Sauerstoffreduktionsanlagen in Kunstlägern

Vortrag von Frau Dr. Claudia Rexfort, VdS Schadenverhütung GmbH, Köln



Inhaltsverzeichnis


 VdS Schadenverhütung

 Sauerstoffreduzierungsanlagen

 Wirksamkeit und Zuverlässigkeit

 Personenschutz

 Vergleich Sauerstoffreduzierungsanlage – Gaslöschanlage

 Zusammenfassung







VdS Schadenverhütung


Der VdS prüft und zertifiziert Produkte und Dienstleister des Sicherheitsmarktes
Kompetenzfelder:

– Brandschutz
– Security
– Elektrotechnik
– Management- und Informationssysteme


VdS – Arbeitsgebiete:

Prüfung von Brandschutzanlagen vor Ort
Prüfung und Zertifizierung von Produkten
Zertifizierung von Dienstleistern, Fachkräften und Managementsystemen
Die Schulungsabteilung des VdS bietet Lehrgänge, Fachtagungen und Publikationen an
Informationssysteme für Wetterdaten, Sach- und Haftpflichtrisiken




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Sauerstoffreduzierungsanlagen

Brandschutz durch Sauerstoffreduzierung

Wie funktionieren Sauerstoffreduzierungsanlagen?


Die Grundidee besteht darin, den Sauerstoffgehalt so weit abzusenken, dass

es nicht mehr brennen kann und
der Raum zumindest kurzzeitig noch begehbar ist.


Dies wird durch Einleiten von Stickstoff (oder sauerstoffreduzierter Luft) in den Schutzbereich bei ständiger Überwachung des Sauerstoffgehalts im Schutzbereich erreicht.

Stickstoff hat den Vorteil, dass es in der Atemluft enthalten und nicht toxisch ist.


Aufbau und Bestandteile einer Sauerstoffreduzierungsanlage

Mess-, Steuer- und Regeleinrichtung für die Sauerstoffkonzentration mit

– mindestens 2 Sauerstoffsensoren, die permanent arbeiten und
– einer Zentrale für Auswertung und Steuerungen
Stickstoffversorgung durch

– Stickstoffgenerator oder
– Luftzerlegungsanlage
Bereichsventile (ggf.)
Alarmierungseinrichtungen

(bei nicht genügend niedrigem Sauerstoffgehalt kann es immer noch zu einem Brand kommen, bei zu niedrigem Sauerstoffgehalt können Personen gefährdet werden)
Brandmeldeanlage

(Pyrolyse oder Glutbrand sind nicht ausgeschlossen)


Anwendungsbereich und -grenzen dieser Anlagen

Einsatz, wenn konventionelle Löschanlagen keine optimale Lösung darstellen (z. B. Tiefkühllager, EDV-Räume)
Für spezielle Schutzgüter, z. B. rauchempfindliche Güter
Voraussetzung: dichte Raumhülle!

Dies hat Folgen für die Gebäudekonstruktion und die Anzahl der Begehungen / Beschickung.
Der Personenschutz muss beachtet werden! (z. B. keine ständigen Arbeitsplätze in Räumen mit Sauerstoffreduzierungsanlagen)

→ Festlegung durch zuständige Stellen (z. B. auf Basis der Stellungnahme des AK Feuerschutz der BG vom Januar 2005 oder LASI-Leitfaden vom April 2005)




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Wirksamkeit und Zuverlässigkeit

Integrales Konzept für Zuverlässigkeit und Wirksamkeit

Das Konzept wird in dieser Grafik dargestellt:



Anerkannte Produkte und Systeme wurden vom VdS im Labor geprüft.

Anerkannte Errichter müssen das nötige Wissen und die notwendige Ausstattung haben, um solche Anlagen herzustellen, zu warten und ggf. Störungen schnell zu beheben.

In Planungs- und Einbaurichtlinien werden Randbedingungen gefordert für den Aufbau der Anlagen und auch für Wartungszyklen usw.

Abnahme- und Wiederholungsprüfungen stellen das Einhalten dieser Anforderungen sicher.


