2  Konventionelle Regeln und Berechnungsverfahren
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2.1 Direktzurrung

Eine Direktsicherung verbindet Ladung und Fahrzeug mit Ladungssicherungsmitteln, welche in der Lage sind, Kräfte direkt durch Zug-, Druck- oder Schubspannungen zu übertragen. Die Grenzen dieses Sicherungsprinzips sind nach konventioneller Bewertung allein durch die Belastbarkeit dieser Ladungssicherungsmittel und der beteiligten Befestigungspunkte an Ladung und Fahrzeug gegeben.

2.1.1  Rutschsicherung

Die Bilanzen stellen die auf die Ladungsmasse bezogene Lastannahme der Reibung und der Wirkung der Zurrmittel gegenüber. Die Reibung wird generell unter Verwendung des Gleitreibbeiwerts und der Normalkraft = Ladungsgewicht berechnet. Die Sicherungswirkung der Zurrmittel setzt sich aus Horizontalkomponente und der mit dem Gleitreibbeiwert multiplizierten Vertikalkomponente zusammen.

Die Bilanz in Quelle [1] für die Querrichtung lautet:

Die Bilanzen in Längsrichtung sehen sinngemäß aus. Die Bilanzen werden nach n oder nach F aufgelöst, um den Sicherungsaufwand zu bestimmen.

Der gezeigte Ansatz wird grundsätzlich auch in den anderen Quellen verwendet. Die Quellen [2] und [3] bestimmen die Kraftkomponenten jedoch nicht mit Hilfe der Längenkomponenten, sondern mit entsprechenden Winkelfunktionen der Laschwinkel a und bx bzw. by. Die Beziehungen lauten:

, ,

In den Quellen [2] und [3] wird zusätzlich eine Variante der Bilanz für die Rutschsicherung mit Direktzurrung und Blockierung gezeigt. Dabei wird die Blockierkraft BC ohne Berücksichtigung der Steifigkeit der Blockierung den Sicherungskräften hinzugefügt.

In Quelle [3] werden als Reibbeiwerte sogenannte Standardwerte eingesetzt, die in der Rutschbilanz mit dem Faktor 0,85 verringert werden. Diese Standardwerte sind Mittelwerte aus Messreihen von Haftreibbeiwerten, die mit 0,925 multipliziert wurden und Gleitreibbeiwerten, die durch 0,925 dividiert wurden, jeweils für die gleiche Materialpaarung. Die Bilanz in Querrichtung lautet dann:

2.1.2  Kippsicherung

Die Kippsicherung wird nur dann geprüft, wenn die Eigenstandfestigkeit der Ladungseinheit nicht ausreicht. Die Prüfkriterien für die Eigenstandfestigkeit sind damit Bestandteil des Rechenmodells.

Nach Quelle [1] lauten die Prüfkriterien für ausreichende Eigenstandfestigkeit mit L, B, H = Länge, Breite, Höhe einer (quaderförmigen) Ladungseinheit mit Schwerpunkt im geometrischen Zentrum und fw = 0,2 (Wankfaktor):

Kippsicherheitsprüfung in Querrichtung B : H > (fy + fw),

Kippsicherheitsprüfung in Längsrichtung L : H > fx

Die Bilanz in Querrichtung lautet:         

Die Bilanzen in Längsrichtung sehen sinngemäß aus, jedoch ohne den Wankfaktor. Die Bilanzen werden nach n oder nach F aufgelöst, um den Sicherungsaufwand zu bestimmen. Auf die Möglichkeit asymmetrischer Schwerpunktlage wird nicht gesondert eingegangen.

Quelle [2] behandelt die Kippsicherung mit Hilfe von Direktzurrung unzureichend. Die Prüfkriterien für die Kippsicherheit sind wie in [1], jedoch mit einer unklaren Formulierung in Bezug auf den bei der Prüfung zu verwendenden Querbeschleunigungsbeiwert. Eine eigene Kippbilanz wird jedoch nicht angegeben, sondern ein System von Ungleichungen, welches für einen Sicherungsfall mit Diagonalzurrung und gleichzeitiger Blockierung sowohl die Rutschsicherheit als auch die Kippsicherheit nachweisen soll.

Das Ungleichungssystem ist aber nur für den Nachweis der Rutschsicherung zielführend, wenn auch unter Außerachtlassung der unterschiedlichen Lastaufnahme von Zurrung und Blockierung (siehe 2.1.1). Für den Nachweis der Kippsicherung ist es unbrauchbar und führt leicht zu falschen Ergebnissen. Die Formeln lauten im Originaltext für die Querrichtung mit n = 2 Laschings pro Seite:

Formel 17:      

Formel 18:      

Formel 19:      



BC = Blockierkraft [kN]

a = vertikaler Laschwinkel

b = horizontaler Laschwinkel

mD = Gleitreibbeiwert

LC = zulässige Zurrkraft [kN]

cy = Querbeschleunigungsbeiwert

cz = Vertikalbeschleunigungsbeiwert

m = Ladungsmasse [t]

g = Erdbeschleunigung [m/s2]

Die Größen d, b, w und h werden in Bild 11 anschaulich gemacht. Bild 11 zeigt eine Sicherungssituation, wie sie in der VDI-Richtlinie 2700, Blatt 2, Bild 14 dargestellt ist.

Bild 11: Zur Anwendung der Kippsicherungsprüfung nach DIN EN 12195-1

Formel 17 entspricht dem konventionellen Ansatz für den Rutschsicherheitsnachweis. Formel 18 soll die Kippsicherung durch die Zurrung nachweisen. Die Blockierung trägt zur Kippsicherheit nicht bei. Insofern ist die Formel 19 überflüssig.

Ein Rechenbeispiel zeigt die Untauglichkeit der Formel 18 mit den Werten m = 10 t, cy = 0,7, cz = 1, h = 3,0 m, d = 1,5 m, b = 0,25 m w = 0,5 m, a = 64°, by = 0°,mD = 0,4, n = 2

Die Kippbilanz nach Quelle [1] lautet:

Zur Vergleichbarkeit wird ersetzt: H/2 = d, B/2 = b, H = h, B = w. Der Winkel a liefert die Größen Y, Z und L. Z = h = 3,0 m, L = h/sina = 3,34 m und Y = L × cosa = 1,46 m.

Die Formel nach Quelle [2] zeigt in diesem Beispiel ein wesentlich zu kleines Ergebnis. Die Differenz wird umso gravierender, je größer der Reibungsbeiwert mD ist, der in einer Kippbilanz im Grunde nichts zu suchen hat.

Quelle [3] enthält einen verringerten Wankfaktor, indem bei kippgefährdeten Ladungseinheiten und Direktzurrung mit einem Beschleunigungsbeiwert cy = 0,6 gerechnet werden soll. Die Prüfung der Kippsicherheit wird jedoch mit cy = 0,5 und cz = 1 vorgenommen:

Kippsicherheitsprüfung in Querrichtung b : d > cy : cz,

Die neu aufgenommene Kippbilanz ist der in Quelle [1] angegebenen gleichwertig. Daneben steht aber immer noch das teilweise untaugliche System von Ungleichungen, welche schon in Quelle [2] zu finden ist.


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