Kühlen, Klauseln und Versicherung

Vortrag von Herrn Jürgen Heimes, ERGO Versicherung AG



Inhaltsverzeichnis


 Der Versicherungsnehmer

 Underwriting

 Zu beachtende Rechtsgrundlagen

 Schadenverhütung – Notfallplan

 Versicherungsbedingungen







Der Versicherungsnehmer

Zunächst einige Gedanken zum Versicherungsnehmer. Dieser

ist die wichtigste Person, mit der wir (die Versicherungsunternehmen) es zu tun haben.
ist nicht von uns abhängig, wir sind von ihm abhängig.
ist kein Außenstehender in unserem Geschäft, er ist vielmehr Sinn unseres Geschäfts.
ist ein Mensch, der uns seine Sorgen und Wünsche anvertraut. Es ist unsere Aufgabe, seine Sorgen zu mindern.


Unser Versicherungsnehmer im Mittelpunkt unseres Interesses

Wer sind unsere Versicherungsnehmer?

In der Warentransportversicherung: Der Hersteller, Händler, Ex- und Importeure
In der Verkehrshaftungsversicherung: Der Spediteur, Frachtführer, Lagerhalter
In der Kühlhausversicherung: Der Kühlhausbetreiber



Diese Grafik zeigt die gesamte Kühlkette vom Hersteller bis zum Endverbraucher:

 




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Underwriting

Alle Versicherungsunternehmen praktizieren das Underwriting. Dabei sind folgende ersten Schritte zu beachten:

Risikoanalyse
Fragen stellen und nochmals Fragen stellen
Risiko besichtigen: Sowohl Lager als auch Fahrzeuge
Unterlagen prüfen


Das Risiko sollte dem Versicherer vorher bestmöglichst bekannt sein – denn im Schadenfall muss der Versicherer diesen bezahlen.

Dazu gehört: Welche Güter sollen versichert werden, welche Eigenschaften haben diese?

Aufgrund der Vielfalt an Gütern sollten vorab Informationen eingeholt werden – z. B. durch Befragen des Herstellers oder Erzeugers. Auch im Internet kann man sich vorab informieren, u. a. im TIS.

Wichtig: Im Falle von zu versichernden Kühltransporten kann es nicht schaden, sich die entsprechenden Kühlhäuser zuvor anzusehen, evt. auch die Fahrzeuge (Zustand, Ausstattung usw.).

Fazit: Der Versicherer muss das Risiko kennen.

Die zu prüfenden Unterlagen können beinhalten: Wartungspläne und -verträge, Notfallpläne, Frachtverträge …

Anhand dieser Informationen können das Risiko und die Konditionen gestaltet werden.




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Zu beachtende Rechtsgrundlagen

Es gibt eine Vielzahl an Verordnungen, Abkommen und anderer Rechtsgrundlagen, dazu gehören:

ATP
(Übereinkommen über internationale Beförderungen leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderungen zu verwenden sind.)
LMHV
(Lebensmittelhygiene-Verordnung)
AMWHV
(Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung), GMP (Good Manufacturing Practice), GDP (Good Distribution Practice)
EU-Normen und Richtlinien
CMR
(Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr) und HGB
AGB der Kühlhäuser (ABK)


ATP – Accord relatif aux transports internationaux de denrées périssables et aux engins spéciaux à utilisier pour ces transports – Übereinkommen über internationale Beförderungen leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderungen zu verwenden sind.

ATP – Gültigkeitsbereich:

Grenzüberschreitende gewerbliche Transporte
Be- und Entladeort in einem Vertragsstaat
Transporte von leicht verderblichen Lebensmitteln


Geregelt sind in der ATP:

Transporttemperaturen in Abhängigkeit vom Lebensmittel
Technische Anforderungen an das Beförderungsmittel
Messmethoden zur einheitlichen Beurteilung dieser Anforderungen
Einteilung der Beförderungsmittel in Klassen (FRC). Klasse wird für begrenzte Zeit erteilt (FRC = Fridgerate Reinforce C)


LMHV (LebensMittelHygiene-Verordnung)

Lebensmittel dürfen nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, dass sie bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung nicht ausgesetzt sind. (§ 3 LMHV)

Eine nachteilige Beeinflussung kann z. B. sein: Verunreinigungen, Temperaturanstieg, Rauchentwicklung, Ungezieferbefall usw.

Leicht verderbliche Lebensmittel dürfen nur von Personen in den Verkehr gebracht werden, die die entsprechende Fachkenntnis haben (§ 4 LMHV)

Hygienische Anforderungen an die Beförderungen in Seeschiffen sind ebenfalls geregelt:

bei Ölen und Fetten (§ 7 LMHV)
von Rohzucker (§ 8 LMHV)


AMWHV (ArzneiMittelWirkstoffHerstellungsVerordnung)

Ab 01.11.2006 gilt, dass medizinische Produkte durch Transport und Lagerung keine Schaden nehmen sollen.


