Der Faktor Mensch – das instabile Element?
Vortrag von Frau Dipl. Psych. Gaby Dubbert, Kriminalpsychologie/Kiel
und Herrn Polizeioberrat Dirk Keller, LKA Kiel



Inhaltsverzeichnis


 Einführung

 Der Faktor Mensch im Prozess "Sicherheit"

 "Gefahrenradar" – Schwachstelle Mitarbeiter

 Persönlichkeitsstörungen

 Risiko-Minimierung bei der Personalauswahl






Einführung

Zur Person: Frau Dipl.-Psych. Gaby Dubbert ist seit 20 Jahren in der Polizei- und Kriminalpsychologie tätig. Zu ihren Tätigkeitsfeldern gehören:

Rechtspsychologische Gutachten zur Prognose, Lockerung, Schuldfähigkeit
Polizeiliche Einsatzberatung und Ermittlungsunterstützung
Beratung und Fortbildung zum Umgang mit Kriminalitätsrisiken
Analysen für Versicherungsunternehmen bei Dubiosschäden, Fortbildung, Befragungsunterstützung
Briefing/Debriefing und Krisenintervention


Hauptmotiv für Raub, Diebstahl, Betrug usw. ist finanzielle Bereicherung. Schaut man genauer hin, lassen sich bestimmte Persönlichkeitsmerkmale der Täter wiederholt feststellen.

Die Kenntnis dieser Persönlichkeitsmerkmale ist für die Personalauswahl auch in der Transportwirtschaft wichtig. Durch eine entsprechende Gesprächsführung und das Registrieren bestimmter Auffälligkeiten können entsprechende Persönlichkeitsmerkmale im Vorfeld erkannt und das Risiko der Einstellung potentieller Täter verringert werden.


Herr Polizeioberrat Dirk Keller ist am Landeskriminalamt Schleswig-Holstein tätig. Zu seiner Vita gehören:

Abteilung 5: Einsatz- und Ermittlungsunterstützung / Spezialeinheiten
Nebenamtlich Dozent Eingriffsrecht FHVD (Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung)
Einsatzabschnittsleiter Tatobjekt; BAO (Besondere Aufbauorganisation) Geiselnahme für Schleswig-Holstein



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Der Faktor Mensch im Prozess "Sicherheit"

Die folgende Grafik betrachten den Faktor Mensch im Prozess "Sicherheit", dabei wird sehr viel ausgeblendet. Es gibt passive, aktive und neutrale Faktoren. Die Gewichtung hängt vom Einzelfall im jeweiligen Unternehmen ab.





Passive Faktoren sind u. a. Vorschriften und Regelungen auf Papier, die aber zunächst wertlos sind, wenn sie nicht vom Menschen umgesetzt bzw. beachtet werden.

Neutrale Faktoren wie Ausstattung und Technik können hohe Investitionskosten verursachen. Das nicht immer sinnvoll, bisweilen werden solche Anschaffungen aus u. a. Prestigegründen, Eitelkeit oder falschen Erwartungen getätigt. Zudem können die Vorteile moderner Technik durch Einarbeitungszeiten, neue Fehlerquellen oder Entmündigung konterkariert werden.

Aktive Faktoren beinhalten den Faktor Mensch. Hier ist der Punkt, wo man genauer hinschauen sollte.



Die testunterstützte Personalauswahl kann sehr sinnvoll sein. Mitarbeiter, die besonders an sensiblen Bereiche wie z. B. Schnittstellen oder in Kernbereichen eingesetzt werden sollen, sollten besonders geprüft werden. Ob man das diese Testverfahren für alle Personalbereiche durchhalten kann und muss, ist fraglich.



Zum Thema Unternehmensidentität und Betriebsklima gehört mehr als eine einheitliche Firmenkleidung o. ä. Der Mitarbeiter muss die Zielrichtung des Unternehmens kennen und das Unternehmen als Partner begreifen.

Die Sozialkontrolle im Arbeitsumfeld soll keine "Überwachung" darstellen, aber bestimmte Dinge können und müssen wahrgenommen werden.

