Möglichkeiten der Raubprävention bei Handelsreisenden – Viktimisierung, Tätervorgehen, Konter-Strategien

Vortrag von Herrn Joachim Leis, MentalLeis Dienstleistungen GmbH, Ludwigsburg



Inhaltsverzeichnis


 Kurzvorstellung MentalLeis Dienstleistungen GmbH

 Stress und Stressbewältigung

 Daten und Fakten, gesetzliche Grundlagen und Informationsgewinnung

 Wahrnehmung

 Viktimisierung (Opferwerdung)

 Modus Operandi (Tätervorgehensweisen)







Kurzvorstellung MentalLeis Dienstleistungen GmbH

Die MentalLeis Dienstleistungen GmbH hat drei Haupttätigkeitsbereiche:

Beratungen und Konzeptionen durch unsere Kooperation

– Schwachstellenanalyse
– Sicherheitskonzeptionen und Audits
– Travel Risk Management
Seminare und Trainings

– Sicherheitstraining für Mitarbeiter in Ladengeschäften
– Sicherheitstraining für Handelsreisende
Operative Sicherheitsdienstleistungen

– Schutzmaßnahmen im In- und Ausland (Ausmessen, Messen)
– Operatives Travel Risk Management
– Internationale Ermittlungen



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Stress und Stressbewältigung

Vom Pawlowsche Hund ist die unbewusste Konditionierung bekannt. Lernt der Hund, dass er nach einem Glockenklang Fressen bekommt, kommt es bei ihm recht bald zum Speichelfluss, sobald die Glocke ertönt. Man kann Menschen aber auch unbewusst konditionieren. Der Körper zeigt dann eine Reaktion, wenn der Mensch nur an etwas Bestimmtes denkt.


Der sichere Ort

Denkt man bewusst wiederholt an einen schönen und sicheren Ort, z. B. eine Trauminsel, und stellt sich diese intensiv mit allen Sinnen vor, kann es später allein bei einem kurzen Gedanken an diese Insel zu einer echten Körperentspannung kommen. Notwendig hierzu ist zum einen, dass man möglichst entspannt ist (z. B. abends beim Einschlafen im Bett), es diesen Ort real nicht gibt und drittens man dort alleine sein sollte. Es kommt zu einer Überlappung des Bildes mit diesem Gefühl der Ruhe. Wenn die Konditionierung erfolgreich war, kann man sich innerhalb von Sekunden "ruhig stellen", wenn man bewusst an diesen Ort denkt.

Gespräche z. B. mit dem Chef, einem Kunden oder einem Familienmitglied können Stresssituationen darstellen – aber auch mit einem Straftäter.

Beispiel: Beim detaillierten Denken an ein bestimmtes Lebensmittel, z. B. eine leckere Frucht oder Süßigkeit, kann einem alleine schon die Vorstellung im wahrsten Sinne das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.


Stress / Angst – Reaktionen des Körpers

Die Urmenschen waren Jäger oder Gejagte. In Sekundenbruchteilen mussten sie ihre Kräfte mobilisieren und entscheiden: Flucht oder Kampf?

Auch heute noch sind diese unwillkürlichen Reaktionen im Menschen vorhanden. Es kommt zur Produktion eines Hormoncocktails (z. B. Adrenalin). Wir nehmen dies u. U. wahr als "Angst" bzw. Stress.

Neben Flucht und Verteidigung (Kampf) gibt es noch eine dritte Reaktion, das „sich aufgeben“. Dies stellt bisweilen ein großes Problem bei Raubüberfällen dar.




Zusammenfassung

Man sollte sich damit abfinden, dass das Angstgefühl / der Stress hochkommt! Ruhe bewahren! Nicht hineinsteigern! An "den sicheren Ort&quot denken!

-> sonst werden noch mehr Hormone ausgeschüttet!

Nutzen des Adrenalins für seinen Bestimmungszweck Flucht oder Verteidigung.

Abbauen des Adrenalins durch: Angepasstes Sprechen, Gestik und Mimik (Bewegung).

Bewegung ist bei und auch nach dem Stress sehr wichtig.



