Hygroskopizität / Sorptionsverhalten [English version]


Definitionen
Sorptionsverhalten hygroskopischer Waren
Sorptionsisothermentypen





Definitionen


Hygroskopizität ist das Vermögen eines Erzeugnisses (z. B. Ware, Verpackungsmaterial), auf den Feuchtigkeitsgehalt der Luft durch Wasserdampfaufnahme oder -abgabe zu reagieren. Von entscheidender Bedeutung für die Aufnahme oder Abgabe von Wasserdampf ist der Wassergehalt eines Erzeugnisses.

Der Wassergehalt ist der prozentuale Anteil des Wassers an der Gesamtmasse eines Erzeugnisses.

Unter dem Sorptionsverhalten wird die Eigenschaft eines hygroskopischen Erzeugnisses verstanden, Wasserdampf aus der Luft aufzunehmen bzw. abzugeben, bis ein Gleichgewichtszustand hergestellt ist.

Adsorption bezeichnet die Wasserdampfaufnahme.

Desorption bezeichnet die Wasserdampfabgabe.

Die Sorptionsisotherme ist die graphische Darstellung des Sorptionsverhaltens einer Ware. Sie stellt den Zusammenhang zwischen dem Wassergehalt eines Erzeugnisses und der relativen Luftfeuchtigkeit der Umgebungsluft (Gleichgewicht) bei einer bestimmten Temperatur dar.

Verschiffungstrocken ist ein Erzeugnis, das einen Wassergehalt besitzt, bei dem es unter normalen Wetter- bzw. Laderaum-/Containerbedingungen bei richtiger Ladungspflege keine Wertminderungen erleidet.

Als kritischer Wassergehalt wird der Wassergehalt bezeichnet, bei dessen Überschreiten während des Transports oder der Lagerung mit dem Beginn von Wertminderungen, wie Schimmel, Gärung, Fäulnis, Selbsterhitzung/-entzündung, gerechnet werden muss. Bei Unterschreitung kann es zu Austrocknungsschäden, wie Grusbildung, Heuigwerden, Rissbildung, kommen. Für den sicheren Transport ist es daher von Bedeutung, dass der Wassergehalt eines Erzeugnisses bei der Übernahme den geforderten Werten entspricht und die Einhaltung dieses Wassergehaltes während des Transportes durch die Lagerklima-Konditionen im Laderaum/Container gewährleistet wird.



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Sorptionsverhalten hygroskopischer Erzeugnisse


Der Verlauf einer Sorptionsisotherme ist charakteristisch für die Hygroskopizität eines Erzeugnisses, wobei das Sorptionsverhalten einer Ware von der Temperatur abhängig ist. Stark hygroskopische Erzeugnisse zeigen eine steil verlaufende Sorptionsisotherme, und schwach hygroskopische Erzeugnisse weisen flach verlaufende Sorptionsisothermen auf.

Ein Maß für die Hygroskopizität eines Erzeugnisses ist folglich die Größe der Zu- oder Abnahme ihres Wassergehalts in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte bei einer bestimmten Temperatur. Schwach hygroskopische Erzeugnisse zeigen keine oder eine schwache Änderung ihres Wassergehaltes als Folge von Schwankungen der relativen Luftfeuchte. Bei stark hygroskopischen Erzeugnissen kann der Wassergehalt stark schwanken.

Durch Ermittlung des Wassergehalts eines Erzeugnisses kann anhand der Sorptionsisotherme festgestellt werden, wie sich das Erzeugnis im Laderaum/Container verhalten wird.

1. Der Wassergehalt eines Erzeugnisses liegt oberhalb der Sorptionsisotherme:



Abbildung 1


Abbildung 1 stellt die Sorptionsisotherme für Weizen bei 20°C dar. Bei einem gemessenen Wassergehalt von 18% und einer relativen Luftfeuchte der Umgebungsluft von 75% liegt der Schnittpunkt oberhalb der Sorptionsisotherme (siehe Kreuz).

Im unbelüfteten Laderaum/Container würde sich die relative Luftfeuchte erhöhen, bis der Gleichgewichtszustand mit ca. 88% relativer Luftfeuchte (bei einem Wassergehalt von 18%) erreicht ist. Damit wird die Schimmelgrenze, die bei 75% relativer Luftfeuchte liegt, überschritten. Im unbelüfteten Laderaum/Container kann es zur raschen Schimmelbildung kommen (der Wassergehalt der Ware bleibt wegen der geringfügigen Wasserdampfabgabe hoch): durch Lüftung muss hier Abhilfe geschaffen werden, wobei theoretisch die Ware mit einer geeigneten Ventilationsluft so lange getrocknet werden könnte, bis sie bei knapp unter 15% Wassergehalt den Gleichgewichtszustand mit der Umgebungsluft erreicht hat. Praktisch ist jedoch eine durchgreifende Trocknung einer derart feuchten Ware nicht immer möglich, und die Ware kann trotz richtiger Bedienung der Lüftungseinrichtungen durch Schimmelbildung in Teilen des Raumes oder innerhalb der Ladung, die von der Ventilationsluft nicht erreicht wurde (sogenannte Totluftfelder), verderben.

Sollten z.B. 100 t zu nassen Getreides mit einem Wassergehalt von 16% auf einen Wassergehalt 13% gebracht werden, sind 3 t Wasserdampf durch Lüftung abzuführen; befinden sich 1000 t Getreide in einem Raum, sind es 30 t Wasser. Hierzu reicht die Kapazität der Lüftungseinrichtungen nicht aus. Eine Trocknung erfolgt im allgemeinen nur oberflächlich. Hieraus ergeben sich folgende Konsequenzen:

den Wassergehalt der hygroskopischen Ware durch Messung vor der Verladung zu überprüfen
nicht ausschließlich auf Zertifikate des Verladers verlassen
gegebenenfalls eigene Besichtiger anfordern
Waren mit zu hohem Wassergehalt nicht zu übernehmen oder zu mindestens einen entsprechenden Vermerk in die Begleitpapiere vornehmen zu lassen, damit im Falle eines späteren Schweißwasserschadens der zu hohe Wassergehalt bei der Ladungsübernahme als Ursache erkannt werden kann.