Aktive Kriminalitätsvermeidung (Gefahrenradar): Die Mitarbeiter müssen von sich aus tätig werden. Dafür müssen Mitarbeiter geschult und motiviert werden.


Im Folgenden wird auf einige aktiven Faktoren näher eingegangen:

Aktive Faktoren: (Potential für abweichendes Verhalten)

Tatverdächtigenstruktur und Polizeiliche Kriminalstatistik
Fahrlässigkeit, Vorsatz, OK
Außentäter / Innentäter
Mitarbeiter / Hilfskräfte / Führungskräfte
Sozialkontrolle im Arbeitsumfeld (Abläufe, Fehltage, Krankheiten,
Erscheinungsbild [pos./neg.]  => Amok: Littleton vs. Winnenden


Polizeiliche Kriminalstatistik

Einen Einblick aus der Kriminalstatistik NRW 2007, Delikt Diebstahl ohne erschwerende Umstände, verdeutlicht diese Grafik:



Erkennbar ist ein schneller Anstieg dieses Kriminalitätsphänomens im jungen Erwachsenenalter, danach ein langsames Abfallen über das restliche Lebensalter. Der Peak bei „über 60 Jahre“ ergibt sich daraus, dass hier viele Lebensjahre bzw. Jahrzehnte zusammengefasst sind – im Wirklichkeit nehmen die Fälle mit zunehmendem Alter kontinuierlich ab. Die Grafik soll verdeutlichen, dass ein über viele Jahre beschäftigter Mitarbeiter durchaus Veränderungen in seinen kriminellen Neigungen zeigen kann, eine Neigung dazu aber über die Jahrzehnte anhält. Männliche Täter überwiegen.

Daher sollte das soziale Umfeld der Mitarbeiter und sein Verhalten im Betrieb stets im Auge behalten werden.


Fahrlässigkeit, Vorsatz, Organisierte Kriminalität (OK)

Die Pyramide in der folgenden Grafik müsste noch spitzer zulaufen. Es geht um die kriminelle Motivation und Ansätze hinsichtlich der Mitarbeiter in einem Betrieb, die von der Häufigkeit des Auftretens ganz unterschiedlich sind. Am häufigsten ist hier die Tatgelegenheit durch Fahrlässigkeit zu nennen, gefolgt von vorsätzlichen Taten und letzlich der organisierten Kriminalität.



Fahrlässigkeit ist oft der Grund für kriminelles Handeln. Dies kann bereits da beginnnen, wo kein ausreichendes Gefahrenradar durch aktive Kriminalitätsvermeidung stattfindet.

Beispiel: Geldtransportfahrer, die regelmäßig Geld von z. B. Supermärkten abholen, müssen nicht nur unfallfrei fahren und sich selbst samt ihrer Fracht vor Überfällen schützen, sondern auch das Umfeld betrachten (Außenbetrachtung). Dabei gilt es, u. a. auf wiederholt anwesende Personen zu achten, die nicht zum Supermarkt gehören oder ein auffälliges Verhalten zeigen. Viele Täter arbeiten nicht sehr professionell und können mit einem geschulten und wachsamen Auge im Vorfeld erkannt werden.

Die Sicherheitsbestimmungen müssen nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern auch gelebt werden. Hier ergeben sich sehr leicht eine Vielzahl von Nachlässigkeiten, so z. B. das Nicht-Abschließen eines Lkw oder das unbedarfte Reden außerhalb des Betriebes über Firmeninterna usw., die dadurch an Außentäter gelangen können.

Diese Fahrlässigkeit ist ein weites Feld, das nur schwer zu kontrollieren ist.


Vorsatz: Vorsätzlich handelt häufig ein Einzeltäter, der eine Tatgelegenheit erkennt und ausnutzt. Oft sind es Innentäter oder ehemalige Mitarbeiter oder Außentäter mit guten Kontakten zum Betrieb mit großem finanziellen Druck. Es können sich auch Pesonen zusammenschließen, um gemeinsam vorsätzlich eine Tat zu begehen. Auch hier benötigt der Täter Informationen über Betriebsabläufe.


