Foto des Monats – Juli 2015
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Schade drum…


Gerade in diesen heißen Sommertagen, an denen das Quecksilber bis auf 30 Grad und mehr steigt, erfüllt der Anblick dieser Bilder den Menschen mit einer gewissen Trauer. Es handelt sich quasi um einen Standardfall. Das Sattelkraftfahrzeug mit Auflieger war im Begriff auf eine Autobahnauffahrt aufzufahren. Hierzu ist er aus einer Kurve auf den Beschleunigungsstreifen gekommen, der – Gott sei Dank – mit einer Leitplanke von den Hauptspuren der Autobahn getrennt war. Wie auf dem letzten Bild noch zu erkennen ist, begann der Ladungsverlust am Scheitelpunkt der Kurve, dort wo die seitlichen Beschleunigungen am intensivsten waren.


Foto des Monats - Juli 2015

Abbildung 1  [Martin Vollmer]

Offensichtlich kippte die Ladung in die Plane, die dann stückweise nach gab und die Ladung mehr oder weniger kontinuierlich ins Freie entließ. Daher entstand ein zirka 100 m langer Streifen aus verlorener Ladung.


Foto des Monats - Juli 2015

Abbildung 2  [Martin Vollmer]

Es ist offensichtlich, dass die Plane samt den hölzernen Einsteckbrettern die Schwachstelle des Aufbaus war. Dort wo Rungen der Bewegung der Ladung etwas entgegen setzten konnten, blieb die Ladung vor Ort. Somit konzentriert sich unser Augenmerk auf die Fläche zwischen den Rungen.


Foto des Monats - Juli 2015

Abbildung 3  [Martin Vollmer]

Auf der Abbildung 3 ist sehr schön zu sehen, dass nur die Felder zwischen der ersten und der zweiten sowie der zweiten und dritten Runge vom Ladungsverlust betroffen waren. Zwischen der Stirnwand und der ersten Runge sowie zwischen der dritten Runge und der Rückwand gab es keinerlei Ladungsverluste.


Foto des Monats - Juli 2015

Abbildung 4  [Martin Vollmer]

Nach den Informationen, die uns von der Unfallstelle übermittelt wurden, handelte es sich bei diesem Fahrzeug um ein Code-XL-Fahrzeug. Grundsätzlich sollten solche Fahrzeuge in der Lage sein, derartige Ladungen nur durch den Aufbau, formschlüssig zu sichern. Ob es sich tatsächlich um ein XL-Fahrzeug handelt, kann nur anhand der Bilder nicht zweifelsfrei bestätigt werden, sehr wohl deuten aber die Diagonalverspannungen unter dem Dach auf ein derartiges XL-Fahrzeug hin.

XL-Fahrzeuge (zumindest diejenigen, die uns bekannt sind) können ihre Sicherungsleistung über den Formschluss zum Aufbau nur dann wirkungsvoll an die Ladung weiter geben, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört u. a., dass die diagonal gespannten Drähte unter dem Dach in geschlossenem Zustand ordentlich gespannt sind. Dazu gehört aber auch, dass alle Einsteckbretter ebenfalls an ihrer Position sind. Bei den Fahrzeugen, die wir als Ladungssicherungs-Kolumnisten kennen, wird mit Aluminium-Einsteckbrettern gearbeitet, die auf Grund ihrer Profilierung und/oder Form sicherstellen können, dass die auf sie einwirkende Kraft gut und sicher in die Rungen eingeleitet wird. Nun konnten wir auch bei noch so intensiver Prüfung der Bilder nicht ein einziges Aluminium-Einsteckbrett finden. Stattdessen wurden Holzeinsteckbretter verwendet und auch diese offensichtlich nicht in ausreichender Zahl. Zu ihrer Qualität wurde uns nichts überliefert.