Verordnung EG 37/2005 vom 12.01.2005

Diese regelt die Überwachung der Temperaturen von tiefgefrorenen Lebensmitteln sowie Einlagerungs- und Lagereinrichtungen. Sie ist am 01.01.2010 voll wirksam geworden.

Es geht dabei u. a. um Temperaturüberwachung und -aufzeichnung. Vorgeschrieben sind:

Geeignete Aufzeichnungsgeräte
Ab 01.01.2006 müssen die Messgeräte die Normen EN 12830, 13485, 13486 erfüllen
Übergangsfrist für die bis zum 31.12.2005 eingebauten Messgeräte bis zum 31.12.2009
ab 01.01.2010 müssen alle Geräte und Fahrzeuge die Normen erfüllen
Aufbewahrungspflicht der Aufzeichnungen mindestens 1 Jahr!


CMR – ähnlich HGB (§ 427)

Artikel 18.4 und Artikel 17.4 d)

Bei Beförderung mit einem Fahrzeug, das mit besonderen Einrichtungen zum Schutze des Gutes gegen die Einwirkung von Hitze, Kälte, Temperaturschwankungen oder Luftfeuchtigkeit versehen ist, kann sich der Frachtführer auf Artikel 17.4 d) nur berufen, wenn er beweist, dass er alle ihm nach den Umständen obliegenden Maßnahmen hinsichtlich der Auswahl, Instandhaltung und Verwendung der besonderen Einrichtungen getroffen und ihm erteilte besondere Anweisungen beachtet hat (18.4).

Der Frachtführer ist … von seiner Haftung befreit, wenn der Verlust oder die Beschädigung … entstanden ist aus:

Natürliche Beschaffenheit gewisser Güter der zufolge sie gänzlichen oder teilweisen Verlust oder Beschädigung insbesondere durch … inneren Verderb … ausgesetzt sind


AGB der Kühlhäuser (ABK) – Auszüge

Das Kühlhausunternehmen übernimmt die klimatisierte Lagerung von Waren und die Vermietung von klimatisierten Lagerraum. (Ziffer 1.1)
Im Auftrag ist die gewünschte Lagertemperatur und bei einer gewünschten Temperatur von etwa 0°C auch die Luftfeuchtigkeit ausdrücklich anzugeben (Ziffer 2.2)
Das Kühlhausunternehmen schließt für die eingelagerten und eingebrachten Waren für Rechnung wen es angeht eine Kühlgutversicherung ab, sofern der Kunde dies nicht ausdrücklich und schriftlich untersagt hat (Ziffer 9)
Das Kühlhausunternehmen haftet für alle Schäden nur bei Verschulden, sofern keine Deckung aus der Kühlgutversicherung besteht (Ziffer 11).




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Schadenverhütung – Notfallplan

ein Notfallplan beinhaltet diese Punkte:

Alarmplan festlegen und kommunizieren
Benennung eines hauptverantwortlichen Risikomanagers
Vorbereitende Maßnahmen
Lebendiges Management


Beispiele für Sofortmaßnahmen bei Stromausfall:

Alle Türen schließen und bis zur Behebung der Störung geschlossen lassen
Keine Ein- und Auslagerungen


Beispiele für Inhalte des Notfallplans:

Wo läuft der Alarm auf?
Verifizierung des Alarms
Wer ist bei welcher Alarmart und in welcher Reihenfolge zu informieren
Alternative Einlagerungsmöglichkeiten sowie notwendige Transporte sicherstellen
Alternative Stromquellen sicherstellen




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Versicherungsbedingungen

Welche Arten von Bedingungen verwende ich als Versicherer?

Allgemeine Bedingungen
Besondere oder Zusatzbedingungen
Klauseln
Geschriebene Bedingungen


Gedruckte Bedingungsquellen Transport in Deutschland

Güterversicherung 2000/2008, z. B. Ziffer 7

Die eingesetzten Transportmittel müssen für die Aufnahme und Beförderung der versicherten (Kühl- etc.) Güter geeignet sein

DTV Gefriergutklauseln 1989

eingeschränkte Standungsfalldeckung
erweiterte Strandungsfalldeckung
volle Deckung


DTV Gefriergutklauseln 1989

Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist:

Die Ware ist bei Risikobeginn einwandfrei und sachgemäß zugerichtet.

Während der Dauer der Versicherung ist die Kühlkette zu keinem Zeitpunkt unterbrochen.

Der Seetransport erfolgt in Tiefkühlräumen.
Die Vor- und Nachreise erfolgt mit Transportmitteln, die entsprechend der Dauer und den klimatischen Gegebenheiten des Transportes so ausgerüstet sind, dass sie eine ausreichende Kühlung gewährleisten.
Die Lagerung erfolgt in Kühlhäusern.