Die Spitze der Pyramide stellt die organisierte Kriminalität dar. Die organisierte Kriminalität sucht u. a. gezielt nach Schwachstellen in einem Betrieb, z. B. nach Mitarbeitern, die in Geldnot sind, besonders labil sind, in bestimmten Milieus verkehren (Rotlicht, Spielhöllen, Drogenszene usw.) Diese werden dann zur Informationsbeschaffung und/oder als Handlanger ausgenutzt.

Seltener findet auch das gezielte Einschleusen von Tätern in ein Unternehmen statt. Dies kommt am ehesten in Waffenunternehmen vor. In hochsensiblen Betrieben (Kernkraft u. ä.) sind die Sicherheitsmaßnahmen i. d. R. sehr hoch. Außerdem muss das Verhältnis von Aufwand und Nutzen für die Täter sinnvoll sein. Niemand lässt sich für mehrere Jahre in einem Unternehmen einschleusen, um sich dann mit ein paar Tausend Euro zu bereichern.


Außentäter / Innentäter

Innen- und Außentäter weisen zahlreiche Unterschiede bzgl. ihrer kriminellen Möglichkeiten auf. Als Unternehmensmitabeiter ist der Innentäter meist sehr unauffällig und in seinem Aufgabenfeld oft sehr gut. Für den Außentäter, der i. d. R. unternehmensfremd ist, ergeben sich ganz andere Probleme. Die wesentlichen Unterschiede sind in dieser Abbildung gegenübergestellt:



Innentäter können bisweilen durch ihr Arbeitsumfeld zu kriminellen Handlungen verführt werden. Wer z. B. ständig als Fahrer eines Geldtransports oder als Kassierer mit großen Bargeldbeständen zu tun hat, wird sicherlich auch mal darüber nachdenken, ob und ggf. wie es evt. möglich wäre, hier etwas zu entwenden. Außentäter müssen solche Tatgelegenheiten aktiv suchen.

Außentäter nutzen häufig Informationen, die leichtfertig von Personen aus dem Bekanntenkreis oder sogar aus dem familiären Umfeld herausgegeben werden – meist ohne jegliche böse Absicht.

Der Innentäter ist potentiell im Vorteil. Daher ist eine Sozialkontrolle im Arbeitsumfeld sehr wichtig.


Mitarbeiter / Hilfskräfte / Führungskräfte

Alle „hierarchischen Schichten“ in einem Unternehmen können zu kriminellen Handlungen neigen – das betrifft sowohl „normale“ Mitarbeiter als auch Hilfskräfte und Führungskräfte.


Sozialkontrolle im Arbeitsumfeld (Abläufe, Fehltage, Krankheiten)

Diese ist wichtig, um evt. Anzeichen eines kritischen Verhaltens im Voraus erkennen zu können.


Erscheinungsbild (pos./neg.) -> Amok: Littleton vs. Winnenden

In Littleton (USA) war der Amoklauf zuvor offenkundig – die Täter haben zuvor in einem Projekt Videos gedreht, in denen das Töten anderer Menschen (der schönen, reichen und sportlichen) dargestellt wurde. In Winnenden war dies nicht der Fall. Solche Taten können durchaus aus heiterem Himmel geschehen – nicht immer gibt es Frühwarnzeichen bzw. sind diese erkennbar.



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"Gefahrenradar" – Schwachstelle Mitarbeiter


Sicherheitslücken aufgrund von Routinefehlern (Beispiel: Die Bewachung von Objekten, bei denen jahrelang nichts passiert und die Aufmerksamkeit des Wachpersonals daher nachlässt.)
Sensible Daten werden im privaten Kontext kommuniziert
"Social Engineering": Ausnützen von Gutartigkeit/Naivität durch kriminell motivierte Kontaktaufnahme. (z. B. besteht bei Mitarbeiter/innen von Vorstandssekretariaten häufig die Gefahr, dass sie von geschickt agierenden und charmant aufretenden Tätern privat kontaktiert und ausgehorcht werden.)
Verführbarkeit: "Wieviel Geld in welcher Zeit würde Ihre Probleme lösen?"