Foto des Monats - Juli 2015

Abbildung 5  [Martin Vollmer]

Wenn also die Ladungssicherung ausschließlich über Fahrzeugaufbau, Plane, Runge und Einsteckbretter sichergestellt werden soll, ist es zwingend erforderlich, dass die Einsteckbretter dann auch in ausreichender Zahl, in der vorgeschriebenen Machart und Qualität und an der richtigen Stelle eingesetzt werden. Ist dem nicht so, nützt eine Code XL-Zertifizierung eines Aufbaus in puncto Ladungssicherung nichts. Es ist sogar zwingend erforderlich, dass die Diagonalverspannungen unter dem Dach intakt und voll gespannt sind, so dass die jeweils gegenüberliegende Seite im Moment der Belastung "mithelfen" kann, ihre Stabilität zur Verfügung zu stellen.

Wenn es aber nun versäumt wird, die richtigen Einsteckbretter zu verwenden, kann die Kraft nicht auf die Rungen übertragen werden. Das Ergebnis ist wunderbar auf den Abbildungen 2 bis 5 zu betrachten. Offensichtlich muss es sich bei diesem Ladungsverlust um einen Grenzfall handeln, denn im hinteren Bereich ist die Ladung stehen geblieben, genauso wie im vorderen Bereich. Im vorderen Bereich mutmaßen wir, dass die festere Anbindung der Planung an der Stirnwand zu einer höheren Festigkeit beigetragen hat und im hinteren Bereich sehen wir, dass wahrscheinlich durch eine oder mehrere senkrecht gestellte Paletten mit einer Umspannung (Buchtlasching) die Ladung zusätzlich gegen Kippen nach hinten gesichert war. Da durch diese Ladungssicherung auch nach innen gerichtete Kräfte generiert wurden, hat es offensichtlich ausgereicht, diesen Teil der Ladung vor dem Verlust zu bewahren.

Wir Ladungssicherungskolumnisten haben uns in der Vergangenheit schon mal den "Spaß" gemacht und die Online-Presse mehrerer Monate im Internet möglichst konsequent durchsucht. Dabei sind uns in manchen Monaten acht bis zwölf Ladungsverluste allein im Segment Getränketransport aufgefallen. Keiner dieser Ladungsverluste geschah bei hoher Geschwindigkeit, sondern gerne mal im Kreisverkehr oder bei – wie auch immer gearteten – Abbiegevorgängen.


Wie können zukünftig derartige Ladungsverluste verhindert werden?

Soll die Ladungssicherung ausschließlich durch den Aufbau sichergestellt werden, muss

  1. geprüft werden, ob es sich tatsächlich um einen Aufbau handelt, der diese Aufgabe übernehmen kann.

  2. ist zu hinterfragen, welche Voraussetzungen hierfür unabdingbar sind.

  3. ist daraufhin sicher zu stellen, dass diese Voraussetzungen auch konsequent umgesetzt werden. Kommen Einsteckbretter aus Aluminium zum Einsatz, sind diese sehr leistungsfähige Aluminiumhohlprofile, deren Struktur und insbesondere Breite maßgeblichen Einfluss auf deren Festigkeit haben. Sehr häufig ist aber zu beobachten, dass aus Bequemlichkeit diese Aluminiumprofile achtlos vor das Fahrzeug gelegt werden. Wird das Fahrzeug mit Gabelstaplern beladen, fahren die Gabelstapler mit ihrer hohen Last auf der Vorderachse über diese Hohlprofile und drücken diese platt. In diesem Moment verlieren die Einsteckbretter die Fähigkeit, die Kraft auf die Rungen zu übertragen und müssen entsorgt werden.

Somit gilt es für einen verantwortungsvollen Verlader nicht nur zu prüfen, ob ein Fahrzeug die vorgeschriebene Menge an Einsteckbrettern zur Verfügung hat, sondern auch, ob diese sich noch in einwandfreiem Zustand befinden oder ob sie schon Quetschungen oder – noch schlimmer – Knicke aufweisen.

Nur wenn alle Mitspieler in diesem fragil anmutenden Sicherungssystem in einwandfreiem Zustand sind, kann auch ein Plane-Spriegel-Aufbau ohne Ladebordwände die Ladung sichern. Aber wenn dies – wie in dem vorliegenden Fall – sträflich vernachlässigt wird, dann ist es (wie in diesem Fall) einfach nur schade um das schöne Bier. An anderer Stelle bildet die verlorene Ladung zudem eine Gefahr für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer.


Wir wünschen allezeit sichere Fahrt!


Ihre Ladungssicherungskolumnisten






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