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Daten und Fakten, gesetzliche Grundlagen und Informationsgewinnung


Daten und Fakten


Globalisierung und Steigerung des Reise- und Expat-Volumens
40 Mio. Expats weltweit / 8,5 Mio. deutsche Geschäftsreisende 2013 *
Erkrankungswahrscheinlichkeit im Ausland bis zu 18 % **
18.000 Express-Entführungen weltweit ***
Nur 40 % der deutschen Unternehmen besitzen akzeptable Konzepte zum Thema Reise-Medizin und Reise-Sicherheit ****

Quellen: *Brookfield, **Allianz, ***auf Anfrage, ****Ostwestfalia Hochschule, empirische Studie


Gesetzliche Grundlagen

Die Fürsorgepflichten des Unternehmers als Arbeitgeber sind gesetzlich geregelt im

Bürgerliches Gesetzbuch
Arbeitsschutz-Gesetz
Corporate Manslaughter and Homicide Act (in GB).
D. h., das Vernachlässigen der Fürsorgepflicht kann dort eine Straftat darstellen.

Ergebnis: Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern, auch bei Geschäftsreisen. Private Versicherungen der Mitarbeiter entlassen den Arbeitgeber nicht aus dieser Pflicht. Der Arbeitgeber trägt das Haftungsrisiko. Der Abschluss einer Auslandsreiseversicherung reicht zur Erfüllung der Fürsorgepflicht alleine nicht aus.

Weiter Aspekte: Fürsorge und Motivation


Informationsgewinnung und Planung

Diese Quellen können zur Informationsgewinnung herangezogen werden:

Außenministerium Deutschland
Aktuelle Reise- und Sicherheitshinweise, Reisewarnungen, Reisen und Gesundheit, Liste der Auslandvertretungen usw.
Artenschutz (BMLFUW)
(Vermeidung von Problemen bei "Mitbringseln" – in vielen Ländern ist die Ausfuhr bestimmte Tier- und Pflanzenarten, aber auch Steine/Mineralien, archäologische Fundstücke, Antiquitäten usw. verboten!
Erdbeben / Tsunami (GFZ Potsdam + GBA)
National Hurricane Center der USA
Liste unsicherer Luftfahrtunternehmen (EASA)
EU-Info.Deutschland
European Commission – Mobility and transport
Reisewarnung.org
Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten
Travel & living abroad
Australian Government
Smarttraveller.gov.au
Die Sicherheitslage in den einzelnen Ländern wird von den unterschiedlichen Staaten bisweilen unterschiedlich bewertet. Deshalb kann es sinnvoll sein, sich auch einmal die Reisewarnungen der Außenministerien von Großbritannien, Australien, der Schweiz usw. anzuschauen.

Assistance-Dienstleister

MentalLeis Dienstleistungen GmbH
Secumedas UG


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Wahrnehmung

Ein Beispiel: Wenn folgende Sprichwörter laut vorgelesen werden sollen, überlesen viele Menschen die doppelt geschriebenen Wörter am Ende bzw. Anfang der Zeilen. Da die Sprichwörter allgemein bekannt sind, wird auf den geschriebenen Text nicht genau geachtet und Abweichungen vom "Bekannten" häufig nicht wahrgenommen.





Nur zu 7 % nehmen wir wahr, was ein Gegenüber tatsächlich inhaltlich zu uns sagt (verbal), aber zu 38 %, wie er es sagt (paraverbal) und zu 55 %, wie er nonverbal auftritt.

Zu 90 % nehmen wir eine Situation nach unserer Erfahrung wahr und nur zu 10 % nach der rein physikalischen Wahrnehmung. Deshalb sind Kinder in der Regel gute Zeugen – sie haben noch nicht so viel Erfahrung und nehmen daher eine Situation in höherem Maße physikalisch wahr.


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Es folgen einige Beispiele und Tests zur Wahrnehmung:



Hier lautet die Antwort der meisten Befragten "nach links", da keine Einstiegstür zu sehen ist und daher der Bus nur nach links fahren kann (zumindest in Ländern mit Rechtsverkehr). Es wird also aufgrund der Erfahrung entschieden.

Solche Wahrnehmungsfehler erklären, dass Zeugen oder Opfer oftmals Tathergänge nicht richtig oder gar nicht wiedergeben können.

Es gibt zahlreiche "Wahrnehmungstests", in denen Probanden auf einen bestimmten Vorgang achten sollen. Diese nehmen dann keine anderen Vorgänge wahr als den, den sie explizit beobachten sollen. Beispiel: In einem kurzen Video mit zwei Basketballteams sollen Probanden die Passstafetten des weiß gekleideten Teams zählen. Dabei bemerken sie meist nicht, dass während des Films eine bizarr verkleidete Person durch die Szene läuft. Durch die Konzentration auf einen bestimmten Vorgang wird die Wahrnehmung stark selektiv.