Wirksamkeit und Zuverlässigkeit der Anlage

Ermittlung von Entzündungsgrenzen von den Materialien, die sich in den zu schützenden Räumen befinden. Das Ziel ist ein möglichst hoher Sauerstoffgehalt, bei dem die Materialien jedoch nicht mehr brennen (können).
Zur Anlage gehört ein Produkthandbuch, in dem die Details des Systems beschrieben werden.
Die bestandene Bauteil- und Systemprüfung führt zur Bauteil und- Systemanerkennung
VdS 3527 – Planungs- und Einbaurichtlinie
Dokumentation Notfallkonzept (anlagenspezifisch)
Errichteranerkennung
Personenschutzaspekte (anlagenspezifisch)

 
Beurteilung des Gesamtkonzeptes bei VdS – Abnahme


VdS – Richtlinie VdS 3527

Diese VdS – Richtlinie gilt für Inertisierungs- und Sauerstoffreduzierungsanlagen sowie deren Planung und Einbau.

Geltungsbereich:
Inertisierung zum vorbeugenden Explosionsschutz (kontinuierlich, im Bedarfsfall)
Sauerstoffreduzierung zum Brandschutz (kontinuierlich)
Ziel:
Mit einer Sauerstoffreduzierungsanlage soll das gleiche Schutzniveau (Wirksamkeit und Zuverlässigkeit) erreicht werden wie mit einer konventionellen Löschanlage.


Regelung der Sauerstoffkonzentration

Das Prinzip einer solchen Steuerung wird durch diese Abbildung verdeutlicht:



Die Grenzkonzentration wurde zunächst in Versuchen ermittelt. Unterhalb dieser Sauerstoff-Grenzkonzentration brennt das untersuchte Material nicht mehr. Dazu wird ein Sicherheitspuffer angesetzt von mindestens 1 Vol% Sauerstoff. Bei Überschreitung dieses Wertes gilt der Brandschutz als aufgehoben. Hinzu kommt ein weiterer Sicherheitszuschlag, der die objektspezifischen Gegebenheiten wie Raum-Dichtheit und das Notfallkonzept berücksichtigt.

Liegt der gemessene Sauerstoffgehalt über diesem Wert (Sauerstoff-Grenzkonzentration abzüglich Sicherheitspuffer 1 Vol% und abzüglich objektspezifischem Sicherheitszuschlag), wird ein Alarm ausgelöst. Dieser besagt, dass der Brandschutz nicht mehr gewährleistet werden kann. Ggf. kann zudem ein Voralarm eingerichtet werden.

Um den Sollwert für den Konzentrationsregler ist ein Regelbereich festgelegt, da das Nachregeln des Sauerstoffkonzentration, z. B. nach Öffnen einer Tür, einen gewissen zeitlichen Verzug hat.

Der O2-Alarm als Personenschutz signalisiert, dass der Sauerstoffgehalt so gering ist, dass entsprechend den Anforderungen an den Personenschutz Personen ohne Atemgerät den Raum nicht betreten dürfen.


Ermittlung der Grenzkonzentration

Für jede Brandlast müssen solche Versuche durchgeführt werden.

Folgende Einflussfaktoren sind dabei zu nennen:

Art und Anordnung des brennbaren Materials (Feststoff, Flüssigkeit usw.)
Zündenergie / Zündquelle
Angestrebte Sauerstoffkonzentration

Versuchsmethode:

Beschreibung in VdS 3527
Eignung und Reproduzierbarkeit in zahlreichen Versuchen mit verschiedenen Materialien (Feststoffe, Flüssigkeiten) bestätigt
Keine andere für den vorliegenden Anwendungsfall geeigneten standardisierten Versuchsmethoden verfügbar


Die folgenden Abbildungen zeigen den Versuchsaufbau zur Ermittlung der Grenzkonzentration für Flüssigkeiten.

Der Versuchsaufbau wird in einer sauerstoffreduzierten Atmosphäre eingerichtet. Die Flüssigkeiten werden in verschiedene Behälter (Metallschalen) eingefüllt. Temperatur und Sauerstoffgehalt werden kontinuierlich gemessen.



Die Flüssigkeiten werden dann mit einem Acetylen-Brenner angezündet. Dieser brennt trotz der sauerstoffreduzierten Atmosphäre, weil er seinen eigenen Sauerstoff "mitbringt". Wird die Flamme des Brenners entfernt, darf die Flüssigkeit nicht mehr brennen – sonst ist der Sauerstoffgehalt (noch) zu hoch.



Die folgende Tabelle listet einige Grenzkonzentrationen für verschiedene Materialien auf. Die Entzündungsgrenze stellt den im Versuch ermittelten Wert dar, die Auslegungskonzentration beinhaltet den Sicherheitspuffer von 1  Vol%. Mit diesem Wert wird die Anlage in der Praxis betrieben. Die Tabelle zeigt, dass die Sauerstoffkonzentrationen meist nur wenige Prozent unter der der Atemluft liegen (21%).