Wie kann man vermeiden, dass unintegre bzw. zu kriminellen Taten neigende Personen in einem Unternehmen eingestellt werden?

Eine Möglichkeit ist, sich selbst die Situation eines solchen "Bewerbers" hineinzuversetzen und zu überlegen, wie dieser vorgehen würde (Stichwort Perspektivenwechsel).

Stellen Sie sich vor, Sie hätten diesen (fiktiven) Lebenslauf einer nicht integeren Person:

Sie sind 30 Jahre alt und ganz "smart"
Sie haben überwiegend mittelmäßige bis schlechte Zeugnisse
Sie werden gerade von Ihrem Arbeitgeber "weggelobt" und er will Ihnen ein gutes Zeugnis ausstellen
Sie haben – Ihrer Meinung nach – zu wenig Gehalt bekommen und ab und zu etwas aus der Firma mitgehen lassen
Sie haben verschiedene Ausbildungen angefangen, längere Arbeitslosenzeiten und eine Ausbildung abgeschlossen
Sie haben des Öfteren den Ort (wie auch den Partner) gewechselt
Sie haben es in verschiedenen Berufen und Firmen probiert und ein Zeugnis manipuliert
Sie haben eine Vorstrafe wegen eines Verkehrsdelikts
Sie sind "chronisch klamm"
Sie erleben sich unterschätzt und halten viel von sich
Sie können gut auftreten und reden
Nun sind Sie zum Vorstellungsgespräch eingeladen


Wie würde sich jmd. mit solch einer Vita "verkaufen" und welchen Eindruck möchte man machen? Wie würde man dabei vorgehen? (Auch unter Berücksichtigung der formale Seite, z. B. Zeugnisse)

Setzt man sich als Arbeitgeber/Personalchef in die Lage eines solchen Bewerbers, kann man evt. schon bestimmte Vorgehensweisen und "Tricks" erkennen.


"Innentäter" – Schwachstelle Bewerbung

Es ist heute sehr einfach, Zeugnisse, Referenzen und andere Dokumente zu fälschen oder zu manipulieren. Daher ist eine Überprüfung angeraten.

Diese Punkte werden im Bewerbungsverlauf oft nicht überprüft:

Angaben, deren Überprüfung zeitaufwändig ist
Referenzen
Unspezifisch gehaltene Zeugnisse
Angabe vieler Berufsstränge/Tätigkeiten/Interessen
Plausibilitätsmängel (z. B.: Warum hat jmd. eine angebliche "Top-Arbeitsstelle" verlassen)
Überdurchschnittlichkeit in vielen Leistungen
Besondere (fragwürdige) Titel, Abschlüsse, Qualifikationen


Ist eine Person, die sich mit so einer gefälschten bzw. "frisierten" Vita bewirbt, zudem intelligent, eloquent und sympathisch, kann sie oftmals weit kommen, wenn niemand die Vorgeschichte oder die Unterlagen in Frage stellt. Ein vertieftes und unerwartetes Nachfragen z. B. zu den angeblich besuchten Schulen / Hochschulen / Instituten kann Unsicherheit erzeugen und bestenfalls Unwahrheiten aufdecken. Von Zeugnissen, Abschlüssen oder Titeln sollten Originale eingefordert, bzw. eingesehen werden.


"Innentäter" – Schwachstelle Auffälligkeiten im Arbeitsverlauf

Ist so eine Person erst einmal Mitarbeiter im Unternehmen geworden, besteht immer noch die Möglichkeit, bestimmte Auffälligkeiten und typische Verhaltensweisen zu erkennen. Diese Punkte können und sollten überprüft werden:

Passt der Lebensstil zum Einkommen? (z. B. teures Auto, diffuse Erklärungen dazu)
Konflikthäufungen (beruflich und privat)
Auffällige Verhaltensveränderungen
Anzeichen einer Suchtproblematik
Vermehrte Krank- und Fehlzeiten
Ansprüchlichkeit und Reaktanz (ein sozialpsychologisches Handlungsmotiv, das neben potenziellen Störungsakzentuierungen auch als Abwehrreaktion auf psychischen Druck verstanden werden kann)


Wichtig ist dehalb die Sensibilisierung der Mitarbeiter (Thema: Betriebsklima).