All diese Dinge sollte ein Handelsreisender immer berücksichtigen, da er sich durch seine Tätigkeit ebenfalls meist auf bestimmte Vorgänge (Kundengespräche, Präsentationen, Verhandlungen o. a.) konzentriert. Zudem sollte er einfache Dinge wie die europaweit gültige Notrufnummer 112 (nicht 110!) parat haben, um in einer Gefahrensituation auch im Ausland umgehend die Polizei alarmieren zu können.


Was kann man tun, um die Wahrnehmung zu "verbessern" und negativen Konsequenzen vorzubeugen?

Bewusstes Wahrnehmen
Angepasstes Einschätzen einer Situation (Prognose)
Situationsgerechtes und effizientes Verhalten

Beim Einschätzen (Prognose) einer tatsächlichen Situation sind folgende Varianten möglich:



Man kann eine gefährliche oder ungefährliche Situation jeweils richtig einschätzen. Andernfalls liegt eine Fehleinschätzung vor. Aber nur die Fehleinschätzung einer tatsächlichen Gefahr als ungefährlich kann zu ernsten Konsequenzen führen.



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Viktimisierung

Hiermit ist vereinfacht gesagt das Aussenden von Opfersignalen gemeint, d. h. ob ein Mensch auf einen Täter als (potentielles) Opfer wirkt.

Dazu gab es in den 70er-Jahren Untersuchungen in den USA. Dort bedeutet lebenslängliche Haft auch tatsächlich, dass der Verurteilte bis zu seinem Tode im Gefängnis bleibt. Es handelt sich um eine Strafhaft. In Deutschland steht die Resozialisierung im Vordergrund, auch zu lebenslänglich verurteilte Täter können u. U. nach 15 Jahren wieder entlassen werden.

Für diese Studie in den USA wurde eine große Anzahl von Mördern befragt, nach welchen Kriterien sie ihre Opfer "ausgewählt" haben.

Zudem wurden konspirative Videoaufnahmen gemacht in Einkaufszentren, Bahnhöfen, Flughäfen usw. Die Aufnahmen wurden den an der Studie teilnehmenden Tätern gezeigt, diese sollten die Passanten als "Opfertypen" bewerten. Aus den Ergebnissen wurde versucht, typische Opfer-Verhaltensarten zu ermitteln. Es wurden zwar zu einem erheblichen Teil überproportional gleiche "Opfer" ermittelt, aber keine signifikanten Merkmale festgestellt.

Daher wurden Wissenschaftler wie Psychologen, Soziologen, Allgemeinmediziner, Orthopäden zu Rate gezogen, aber auch Designer, Phisionomisten usw.

Die Orthopäden konnten feststellen, dass die "Opfertypen" zu zu einem erheblichen Teil leichte Bewegungsanomalien aufwiesen.

Lösung: Bewegungsanomalien

Die Opferrolle – alles nur eine Sache von Körpersprache


In den 90er Jahren wurden in den USA viele Polizeibeamten erstochen. Das FBI ließ untersuchen, nach welchen Kriterien bestimmte Polizisten getötet wurden. Der forensischer Psychologe Anthony Pinizzotto führte hierzu Studien durch. Der Grund war hier die Unaufmerksamkeit der getöteten Polizisten.

Lösung: Aufmerksamkeit



Ein Beispiel: Eine junge Dame wollte eine Warenkollektion nach Stockholm bringen. Sie kannte weder die Stadt noch die Adressen der Kunden besonders gut. Beim Aufsuchen der Kunden regnete es. Mit dem Warenkoffer, einem Regenschirm und mit gesenktem Kopf über dem Smartphone in der Hand, um zu navigieren, ist sie durch den Regen gegangen und wurde prompt überfallen. Möglicherweise hat sie in dieser Situation "ein leichtes Opfer" verkörpert.


Eine weitere Studie fand ebenfalls in den 90-iger Jahren in den USA statt, und zwar zum "Hilferuf".

Folgendes Szenario:

Es ist Nacht. Eine weibliche Person rennt, sie wird von einer großen, männlichen Person auf eine schlecht beleuchtete Straße verfolgt. Die weibliche Person ruft: "Hilfe"!

Was passiert?

Gar nichts!

Warum? "Hilfe" rufenden Menschen bedeuten eine Individualgefährdung.

Gleiches Szenario, aber die weibliche Person ruft "Feuer"!

Was passiert?

Rollläden gehen nach oben, Fenster gehen auf, Leute schauen aus den Fenstern und / oder kommen auf die Straße.

Warum? "Feuer" bedeutet eine Allgemeingefahr.


Hinzu kommt, dass der Ruf "Hilfe" für den Täter die Hilflosigkeit des Opfers unterstreichen kann, er fühlt sich dann evt. noch bestärkt.

