Foto des Monats – Oktober 2020
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Und ewig grüßt die Niederzurrung!


Foto des Monats - Oktober 2020

Abbildung 1  [Ortspolizeibehörde Bremerhaven]

Es war einmal in Deutschlands Norden. Dort fuhr ein SKfz um eine Kurve. Die Fahrbahn war mit ein paar Spurrillen nicht mehr im allerbesten Zustand, was die Ladung veranlasste, sich den Grund für die Unbequemlichkeiten beim Transport näher anzusehen. Die Klapprunge war schon ganz geknickt, die Plane hat sich hängen lassen, und die Dachbalken haben einen Bauch bekommen. Auch wenn viel Aluminium im Spiel war, ein neuer kleiner Auflieger wurde hier aber nicht geboren.


Foto des Monats - Oktober 2020

Abbildung 2  [Ortspolizeibehörde Bremerhaven]

Es kam wie es kommen musste, von der anderen Seite gesehen begrüßte uns „unsere“ Niederzurrung. Nur um es klar zu sagen, die Niederzurrung ist ein lausiges Ladungssicherungsarrangement, aber in vielen Fällen kennen wir keine bessere Ladungssicherungskombination. Aber, man muss die Sicherung und ihre Wirkweise auch verstehen. Die Niederzurrung ist keine Sicherung gegen Wegfliegen nach oben, sondern durch sie wird die Ladung künstlich schwerer. Dadurch ergibt sich mehr Reibung auf der Ladefläche, und was sehr wichtig ist auch zwischen den einzelnen Ladungsteilen.


Foto des Monats - Oktober 2020

Abbildung 3  [Ortspolizeibehörde Bremerhaven]

Das Fahrzeug hat Reifen, mit einer Haftung und Reibung, an der seit Jahrzehnten geforscht wird. Die Ladung kommt, wenn sie Glück hat, aber in Holzschuhen, wie in diesem Fall daher. Ein Teil der Ladung ist aber nur, wie ein Fisch auf dem Wochenmarkt, in Papier eingeschlagen. Da wundert es doch keinen, dass das genau die Schwachstelle war, an der dieser Unfall seinen Ursprung hatte. Immerhin wurden hier Aluminiumblöcke mit mehreren Tonnen Masse übereinandergestapelt. Der eine in einer Holzkiste, der andere in Papier, dann wieder einer in Holz und so weiter. Davon abgesehen, dass die ganze Ladungssicherung per se eine Katastrophe war, auch wenn alle Alu-Blöcke in Holzkisten verpackt gewesen wären, fliegt uns bei so viel Gleichgültig- und Gedankenlosigkeit der Draht aus der Mütze. Der Fahrer steht nach dem Unfall wie ein begossener Pudel daneben. Wir aber fragen uns, wer ihn, der offensichtlich von der Ladungssicherung, wenn überhaupt, nur in geringem Maße gehört hat, so auf die Straße schickt. Gnadenlos unverantwortlich ist noch geprahlt.

Was wir nicht näher betrachtet haben, ist die Tatsache, dass das unterste Packet recht kurze Unterleger hat. Bei einer Ladungshöhe von fünf Paketen könnten wir schon in die Nähe der Kippgefahr kommen, dafür fehlen uns aber die Abmessungen, daher lassen wir dieses Thema heute aus.


Foto des Monats - Oktober 2020

Abbildung 4  [Ortspolizeibehörde Bremerhaven]

Das die in Papier verpackten Alublöcke die Gurte wie ein Messer zerschneiden würden, war klar und wurde auch bewiesen. Obwohl auf der Abb. 3 ein Kantenschutz auf der Ladefläche liegt…Aber bei soooo viel Bewegung bleibt der Kantenschutz natürlich nicht dort wo er seinen Job machen sollte.