Was sind die Kennzeichen für Integrität?

Lehrstuhl f. Psychologie, Uni Hohenheim (Stichproben insgesamt 24.555 Teilnehmer)

Integrität ist eine stabile Eigenschaft über die Zeit (man hat sie oder hat sie nicht) … und über Gelegenheiten. (d. h., sie würden auch günstige Gelegenheiten nicht ausnutzen.)
Glauben in Vertrauen und Verlässlichkeit Anderer (bis hin zur Naivität)
Keine Beschäftigung mit unintegrem Verhalten (integre Absichten)
Verzicht auf Rechtfertigungen
Tiefergehendes Interesse an anderen Personen
Friedfertigkeit, verträgliches Verhalten
Gelassenheit (kein überstürztes Verhalten)
Zuverlässigkeit (gewissenhaft und vorausblickend)
Gefahrenvermeidung
  (Andere Studien fokussieren die Begriffe Loyalität und Ethik)


Welche Gemeinsamkeiten hat die Integrität mit im Arbeitskontext erwünschten Eigenschaften?

Integrität weist eine geringe Korrelation auf mit:

– kognitiven Fähigkeiten
– technisch-mechanischem Verständnis

Arbeitsqualität ist nicht gleich Integrität!
(üblicherweise ein Hauptthema…)

Integrität weist eine mäßige Korrelation auf mit:

– sozialer Kompetenz

(Problem: soziale Kompetenz kommt sehr gut an…)

Integrität weist eine hohe Korrelation auf mit:

– berufsbezogener Gewissenhaftigkeit
– Leistungsmotivation

(Das zeigt sich oft erst später…)

Wenn der Mitarbeiter auffällt: Verdacht auf Persönlichkeitsstörung / abweichendes Verhalten?

Vorsicht: Nicht alle persönlichkeitsgestörten Menschen werden kriminell!
Aber viele kriminelle Menschen haben Störungsakzentuierungen!



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Persönlichkeitsstörungen

Was sind Persönlichkeitsstörungen? (Die Charakteristika sind abhängig von der Kultur)

Menschen mit Persönlichkeitsstörungen sind oft macht- und statusorientiert und möchten Karriere machen. (Bankmanager, Politiker u. ä.)

Persönlichkeitsstörungen zeigen oft einen frühen Beginn im Leben, meist stabiler Verlauf (Mischung aus Veranlagung und ungünstigen Sozialisationsbedingungen) – z. B. Neigung zu Lügen oder Aggressivität schon in früher Kindheit
Auffälligkeiten sind stark ausgeprägt
Sie beeinträchtigen nachhaltig die soziale Funktionsfähigkeit (z. B. Konflikt- und Stressverhalten)
Konflikte treten wiederholt auf
Es besteht oft mangelnde Störungseinsicht (wird nicht als selbst verursacht angesehen, sondern Rechtfertigung) "Therapieresistenz"
Es sind Extrem-Ausprägungen normalpsychologischer Erscheinungsformen


Häufig auffällig sind in diesem Themenfeld die narzisstische Störungen.


gemäß DSM-IV-R/ ICD-10:
(aus fachlich-psycholgischer Sicht)
Erkennbarkeit im Alltag
Narzisstische Störungen