Wichtig ist auch, die Stimme angepasst zu erheben. Lautes sprechen oder rufen erhöht die Körperspannung, der Gesichtsausdruck wird aggressiver. Das kann dem Täter signalisieren, dass er es nicht mit einem einfachen Opfer zu tun hat.

Beispiel: Ein Juwelierladen wird von einer Person aufgesucht, die sich auffällig-unauffällig die Sicherheitsvorkehrungen anschauen will. Möglicherweise ein Täter, der einen Einbruch/Überfall vorbereiten will. Was sollte der Mitarbeiter des Juweliergeschäftes tun?

Er sollte die Person laut und deutlich ansprechen, was sie denn da macht und ob er helfen kann. Handelt es sich bei der Person um jemand mit einem berechtigten Interesse (Versicherungsmitarbeiter o. ä.), wird sich das dann schnell aufklären. Ein Täter hingegen bekommt klar signalisiert, dass er aufgefallen ist und es mit aufmerksamen Mitarbeitern zu tun hat. So ein offensives Verhalten kann man durchaus trainieren.


Zusammenfassung



Täter suchen sich ihre Opfer nicht willkürlich aus! Studien beachten!
Kein Opfer darstellen, sondern einen ernst zu nehmenden Gegner. Eine positive, handlungskompetente Ausstrahlung hilft.
Öffentlichkeit herstellen (u. U. der richtige Ruf "FEUER!!!")


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Modus Operandi

Bei Tätern, die sich an fremdem Eigentum bereichern wollen, unterscheidet man u. a.:

Trickser
Gelegenheitstäter
Einbrecher / Randalierer
Räuber (Gewalttäter)

Trickser arbeiten z. B. mit Ablenkungstricks: Sie lassen sich vom Opfer etwas zeigen oder erklären und nutzen die Gelegenheit, dessen Geldbörse oder Handy zu stehlen.

Von Gelegenheitstätern wird leichtsinniges Verhalten ausgenutzt. So gibt es Handelsreisende, die bei der Handgepäckkontrolle am Flughafen für alle sichtbar ihre wertvollen Waren (z. B. Gold, Schmuck o. ä.)vorzeigen und anschließend am nächsten Kaffeestand ihren Rollkoffer unbewacht lassen, während sie sich einen Kaffee holen. Her passt das Sprichwort: Gelegenheit macht Diebe.

Praktisches Vorgehen bei einem vermeintlichen Taschendiebstahl / Trickdiebstahl (z. B. "Straßenverkauf")

Maßnahmen?

Alles unter Kontrolle?
weitergehen
nicht ansprechen lassen
deutliches Zeichen des Desinteresses
keine Ablenkung zulassen
laut und deutlich werden
L-Stellung, bei mehreren "Opfern" (praktische Übung!)

Einbrecher / Randalierer treten alleine oder zu mehreren auf. Sie können bewaffnet oder unbewaffnet sein. Der modus operandi: Gewalt gegen Sachen.


alle Charaktere sind möglich
Gewaltbereitschaft ist schwer kalkulierbar
Kurzschlussreaktionen eher möglich!

Verhinderung: Kompetentes Handeln bei Überraschung des Täters, Sicherheitstechnik


Praktisches Vorgehen bei einem Einbruch

Sie kommen zu ihrem Hotelzimmer und stellen einen Einbruch fest.

Maßnahmen?

Von der "Aufbruchsstelle" weggehen / Rezeption verständigen / Hilfe herbeiholen (Europäische Notrufnummer?)

  Europäischer Notruf: 112
Notruf des Gastlandes: ???
Deutsche Botschaft: ???
Notfallnummer 24/7: ???

Falls der Täter noch vor Ort ist, nur überlegte Handlungen durchführen. Gehen Sie "aus dem Weg" (lassen sie den Fluchtweg für den Täter).


Räuber (Gewalttäter) treten ebenfalls allein oder zu mehreren auf. Sie sind meist bewaffnet und drohen mit Gewaltanwendung. Der modus operandi: Gewalt gegen Menschen.


Gewaltbereitschaft vorhanden?
Handlungsweise schwer kalkulierbar / schwer vorhersehbar!
Kurzschlussreaktionen eher möglich!

Verhinderung: Aufmerksamkeit auf das Umfeld (Planungsphase), Eigenes Verhalten / Ausstrahlung



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Diplom Verwaltungswirt Joachim Leis
Senior Consultant
MentalLeis Dienstleistungen GmbH
Breslauer Straße 16
D-71638 Ludwigsburg

phone +49 (0) 7141 871297
Mobil +49 (0) 175 1520248





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