Die Arbeit eines Sachverständigen


Die Arbeit eines Sachverständigen hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Das gilt auch für den Bereich Schadenfeststellung, -ermittlung und -abwicklung.

Eine Schadenaufnahme sollte standardisiert sein und in ihrem Ablauf klar definierte Punkte beinhalten.

Die Beauftragung erfolgt i. d. R. telefonisch. Dabei ist zu klären:

Wer ist versichert?
Was ist versichert?
Wo muss besichtigt werden?
Wer ist der Ansprechpartner vor Ort?
Wer ist für was zuständig?
Welchen Status hat der Auftraggeber? (Die Lieferbedingungen müssen bekannt sein.)
Wer darf informiert werden? Hier muss absolute Klarheit herrschen. Ein beauftragter Sachverständiger darf nur seinen Auftraggeber informieren – es sei denn, er erhält von diesem andere Instruktionen.

Der Ansprechpartner vor Ort, mit dem die Schadenaufnahme durchgeführt wird, sollte zumindest mit der sog. Vorab-Information informiert werden dürfen. Für den weiteren Ablauf ist das sehr hilfreich, da in der Vorab-Information alle Maßnahmen, Vereinbarungen usw. festgehalten sind.

Ein spezieller Fall ist die Schadenaufnahme in Ländern außerhalb Westeuropas. Hier treten meist Probleme auf, wie z. B. eine Zweitbesichtigung. Oft hat der örtliche Besichtiger mit dem Empfänger bereits irgendeine Vereinbarung getroffen, welche der Sachverständige nicht kennt.

Diese örtliche Besichtiger sind meist keine Fachleute. Daher müssen die getroffenen Vereinbarungen meist korrigiert werden. Nach der Besichtigung sollte mit allen Beteiligten ein Abschlussprotokoll erstellt und gegengezeichnet werden.

Eine umfassende Dokumentation ist wichtig. Bei der Schadenaufnahme muss geklärt werden, wer die notwendigen Dokumente wie Frachtbrief, Lieferscheine, Konossements und Lieferrechnungen beizubringen hat. Da mündliche Vereinbarungen heutzutage nahezu wertlos sind, sollten alle mündlichen Absprachen umgehend schriftlich festgehalten werden.

In unseren Haus hat sich die bereits erwähnte Vorab-Information etabliert, die der Auftraggeber spätestens am nächsten Tag erhält. Mit Zustimmung des Auftraggebers wird diese Vorab-Information an alle bei der Schadenaufnahme Beteiligten weitergegeben. Darin sind unter anderem folgende Punkte dokumentiert:

Was ist vereinbart,
wie wird vorgegangen,
wie ist der Ablauf vorgesehen.

Bei der Schadenaufnahme müssen die Eigentumsverhältnisse unbedingt geklärt werden. Ein Sachverständiger darf keinen Auftrag zur Demontage oder Funktionskontrolle erteilen. Für ihn handelt es sich um fremdes Gut. Diesen Auftrag muss der Eigentümer erteilen.

Bei der Schadenaufnahme wird die Vorgehensweise, der Ablauf und die Herangehensweise zur endgültigen Schadenermittlung festgelegt.

Die getroffenen Festlegungen werden nicht immer eingehalten. Es kommt häufig vor, dass eine Reparatur grundsätzlich abgelehnt wird. Zur Begründung heißt es oft:

Eine Reparatur passt nicht in den Fertigungsablauf.
Eine Neuanfertigung ist kostengünstiger.
Es ist keine Qualitätsgarantie möglich.
Der Garantieanspruch geht verloren.

Letzteres ist falsch, denn nach der Reparatur ist der Gegenstand in exakt dem gleichen Zustand wie vor dem Schadenereignis. Bei der klassischen technischen Schadenaufnahme wird grundsätzlich keine Wertminderung testiert. Es wird technisch einwandfrei repariert – es sei denn, die Parteien entscheiden sich zu einer anderen Vorgehensweise.

Hat bereits eine erste Schadenaufnahme stattgefunden, bei der z. B. ein Totalschaden erklärt wurde, ist es sehr schwierig, dieses Urteil nachträglich zu revidieren und eine Teildemontage und/oder Kostenvoranschläge für eine Reparatur zu erreichen.

Viele Firmen haben heutzutage keine Reparaturwerkstatt mehr, es wird nur noch Neuware produziert. Der Fall eines Transportschadens wird oftmals nicht einkalkuliert. In den Zertifizierungen von Maschinenfabriken ist ein Prozedere für einen Transportschaden nicht festgelegt.