Gefühl der eigenen Wichtigkeit und Bedeutung Arroganz, keine selbstkritische Distanz, dagegen wenig Fehlertoleranz bei anderen
Phantasien von Erfolg und Macht Selbstbedienungsmentalität als Anspruch
Erwartet ständig Anerkennung, bevorzugte Behandlung und Eingehen auf Bedürfnisse Erzeugt Konflikte (Mobbingopfer/ Vorwürfe)
    latente Unzufriedenheit
Betonung eigener Fähigkeiten ohne beobachtbare entsprechende Leistungen "Peter-Prinzip" (In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.)
Nutzt andere aus, um eigene Ziele zu erreichen Ständige Beziehungsprobleme
    Missachtung der Gefühle Anderer
Kaum Einfühlungsvermögen Umgibt sich mit "Hinguckern"
Starker sozialer Neid Aufwändiger Lebensstil
Finanzielle Probleme
    Interesse an Luxus und Statussymbolen
Überempfindlichkeit bei Kritik Nicht konfliktfähig oder kommunikationsbereit
    Neigt zu Rechtfertigungen
"Neutralisationstechniken"
Selbstwertgefühl ist störanfällig Empfindlichkeit, Humorlosigkeit, Suchtneigung, Ausweichen
Ausgeprägte Kränkbarkeit Bei Kränkung narzisstische Wut
(Stalking, Amok…)
Antisoziale Störungen

wiederholte Delinquenz mangels Fähigkeit, sich gesellschaftlichen Normen anzupassen Subkulturelle Sozialisation, keine Integration, "gewohnheitskriminell"
Missachtung der eigenen Sicherheit bzw. der anderer Personen Übertreten von Grenzen und Vorschriften aller Art (keinerlei Akzeptanz von Regeln)
    Sucht persönlichen Vorteil oder Vergnügen
    Interesse an Luxus und Statussymbolen, finanzielle Probleme
Verantwortungslosigkeit keine dauerhaften Tätigkeiten oder Beziehungen
Rücksichtsloses Durchsetzen eigener Ziele "kalte" Gewaltbereitschaft
(emotionslos, skrupellos)
Reizbarkeit und Aggressivität Neigung zur Körperverletzung
Impulsivität, Mangel an vorausschauendem Planen Keine Ausdauer, mindere Arbeitsqualität, viele Abbrüche
fehlende Reue und Schuldgefühle Rechtfertigungen
mangelnde Selbstkritik "Neutralisationstechniken":
Abtretung von Verantwortung und Schuld an Andere
Hohe Risikobereitschaft gepaart mit einem Mangel an Angst "Kein Stress, keine Skrupel"
(ist genetisch veranlagt)
Häufig gesundheitliche u. soziale Probleme Suchtneigung, Unfälle, Verletzungen


Sonderform: "Psychopathy" (nach Robert Hare)

Der "charmante" Typ:


Betrügerisch und manipulativ
Interesse an Menschen rein strategisch
Erspürt Defizite und Bedürfnisse Anderer
Hohe soziale Kompetenz
Einschmeichelnd und erfolgreich in der Kontaktaufnahme
Interesse an Statussymbolen, Status, Ansehen, Geld
Pläne längerfristig angelegt, aber häufige Brüche/Ortswechsel…
Hohe Stresstoleranz, keine Ängste
Wenig Frustrationstoleranz
Häufig kombiniert mit Alkohol- und Drogenmissbrauch, Sucht
Häufige Straftatentypen: Hochstapelei, Betrug, Diebstahl, Gewalt


Sonderform Maniker: "Volle Kraft voraus"


"Die Welt ist bunt und ein Selbstbedienungsladen"
Häufig übermäßige Energie, wenig Schlafbedürfnis
Hoher Arbeitseifer, nicht zielführend oder organisiert
Redet viel, kann nicht zuhören, wertet Andere ab
Strebt Führungspositionen an
Arbeitet ständig an neuen Ideen, das Gewohnte ist profan
Kein Risikobewusstsein, glaubt an große Erfolge
Neigt dazu, sich (und andere) zu verschulden

Kann psychiatrisch krankheitswertig werden



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Risiko-Minimierung bei der Personalauswahl

Was kann man zur Risiko-Minimierung bei der Personalauswahl tun?