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Abbildung 5  [Ortspolizeibehörde Bremerhaven]

Und noch ein Schmankerl für die Transportversicherer unter unseren Lesern. Wie unschwer zu erkennen trägt jedes Holzteil, dass hier verarbeitet wurde, einen IPPC Stempel mit dem Kürzel HT (Heat treated). Wird diese Ladung in die USA verschifft, wird sie bei Kontrollen rigoros abgelehnt, da die Hölzer großflächig Rinde tragen. Seit Jahren ist bekannt, dass die kleinsten Anhaftungen von Rinde, eine Ameise auf oder in der Ladung, oder ein Wurmloch im Holz, zur Ablehnung ganzer Ladungen führt. Ob derartiges Vorgehen politisch motiviert ist oder nicht, steht hier nicht zu Debatte. Es ist ein Fakt, dass dies die Transportversicherer schon Millionen gekostet hat und in der Brache seit Jahren bekannt ist. Wie man als Verpacker dann doch auf den Trichter kommen kann, die Ladung weiter „stumpf“ mit Hölzern zu verpacken, an denen noch Rinde anhaftet, ist uns mehr als schleierhaft.

Ladungssicherung:

Zurück zu unserem Thema!

Auf der Abb. 2 sieht man unsere lieben Niederzurrungen. Bei manchen Ladungsstapeln nur eine einzige. Bei einer Reibung von μ=0,3 (wegen der Anhaftung von Rinde wäre μ=0,4 unserer Meinung nach zu viel) wären zwei Niederzurrungen auch zu wenig.

Reibungskette:

Da die Reibungskette, vielmehr die nicht vorhandene Reibungskette hier Unfall auslösend war, wollen wir uns heute vertieft dieser „Kette“ zuwenden. Wir lassen unseren Blick auf die Straße schweifen und sehen dort die Reibung Straße / Reifen. Diese Reibung hält das Fahrzeug seitlich in der Spur und lässt es bremsen wie ein PKW (Verzögerungskräfte von 0,8g nach vorne).

Verwenden wir nun auf der Ladefläche RH-Materialien, heben wir die von Natur aus lausige Reibung von Stahl auf Siedruckplatte, Holz auf Siebruckplatte, oder Papier auf Siebdruckplatte auf das fast gleiche Niveau. Das ist schon das ganze Geheimnis der Reibungssicherung. Alles was aufeinandergestapelt wird, muss die gleiche Reibung haben, sonst funktioniert das nicht mit der Sicherung in der Reibungskette. Ein „tolles“ Beispiel sehen wir auf der Abb. 3. In der Zweiten Lage liegt ein Alublock auf einer Palette, der nur in Papier gewickelt ist. Die Reibung Papier auf blankem Aluminium liegt ggf. zwischen μ=0,1 und μ=0,2. Genau hier hat das Unglück seinen Ursprung. Die Reibungskette wurde jäh unterbrochen und genau diese Aluminiumblöcke haben die Gelegenheit genutzt, um das Weite zu suchen.

Wären die vier Ladeeinheiten bzw. fünf Aluminium-Blöcke (vielleicht waren es sogar sechs) alle in Holz eingepackt gewesen, hätten wir von einer Reibungskette von μ = 0,3 bis 0,4 ausgehen können. Die Ladeeinheiten hatten die Masse von 2.900kg / 2.900kg / 1.500 kg / 1.500kg macht eine Gesamtmasse von 8.800kg. Aufgerundet ergeben sich 8.800daN Gewichtskraft. Seitlich sind Sicherungskräfte von 1.760daN bzw. 880daN erforderlich (Die Berechnung in Fahrtrichtung lassen wir außer Acht, da teilweise Formschluss gegeben ist).

Mit zwei Niederzurrungen ist diese Sicherungskraft, auch bei einer intakten Reibungskette nicht zu erreichen. Die beiden Niederzurrungen liefern zusammen ggf. 1.000daN Vertikalanteil, es wirken aber nur 300daN sichernd, über die Reibung. Nehmen wir μ = 0,4 an Reibung an (was bei den Rindenanhaftungen schon sehr gewagt ist), fehlen noch 480daN an Sicherungskraft.

