ist es besonders wichtig zu beachten, dass nur ausgebildetes und geschultes Personal dieses „Handling“ übernimmt. Es muss Erfahrung im Umgang haben und wissen, wie Objekte zu transportieren und zu verpacken sind. (Siehe Abbildung 1)

Fraßspuren an Holz

Abbildung 1  Detailansicht der Oberfläche einer Skulptur aus polierter Bronze: Massenhafte Berührungen mit bloßen Händen haben korrodierte Fingerabdrücke auf der Skulptur hinterlassen. [Foto: Christoph Wenzel]

2) Gleiches gilt auch für Bücher und Archivalien. Hier kommt erschwerend hinzu, dass sie von Besuchern nicht nur angeschaut, sondern auch genutzt werden sollen, um sich die enthaltenen Informationen anzueignen. Aus diesem Grund sollten Bibliotheken und Archive Nutzungsordnungen erstellen, deren Einhaltung von den Nutzern durch Unterschrift anzuerkennen ist. Sinnvoll ist es, Dokumente für die Nutzung zu digitalisieren, um das Original zu schonen. Auch ein Kopierservice (d. h. Kopien werden nur von geschultem Personal angefertigt) sorgt für einen Schutz von Büchern und Archivgut. (Siehe Abbildung 2)

Fraßspuren an Holz

Abbildung 2  Handhabung von historischen Fotos mit Baumwollhandschuhen. [Foto: Christoph Wenzel]

3) In historischen Gebäuden sind es besonders die Fußböden, Treppen und alle Einbauten wie Treppengeländer, Türklinken usw., die der Abnutzung ausgesetzt sind. Dass Möbel nicht benutzt und Tapeten, Vorhänge etc. nicht berührt werden, ist selbstverständlich. Kostbare Böden können geschützt werden, indem Laufbereiche durch Teppiche oder Stege eingerichtet werden und die Anzahl der Besucher gesteuert wird. (Siehe Abbildung 3)

Fraßspuren an Holz

Abbildung 3  Großer Besucherandrang im kurfürstlichen Ruhezimmer der Amalienburg, Schlosspark Nymphenburg, München. [Foto: Christoph Wenzel]

4) Besonderes Augenmerk kommt auch der Reinigung zu, da Staub und Schmutzpartikel große Schäden an Oberflächen verursachen können. Sie begünstigen auch den Befall durch Schädlinge und somit Folgeschäden. Hier ist ein genaues Wissen über Techniken, eingesetzte Putzmittel und -materialien und ein Reinigungsmanagement wichtig. Sauberlaufzonen in den Eingangsbereichen leisten einen großen Beitrag beim Schutz der Einrichtung – wenn sie professionell betreut und regelmäßig gereinigt werden. Beim Umgang mit bereitgestellten Filzpantoffeln ist viel zu beachten, damit kein enthaltener Schmutz durch die Schlurfbewegungen wie Schleifpapier wirken kann. (Siehe Abbildung 4)

Fraßspuren an Holz

Abbildung 4  Durch feuchtes Abwischen des Marmorsimses wurde die Blattvergoldung des Spiegelrahmens abgetragen. [Foto: Christoph Wenzel]

Die angesprochenen sowie weitere Themen werden in der Einführung in das Thema Abnutzung ausführlich beschrieben. Zusätzlich bietet der SiLK – SicherheitsLeitfadens Kulturgut einen interaktiven Fragebogen, mit dem Einrichtungen ihre Gegebenheiten und mögliche Maßnahmen überprüfen können. Nach dem Ausfüllen der Fragen erhält man Handlungsempfehlungen und Hinweise, wie man sich weiter verbessern kann. Eine Materialsammlung im dazugehörigen „Wissenspool“ liefert Informationen wie weiterführende Literatur und relevante Normen. Im Hinblick auf die Themen Handling, Leihverkehr, Transport und Verpackung sei auch auf das SiLK-Kapitel Havarien/Unfälle verwiesen sowie für Ausstellungen auf die Kapitel Licht und Vandalismus.





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