2. Der Wassergehalt eines Erzeugnisses liegt unterhalb der Sorptionsisotherme:



Abbildung 2


Abbildung 2 stellt die Sorptionsisotherme für Weizen bei 20°C dar. Bei einem gemessenen Wassergehalt von 12% und einer relativen Luftfeuchte der Umgebungsluft von 75% liegt der Schnittpunkt unterhalb der Sorptionsisotherme (siehe Kreuz).

Im unbelüfteten Laderaum würde infolge Wasserdampfaufnahme durch das hygroskopische Erzeugnis die relative Luftfeuchte zurückgehen, bis der Gleichgewichtszustand von knapp unter 60% relativer Luftfeuchte erreicht ist. Infolge der geringen Menge aufnehmbaren Wasserdampfes verändert sich der Wassergehalt eines Erzeugnisses dabei kaum. Meist besteht keine Gefahr der Wertminderung, und es braucht nicht gelüftet zu werden, es sei denn, dass das Erzeugnis Austrocknungsschäden (Tabak, Tee, Holz, Leder) erleidet. In diesem Falle müsste mit einer geeigneten Ventilationsluft gelüftet werden, um eine Austrocknung zu vermeiden.

Zusammenfassend kann gesagt werden:

In einem mit einem hygroskopischen Erzeugnis gefüllten Laderaum/Container, der nicht belüftet wird, bestimmt das Erzeugnis die relative Luftfeuchte im Laderaum, das Erzeugnis schafft sich ein eigenes Raumklima. Das Erzeugnis selbst erfährt bei diesen Ausgleichsvorgängen nur geringfügige Veränderungen ihres Wassergehaltes, da dieser mengenmäßig ein Vielfaches der gesamten (absoluten) Feuchte der Laderaum-/Containerluft beträgt.
In einem mit einem hygroskopischen Erzeugnis gefüllten Laderaum/Container, der belüftet wird, richtet sich die relative Luftfeuchte des Laderaums/Containers nach den Werten der Außenluft, so dass das Erzeugnis entsprechend Wasserdampf aufnehmen oder abgeben kann. Dabei ist zu beachten, dass nur bei anhaltender, mehrtägiger oder mehrwöchiger Ventilation mit zu feuchter oder zu trockener Luft auch der Wassergehalt des Erzeugnisses langsam steigt oder abnimmt. Ferner ist zu beachten, dass die Luft zwischen den Partikeln (z.B. Getreidekörner, Kaffee- oder Kakaobohnen) oder in "Totluftzonen" sich auch bei Belüftung so verhält, als wäre der Raum geschlossen, d.h. unbelüftet.
Der Einfluss der Warentemperatur auf die Gleichgewichtsfeuchte: Verändert sich die Temperatur des Erzeugnisses, ergeben sich daraus andere Gleichgewichtsbedingungen für die Feuchteverhältnisse. Da beispielsweise eine 10°C-Sorptionsisotherme höher liegt als eine 20°-Sorptionsisotherme, entsprechen gleichen Wassergehalten geringere Gleichgewichtsfeuchten der Luft, z.B. gilt für Weizen bei einem Wassergehalt von 15% und einer Eigentemperatur von 20°C eine Gleichgewichtsfeuchte von ca. 75%; bei einer Eigentemperatur von 10°C ergibt sich dagegen eine Gleichgewichtsfeuchte von ca. 68%.
Aus diesen Verhältnissen resultiert, dass in der Nordatlantikfahrt bei den dort vorherrschenden geringen Lufttemperaturen der zulässige Wassergehalt für Getreide höher liegen kann, ohne dass die kritische relative Luftfeuchte > 75% (Schimmelgrenze) im Laderaum/Container überschritten wird.
Für pflanzliche Erzeugnisse, die in tropischen Häfen geladen werden, ergibt sich aus diesen Gleichgewichtsbeziehungen, dass jede Gelegenheit zur Abkühlung der Waren auszunutzen ist, damit sich bei evtl. erforderlicher Abschaltung der Lüftung möglichst geringe relative Luftfeuchten im Laderaum/Container einstellen. Warme Waren geben intensiver Wasserdampf ab und führen schneller zur Schweißwasserbildung.



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Sorptionsisothermentypen


Generell können drei Typen von Sorptionsisothermen unterschieden werden:

1. Die Sorptionsisotherme steigt steil an, d.h. das Erzeugnis ist stark hygroskopisch, wie z.B. bei Trockenfrüchten und Trockenmittel für den Korrosionsschutz.

Zeichnung SI

Abbildung 3


2. Die Sorptionsisotherme zeigt einen S-förmigen Verlauf, deren mittlerer Teil den Bereich größter Stabilität der technologischen Eigenschaften aufweist, d.h. in diesem Bereich ist mit keinen nachteiligen Veränderungen des Erzeugnisses zu rechnen, wie z.B. bei Lebensmitteln, Papier u.a.m.

Zeichnung SI

Abbildung 4


3. In einem weiten Bereich ist das Erzeugnis wenig hygroskopisch (Anhydrid): Nach Erreichen der Fließgrenze nimmt das Erzeugnis schnell und reichlich Wasserdampf auf, so dass es zerfließt (Hydrat), wie viele kristalline Waren (Salz, Zucker, Kali, Weinsäure).

Zeichnung SI

Abbildung 5



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