Beispiel 1 bei einer Reibung von μ = 0,3

Ladungsmasse 8.800 kg
Erforderliche Sicherung zur Seite 4.400 daN
Reibung μ=0,3 2.640 daN
Angenommene Sicherungskraft von zwei Zurrmitteln (1000 daN x μ=0,3) 300 daN
Noch offen 1.460 daN

Beispiel 2 bei einer Reibung von μ = 0,4

Ladungsmasse 8.800 kg
Erforderliche Sicherung zur Seite 4.400 daN
Reibung μ=0,4 3.520 daN
Angenommene Sicherungskraft von zwei Zurrmitteln (1000 daN x μ=0,4) 400 daN
Noch offen 480 daN

Hätten wir hingegen eine Reibung von μ=0,6 und das durchgehend, wäre alles in Butter. Durchgehend meint hier, dass alle Ladeeinheiten jeweils auf RH-Material stehen, und zwar so, dass sie reibungstechnisch voneinander getrennt sind. Nur dann kann die gute Reibung von unten nach oben wirken und auch sichern.

Beispiel 3 bei einer Reibung von μ = 0,6 (RHM)

Ladungsmasse 8.800 kg
Erforderliche Sicherung zur Seite 4.400 daN
Reibung μ=0,6 5.280 daN
Angenommene Sicherungskraft von zwei Zurrmitteln (1000 daN x μ=0,6) 600 daN
Noch offen ausreichend

Aber bei so einer miserablen Verpackung hilft natürlich auch das nicht, denn Papier kann diese seitliche Kraft nicht aufnehmen und dann auch nicht an die darunterliegende Ladung weitergeben.

Noch ein Wort zur Reibungskette. Werden Ladungen gestapelt, muss der Reibung zwischen den Ladungsteilen die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt werden, wie der Reibung des unteren Ladungsteils auf der Ladefläche. Die Reibung kann nur von Ladung zu Ladung bzw. Ladeeinheit zu Ladeeinheit weitergegeben werden, wenn die Verpackung es zulässt. Denn die Verpackung liegt außen und muss die Reibung an die Ladung bzw. an die darüber gestapelte Ladung weitergeben. Kann sie das nicht, dann muss die Ladungssicherung dieses Manko auffangen, aber muss das ein Fahrer erkennen können? NEIN, muss er nicht, denn er ist kein Verpackungsexperte und kann nur augenfällige Verpackungsmängel erkennen.

Erkennt er die Mängel, dann müsste er in diesem Fall sehr aufwändig mit Umspannungen arbeiten, um die Ladung in Position halten zu können, natürlich mit einer großen Anzahl von Kantenschützern. Aus unserer Sicht liegt bei der extrem unterschiedlichen Verpackung ein weiteres grundlegendes Versäumnis des Verladers vor. Handelt es sich um derartige Unterschiede bei den Verpackungen, muss der Ladungssicherung ein ganz besonderes Augenmerk geschenkt werden. Zielführende Anweisungen sind hier zwingend erforderlich.

Verpackungen aus Papier enthalten teilweise Schüttgut wie Mehl, Zement oder dergleichen. Sollen solche Papiersäcke zu einer Ladeeinheit zusammengestapelt werden, wird häufig sogar zu Klebstoff gegriffen, damit die Ladeeinheit durch „innere“ Reibung überhaupt eine Einheit bilden kann. Zusätzlich kommen Schrumpffolien zum Einsatz. In unserem Fall sind Stahlbänder zu erkennen, die gebrochen sind. Ob zwei Aluminium-Blöcke gemeinsam eingebunden waren, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, was sich sagen lässt ist, dass diese Art der Ladeeinheitenbildung nicht stabil genug war für die Art der Verladung und Sicherung.


Die Ladungssicherungskolumnisten wünschen einen ladungssicheren Herbst.


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