Ein weiteres Problem liegt vor, wenn bei einer Schadenfeststellung der Hersteller bzw. Absender dem Empfänger eine neue Maschine zusagt. Die alte Maschine geht zurück.
Diese alte Maschine wird zur Verfügung gestellt. Der Hersteller verfügt dann über ein Produkt, das letztlich repariert worden ist. Nach Gesetzeslage muss dies dem neuen Empfänger der reparierten Maschine mitgeteilt und ein Preisnachlass gewährt werden. Dieser hat mit dem Transportschaden gar nichts zu tun.

Bei der Schadenaufnahme sollte die Vorgehensweise grundsätzlich wie folgt festgelegt werden:

Zunächst ist eine Teildemontage durchzuführen, denn ein wirklicher Totalschaden liegt nur sehr selten vor.
Ist eine Teildemontage unwirtschaftlich oder betrifft der Schaden eine größere Anzahl gleicher Transportteile, sollte das am stärksten beschädigte Teil zur Schadensanalyse herangezogen werden. Aus dem Ergebnis dieser Untersuchung kann die Vorgehensweise bzgl. der anderen beschädigten Teile entschieden werden.

Merke: Mündliche Vereinbarungen während der Schadenaufnahme müssen unbedingt schriftlich festgelegt werden.

Merke: Die Vorab-Information hat sich als sehr nützlich erwiesen. In dieser ist alles festgehalten, was (zum derzeitigen Zeitpunkt) wichtig ist, wie Hinweise zur Schadenursache, zu Vereinbarungen bzgl. der Vorgehensweise und zu noch vorzulegenden Dokumenten. Die Vorab-Information sollte der Auftraggeber erhalten und möglichst auch alle Beteiligten, mit denen eine Vereinbarung getroffen wurde.


Ein Sachverständiger muss bei der Schadenaufnahme dafür sorgen, dass später anhand stichfester Fakten abgerechnet werden kann und nicht anhand von Vermutungen. Er muss sorgfältig auf die Wirtschaftlichkeit achten. Die Kosten einer Untersuchung müssen in sinnvollem Verhältnis zum Wert der beschädigten Ware stehen.

Ein weiterer vom Sachverständigen zu beachtender Punkt ist die sog. Haftbarhaltung. Bei der Schadenaufnahme hat jeder Auftraggeber den Anspruch, dass bei der ersten Besichtigung die Schadenursache ermittelt wird. Die Schadenhöhe lässt sich im Allgemeinen nicht sofort ermitteln, meist nicht einmal realistisch abschätzen. Erst nach einer Prüfung lassen sich diesbzgl. Aussagen treffen.

Der Auftraggeber hat grundsätzlich über die Vorab-Information (welche die Schadenursache beinhaltet) die Möglichkeit, die Haftbarmachung gegen den Verursacher auszusprechen. Z. T. wird dies bereits vor oder während der Schadenaufnahme bzw. Erstbesichtigung gemacht. Der Sachverständige ist nicht berechtigt, eine Haftbarhaltung auszusprechen, da es sich um für ihn fremdes Gut handelt.

Eine weitere Forderung bei jeder Schadenaufnahme ist die Schadenminderung. Sie ist je nach Art der Güter unterschiedlich zu betrachten.

Bei Maschinen und technischen Geräten gibt es keine sofortige Erklärung eines Totalschadens. Es ist grundsätzlich eine Prüfung durchzuführen. Das Ergebnis der Prüfung kann ein Totalschaden sein.

Der Verkauf von Schadware bei Maschinen und technischen Geräten ist nahezu unmöglich. Ausnahmen können bei Kleingeräten wie Bohrmaschinen, Handsägen u. ä. gemacht werden. Die Hersteller blockieren aber fast immer so einen Verkauf, um die Reputation ihrer Produkte zu wahren und kein Risiko einzugehen.

Bei Lebensmitteln ist der Verkauf von Schadware sehr umstritten. Lebensmittel, gegen die Bedenken vorliegen, dürfen per Gesetz nicht in den Handel gebracht werden, sondern müssen vernichtet werden. Um havarierte Lebensmittel evt. weiterverkaufen zu können, kann ein spezieller Sachverständiger für derartige Produkte (z. B. ein Veterinär) beauftragt werden, der über die Handelsfähigkeit entscheidet. Wird die Handelsfähigkeit festgestellt, muss der Eigentümer der Ware um die Freigabe gebeten werden. Meist wird das abgelehnt, da auch der Lebensmittelhersteller eine Beeinträchtigung seiner Reputation und jegliches Risiko ausschließen will.



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