3 Der Betrieb, das Unternehmen, die Beschäftigten ein Herz und eine Seele


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Ein Schiff ist eine kleine, eigene Welt für sich, die oftmals genug in nicht geplante Situationen gerät, die unverzüglich zu regeln sind und oftmals ist eher Improvisation gefragt als die Abarbeitung von festgelegten Plänen. Auch wenn eine Vernetzung der Schiffe mit den Landorganisationen oft zu 100 % gegeben ist, so müssen die dort agierenden Menschen vor Ort in der Lage sein die Probleme selbstständig lösen zu können und das bei nicht immer leichten Rahmenbedingungen, wie ethnische und sprachliche Barrieren, fehlende technische Unterstützung und unverständliche nationale Vorschriften.

Ein Schiffsbetrieb ist ein rund um die Uhr organisierter Betrieb, der mit allen menschlichen Stärken und Schwächen konfrontiert ist, wie jedes Unternehmen an Land auch. Diese Menschen, die losgelöst von ihrem privaten und sozialen Umfeld sind und monatelang einen 24/7Job ausüben, sind es, die mit Herz und Seele den Betrieb aufrechterhalten.

Es sind die einfachen Dinge, die zu dramatischen Problemen anwachsen können, wie beispielsweise eine fehlerhafte Kalkulierung von Ladungsgewichten, die Falschdeklaration von gefährlichen Güter oder aber auch das Erkennen von Gefährdungen, die bislang noch nicht bekannt waren und nun unmittelbar einer Lösung zugeführt werden müssen. Es ist der Kontrast im Berufsleben eines Seemannes, der das Leben, den Beruf so reizvoll aber auch so anstrengend macht. Auf der einen Seite wird der Kapitän von hochsensiblen und hochentwickelten Instrumenten unterstützt und geleitet. Die Brücken heutiger Frachtschiffe stehen denen eines Jumbos in keinem Fall nach und auf der anderen Seite muss die gleiche Person hemdsärmelig sich Messdaten von Kühlladungen holen, weil die EDV versagt. Die Seeleute bewegen sich auf modernen Arbeitsplätzen, eingebettet in einer zeitgemäßen industriellen Arbeitswelt, mit Arbeitsschutz, Qualitymanagement, Weiterbildung, permanentem Training, Arbeitsverfahren- und Anweisungen. Sie tragen Sicherheitskleidung, halten Ruhezeiten ein und andere Sicherheitsvorschriften. Umweltschutz ist nicht nur eine Vorgabe, die erfüllt werden muss, sondern Programm. Es gehört zum Selbstverständnis, dass ein moderner Betrieb auch nur so geführt werden kann. Dem gegenüber gilt es aber auch sich in gleicher Weise in Staaten der Dritten Welt zurecht zu finden und in Augenhöhe mit den dortigen Administrationen klar zu fahren, ohne Überheblichkeit und ohne Besserwisserei, auch dann, wenn Prozedere erfüllt werden müssen, die den Sicherheits-, Umweltschutzgedanken und allgemeinen Rechtsverständnis zuwider laufen. Bei allem an den Tag zu legenden Pragmatismus gilt zu dem dann zusätzlich auch das gleiche, was in jeder Branche heute zu einer Belastung geworden ist, der Kampf mit dem Papier.


Für die Reedereien ist aus gutem Grund nicht zwangsläufig der Abiturient mit den besten Noten der gewünschte Nachwuchskandidat, sondern jene Persönlichkeiten, die sowohl mit der komplexen Technik und den nicht immer verständlichen Vorschriften zurecht kommen, als auch mit einfachen Handlungs- und Verfahrensabläufen. Die in der Lage sind sich in die Problemwelt ihrer Mannschaften hineinversetzen zu können und auch nicht zurückhaltend sind, wenn mit nicht ganz nach vollziehbaren Behördenmethoden umgegangen werden muss.

Fazit: Ohne qualifizierte und hochmotivierte Seeleute geht es nicht, aber ohne einer gleichermaßen qualifizierten und motivierten Landorganisation und ihrer Menschen allerdings auch nicht.


Auch hier bedarf es eines besonderen Typus an Mitarbeitern, die bereit sind innerhalb weniger Stunden den Bürostuhl gegen den Sitz im Flugzeug zu tauschen, um irgendwo in der Welt für oftmals nur Stunden, aber auch bis hin für mehrere Wochen oder sogar Monaten das Investment wieder in Fahrt zu bringen. Für einen Reedereivertreter, gleichwohl er für das Schiffsmanagement, die Logistik oder für das Marketing unterwegs ist die Formel 24 / 7 keine Worthülse, sondern Programm. Mitarbeiter die im Schiffsmanagement beschäftigt werden sind ohne weiteres 2 bis 3 Monate im Jahr rund um den Globus unterwegs und nicht selten mit einem Überstundenkonto von 400 bis 500 Überstunden, wobei Dienstreisen pauschal mit 8 Stunden abgerechnet werden.
Und es ist nicht verwunderlich, dass diese Mitarbeiter zu 90% ehemalige Seeleute sind. Denn nur sie sind so virtuos in der Lage eben noch mit einer Werft über einen 80 Mio.$ Neubau zu verhandeln und im anderen Augenblick die Ladungssicherung eines Container zu begutachten. Es sind oft die kleinen Dinge, die das System aus dem Ruder laufen lassen und nur noch vor Ort geregelt werden können, wie beispielsweise:

fehlende Dokumente,
Heimschaffung kranker Besatzungsmitglieder,
Auffüllen von Offizierspositionen, nur um das Schiff weiterfahren lassen zu können,
Aber auch die Abwicklung von Schäden und das Arrangieren notwendiger Reparaturen oder aber auch die
Verhaftung von Mitarbeitern und die Betreuung vor Ort.

Auf einer jährlichen Konzerkonferenz für Führungskräfte entbrannte unlängst ein Streit um das Markenbewusstsein. Der Vertreter des Unternehmensteil Schifffahrt behauptete nämlich, dass die Reederei nicht mit ihrer guten Marke sich am Markt behauptet, denn die spiele keine Rolle im Transport über See, sondern nur mit den Eigenschaften: Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Service Qualität. Jederzeit beim Kunden sein. Verantwortlichkeit für den Transport.

Als Beispiel sei an dieser Stelle auf den Transport von Steaks hingewiesen, die vom Schlachthof bis auf dem Teller durch Mitarbeiter von Reedereien begleitet werden und sie es sind, dass uns das gute Stück einen genussvollen Abend beschert.

Die vorangegangenen Ausführungen mögen einen kleinen Einblick in die Welt der Deutschen Schifffahrt gegeben haben. Sie haben eines jedoch klar herausgestellt. Die Deutsche Seeschifffahrt ist nicht ein reines Produkt gut gefüllten Geldbörsen vieler Bundesbürger (Investoren, Anlegern), sondern ein Produkt aus findigen Kapitalhäusern, aus Reedereien und Handelshäusern, die mit Mut in den verschiedensten Ecken der Welt neue Märkte generieren und bedienen und aus Menschen, die bereit sind sich mit ihrer gesamten Persönlichkeit dem System Deutsche Seeschifffahrt zu verpflichten.

Ohne das persönliche Engagement des Einzelnen läuft das Geschäft nicht und nicht ohne Grund stehen wir Westeuropäer in diesem Geschäft mit an vorderster Stelle.



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