  1. Gerade im Rahmen eines verhältnismäßig kurzen Gesprächskontaktes sollte man vertieft nachfragen. (Warum viele Abbrüche oder Wechsel…)

    Durch unerwartetes Nachfragen wird eine glatte Fassade und antrainiertes "sozial erwünschtes" Verhalten erschwert.

    Die beste Legende leidet, wenn man inhaltlich improvisieren muss!

    Erkunden sollte man:


Ursachenzuschreibungen / warum Wechsel / welche Erfahrungen …
Herausfinden, wie Verhalten Anderer erklärt wird, dabei zirkuläre Techniken anwenden (Stellen Sie sich mal vor, …)
Hinterfragen, wie jemand mit Konflikten umgeht
Erwartungshaltungen erkunden
Doppelte Buchführung: "Argloses" Ansprechen der "Auffälligkeiten" in den Unterlagen, dabei im Hinterkopf Zweifel und Skepsis behalten
Paradoxe Intervention ("Sie sind ja für uns ein Sechser im Lotto…")


  1. Daten und Fakten ermitteln, z. B.:

Dokumente und Originale einfordern
Rückfragen ankündigen


Was im persönlichen Kontakt auffallen kann:


Underperformance oder Übertreibung
"fishing for compliments"
Anbiederung
Unangemessene Distanzen
Keine Nervosität
Zu viel Selbstsicherheit ("Klotzen statt Kleckern")
Auf alle Fragen vorbereitet, schlagfertig, intelligent (genau das sucht man manchmal…)
Erzeugt intuitiv ein ungutes Gefühl
Erklärt Probleme / Wechsel als von außen verursacht
Wertet andere (Unternehmen) ab
Hat hohe Erwartungen
Hat idealisierte Vorstellungen


Es bleibt problematisch:


  1. Personalauswahl: Eine gründliche Analyse der "Vorgeschichte" und der Gesprächsinhalte ist aufwändig, aber aussagekräftiger als eine "Kompetenzanalyse"!

  2. Problemfälle können auch bei professionellen Recruiting-Verfahren durchrutschen

  3. Billiglöhner und Zeitarbeitskräfte generieren ein nachhaltig hohes Risiko

  4. Problem Fahrlässigkeit/Routine/Gelegenheit: Mitarbeiter über Risiken zu informieren und in die Pflicht zu nehmen, ist ein Dauerthema

  5. Gegen geschickt agierende organisierte kriminelle Profis ist Prävention zeit- und kostenaufwändig


"Bunter Strauß" zur Risikoverringerung: Führungskräfte sind in der Pflicht!

Unter die Punkte "Hardware", "Aufklärung und Fortbildung", "Personalauswahl", "Unternehmenskultur" und "Kommunikationsstrategien" lassen sich diese Maßnahmen einordnen:

Allgemeine Maßnahmen der Kriminalprävention im Unternehmen (Hardware)
Sensibilisierung für die Unternehmenssicherheit (Aufklärung und Fortbildung)
Das Unternehmen als Tatort und Opfer von kriminellen Handlungen (Aufklärung und Fortbildung)
Tatbegehungsweisen, Erscheinungsformen innerbetrieblicher Kriminalität, ereignisbezogene Anhaltspunkte (Aufklärung und Fortbildung)
Anzeichen zur Erkennung bevorstehender oder stattfindender krimineller Handlungen (Aufklärung und Fortbildung, Unternehmenskultur)
Biografiebrüche, kritische Persönlichkeits- und Charaktermerkmale (Personalauswahl)
Erkennbarkeit und Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten bei Mitarbeitern
Schwierige Lebensphasen und -situationen als Tatmotiv (Personalauswahl, Unternehmenskultur)
Kommunikation mit schwierigen Mitarbeitern (Kommunikationsstrategien)
Verhalten bei konkretem Verdacht (Kommunikationsstrategien)
Überforderung / Unterforderung von Mitarbeitern (Unternehmenskultur)
Verhaltensmaßregeln zur Risikovermeidung bzw. Risikoverringerung, Gefahrenradar (Aufklärung und Fortbildung)
Entsprechende regelmäßige Überprüfungen (Unternehmenskultur)




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