Material Entzündungsgrenze Auslegungskonzentration
Xylon 14,7 13,7
Ethanol 12,8 11,8
PMMA 15,9 14,9
PVC (Kabel) 16,9 15,9
Fichtenholz (Palettenholz, unbehandelt) 17,0 16,0
Wellpappe (Verpackungsmaterial, braun, unbehandelt, unbedruckt) 15,0 14,0
Papier (Schreibpapier, 80g/m², weiß, unbehandelt) 14,1 13,1


Die Materialen sind z. T. genauer beschrieben. Der Wert für Fichtenholz (Zeile 4) gilt nur für unbehandeltes Palettenholz. Bei z. B. geöltem Fichtenholz kann dieser Wert ganz anders ausfallen. Es muss daher darauf geachtet werden, dass für jedes spezielle Material ein eigener Versuch durchgeführt wird.




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Personenschutz

Hierzu gibt es zwei Papiere:

  1. Die Stellungnahme des AK Feuerschutz der BG vom Januar 2005
  2. Die Handlungsanleitung des LV 38 (LASI-Leitfaden vom April 2005)

Beiden Papieren ist gemeinsam, dass ab 17 Vol% Räume als nicht mehr frei begehbar gelten. Es dürfen keine Dauerarbeitsplätze im Sinne der Arbeitsstättenverordnung eingerichtet werden. Personen, die diese Räume betreten, müssen entsprechend unterwiesen werden. Diese Personen müssen eine entsprechende medizinische Untersuchung bestanden haben. Es muss sichergestellt sein, dass nur solche Personen die Räume betreten können.

Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass der AK Feuerschutz eine Begehung des Schutzbereiches ohne unabhängige Atemluftversorgung bis 13 Vol% erlaubt. Die LASI nennt hierfür 15 Vol% als Grenzwert.




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Vergleich Sauerstoffreduzierungsanlage – Gaslöschanlage

Bei Gaslöschanlagen kommen folgende Gase zum Einsatz:

CO2
Inertgase (Stickstoff, Argon, Gemische)
Halogenierte Kohlenwasserstoffe (chemische Löschgase)

Die gängigen Wasserlöschanlagen sind entweder

Sprinkleranlagen
Feinsprühlöschanlagen

Diese Tabelle stellt die grundlegenden Unterschiede zwischen Sauerstoffreduzierungsanlagen und Gaslöschanlagen gegenüber:


Sauerstoffreduzierung Gaslöschanlage
Prinzip
Brandvermeidungsanlage Löschanlage
Raumdichtigkeit
ständig, zum Erhalt der sauerstoffreduzierten Atmosphäre bei Auslösung, zum Aufbau und Erhalt der Löschkonzentration
Überdruck
geringe, langsame Druckerhöhung Druckentlastungsklappen
Personenschutz
Anhängig von der Sauerstoffkonzentration Abhängig von Löschgas und von der Konzentration
Herstellung normaler Atmosphäre (21 Vol% O2) / Entsorgung Löschgas
Lüften des Raums z. B. durch Öffnen der Türen Je nach Löschgas, Lüften, Freimessen


Je nach Situation und individuellem Bedarf muss entschieden werden, welche Brandschutzlösung die geeignete ist.


Schutz von Kunstlagern

Dazu sollten folgende Fragen zum Schutzbereich bedacht werden:

Wie groß ist die Gefahr der Beschädigung durch Brandrauch, Pyroylsegase?
Welches ist das kritischste eingelagerte Material?
Ist eine Bestimmung der Entzündungsgrenzen notwendig?
Personenschutz: Welche Anforderungen gelten?
Erfordert der Arbeitsplatz den Aufenthalt von Personen?
Wie ist es um die Dichtigkeit des Raums bestellt?
… ?



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Zusammenfassung

Sauerstoffreduzierungsanlagen ergänzen die technischen Möglichkeiten im Brandschutz:

Wenn konventionelle Anlagen keine ideale Lösung darstellen
Für spezifische Schutzziele, für bestimmte Anwendungsfälle
Anwendungsgrenzen (Raumdichtigkeit, Personenschutz)
Aktueller Stand der Technik ist die VdS 3527

Schutzwert:

Abhängig von Konzentration, Anlagentechnik und Gesamtkonzept





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