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Gedruckte Bedingungsquellen Transport, z. B. in GB:

Frozen food
CL 263 A (excluding Frozen meat)
CL 264 C (excluding Frozen meat)
CL 265 (excluding Frozen meat) Strikes
CL 334 Extension Clause nur in Verbindung mit CL 263


Frozen Food

… loss or damage … from any variation temperature to

breakdown of refrigerating machinery resulting in its stoppage for a period pf not less than 24 consecutive hours

Duration

… from the time the goods are loaded into the conveyance at freezing works and terminates on delivery to cold store….


Gedruckte Bedingungsquellen Transport z. B. in GB:

Frozen food
CL 263 A
CL 324 24 Hrs Breakdown
CL 325 C and 24 Hrs Breakdown
CL 326 Strikes
CL 327 Extension – IMTA nur in Verbindung mit CL 323


Frozen meat

… loss or damage …. from any variation temperature to

breakdown of refrigerating machinery resulting in its stoppage for a period pf not less than 24 consecutive hours or all risk

Duration

  begins from the time
… the goods pass in the and / or freezing chambers of the works…prior storing not more than 60 days …
wie Frozen Food A
of loading of the goods of overseas vessel
  continue (for example)
during the ordinary transit
coldstore at destination
  terminates
for transit to a destination in Europe, USA on the expiry of 30 days
other countries 5 days
wie Frozen Food A


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Gedruckte Bedingungsquellen Lager in Deutschland

Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Kühlgütern – A –, B –

– AB Kühl

– AB Kühl VDKL
Allgemeine Bedingungen für die Kühl-Haftpflichtversicherung AB Kühl H
Klausel für den Einschluss von Schäden durch Herabfallen von Gebäudeteilen
Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Waren in Tiefkühlanlagen
Allgemeine Bedingungen für die Versicherung von Kühlgütern – A –

– genannte Gefahren

– unter anderem:
  … Ammoniak oder andere Kältemedien, Nichtinnehaltung der für die Kaltlagerung vereinbarten Temperatur oder Luftfeuchtigkeit, Versagen oder Niederbrechen der maschinellen Kühleinrichtung des Kühlhauses, gleichviel aus welcher Ursache.
Allgemeine Bedingungen für die Kühl-Haftpflichtversicherung AB Kühl H
  – Versicherungsschutz nach den ABK Kühlhäuser


Niederbruch der Kühleinrichtung

Dieser Ausdruck ist eine gebräuchliche Formulierung, definiert als:

zusammenbrechen, zu Boden stürzen (Wahrig Wörterbuch)
Ausfall der Kühlanlage (OLG HH, 28.05.70)
Totalausfall der Kühlanlage (OLG HH, 27.04.89)
Ableitung vom englischen "Breakdown"

– to stop functioning because of breakage (Webster)

– to become inoperative or ineffective


Reichen die Gedruckten Bedingungen?


Beispiel von Sonderbedingungen für den temperaturgeführten Verkehr:

Die Kerntemperaturen der zu transportierenden Güter ist unmittelbar bei Übernahme der Ware vom Ablader und vom Fahrer gemeinsam zu messen und auf dem Frachtbrief zu vermerken.
Der Laderaum/Transportbehälter ist grundsätzlich vorzukühlen (bei Tiefkühlprodukten auf mindestens -18°C). Die Temperatur ist durch Messen zu ermitteln und im Frachtbrief zu vermerken.
Jeder Lkw, der im temperaturgeführten Verkehr eingesetzt wird, muss über ein eigenes Temperaturmessgerät mit digitaler Anzeige verfügen.
Die Angabe "Verladezeit"-Dauer muss im Frachtbrief eingetragen werden.
Der Lkw bzw. der Transportbehälter muss mit einem Transportschreiber ausgestattet sein.
Ein mobiles schreibendes Temperaturmessgerät ist im Laderaum im Türbereich anzubringen.
Jedes Beförderungsmittel muss eine gültiges ATP-Bescheinigung/ATP Zertifikat besitzen und ein entsprechendes Zulassungsschild ist außen an dem Lkw anzubringen.
Die Kühleinrichtungen der Lkw sind in regelmäßigen Wartungsintervallen von einem Sachverständigen oder einer Fachwerkstatt zu überprüfen. Das Ergebnis der Inspektionen und evt. Reparaturen ist einem Kontrollbuch festzuhalten, das stets im Lkw greifbar sein muss.
Es muss eine ausreichende Luftzirkulation im Laderaum des Lkw zwischen dem Ladungsgut und den Außenwänden sowie den Türen und dem Ladeboden bei sicherer Stauung des Ladungsgut gewährleistet sein.


Abschließende Frage: Haben wir unserem VN geholfen?





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