ISM-Code – Die Wende in der Schiffssicherheit?

Vortrag von Herrn Kapt. P. Zahalka, Verein Bremer Seeversicherer e.V.
Mai 1998 in Würzburg




Altgewohnte, hierarchische Organisationsstrukturen sorgten in der Vergangenheit für die notwendige Zuverlässigkeit und Sicherheit im Schiffs- und Reedereibetrieb. Solange die Ausbildungsqualität des Personals in den Unternehmen hochwertig war und auch auf diesem Niveau blieb, reichten die zur Verfügung stehenden Mittel in der Regel aus, einen angemessenen Sicherheitsstatus im Schiffsbetrieb beizubehalten. Eine erfahrene, gut ausgebildete Besatzung, ein funktionierendes Berichtssystem von Bord an Land und umgekehrt, eine sachliche und fachgerechte Kontrolle durch die Inspektion, die an Bord abgehaltenen Übungen, die Aufsicht und aufgabenbezogene Kontrolle durch Klassifikationsgesellschaften und Behörden und ein ebenfalls hierarchisch strukturierter Landbetrieb haben lange Jahre und in ausreichendem Maße dafür gesorgt, daß sich die Anzahl der Unfälle auf den Schiffen in Grenzen hielt.

Mit abnehmender Qualifikation der aus ökonomischen Gründen beschäftigten Schiffsbesatzungen aus Schwellenländern und Ländern der dritten Welt ging diese Rechnung immer öfter nicht mehr auf. Das in den Vordergrund geratene Kostendenken und der dadurch auf die Besatzungen ausgeübte physische und psychische Druck ließen das Sicherheitsdenken immer mehr in den Hintergrund geraten.

In den 80iger Jahren muß auf den Schiffen ein Zustand eingetreten sein, der die Charterer, Befrachter und Ablader veranlaßte, die Qualität der erbrachten Dienstleistung durch das seefahrende Gewerbe insgesamt in Frage zu stellen.

Die Stunde der „QA„ oder „Quality Assurance„ hatte geschlagen. Eine Qualitätskontrolle, die es ursprünglich nur im produzierenden Gewerbe als Endkontrolle gegeben hatte, wurde nun auch von Dienstleistern gefordert.

Reeder, die traditionell der Meinung waren, daß ihr Unternehmen optimal organisiert und strukturiert war und somit beste Qualität lieferte, sahen ursprünglich keine Veranlassung, dieser Forderung Folge zu leisten. Dieser Widerstand war aber bald durch die Marktkräfte gebrochen.

Qualitätssicherungs-Systeme nach den ISO 9000 ff Normen, die auf freiwilliger Basis durch das Unternehmen eingerichtet worden sind, sind heute in der Schiffahrt mehr und mehr die Regel, als die Ausnahme.

Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß eine Zertifizierung des Unternehmens nach z.B. der ISO 9002 Norm an der Qualität der erbrachten Dienstleistung an sich nichts ändert, sondern nur beschreibt, wie man zu dem gegenwärtigen Ergebnis gelangt ist.

Also keine Qualitätsvorgabe an sich – der Status quo wird qualifiziert festgeschrieben!

Die Betriebssicherheit auf Schiffen, das Kriterium für Schadenminimierung, war kaum betroffen und wurde, wenn überhaupt, nur geringfügig verbessert.

Klagen über eine größere Unfallhäufigkeit, über minderqualifizierte Schiffsbesatzungen, Substandardschiffe und Reedereien und Managementfirmen, die mit dem Begriff „Fly by Night Outfit“ sehr gut beschrieben sind, wurden lauter und lauter, bis die IMO (International Maritime Organization), als Unterorganisation der UN, sich dieser Problematik annahm.

Die IMO (International Maritime Organization) sah sich veranlaßt, ein internationales Sicherheits- und Umweltschutz-Regelwerk zu erarbeiten, das die Sicherheit und Qualität der Dienstleistungen auf sowohl See als auch an Land optimierte und insgesamt geeignet war, Schäden an Personen, Sachen und der Umwelt zu minimieren, wenn nicht gar zu verhindern. Dieses Regelwerk, der ISM – Code, ist mittlerweile als Anhang IX zur SOLAS 74 (Safety of Life at Sea Convention 1974) als Entschließung A.741(18) der IMO verabschiedet worden. Per Bundesgesetzblatt II, S. 994, vom 28.11.1995 ist dieses Regelwerk in das nationale Recht der Bundesrepublik Deutschland übernommen worden.

Im Gegensatz zu den bereits existierenden Qualitätsmanagement-Systemen nach den ISO-9000 ff Standards handelt es sich nicht mehr um eine Maßnahme, der sich ein Reeder (Unternehmer) aus marktpolitischen Gründen freiwillig unterwirft oder auch nicht, sondern hier wird ein von der Gesellschaft realisiertes Sicherheitsproblem auf gesetzgeberischer Ebene angegangen, dem sich in naher Zukunft auch auf internationaler Ebene kein Reeder (Unternehmer) mehr entziehen kann.

Der Betrieb von Seeschiffen ist sehr speziell und komplex und wird von einer Vielzahl von Gesetzen, Regeln, Vorschriften und Konventionen, national oder international, geregelt. Da die Regulierung technischer Aspekte alleine eine sichere Seeschiffahrt und ausreichenden Meeresumweltschutz nicht erreichen kann, setzt man mit der Einführung des ISM-Codes neue Ziele. Nicht der Kapitän alleine ist der Alleinverantwortliche, sondern auch der Betreiber eines Schiffes steht voll in der Verantwortung. Der Code macht die Teilung der Verantwortlichkeiten deutlich und hat zum Ziel, die Sicherheit der Seeschiffahrt zu gewährleisten.

Der Code soll vorbeugend wirken gegen Verletzungen oder Verlust von Menschenleben. Er soll helfen, Schäden an Sachen und der Umwelt zu vermeiden.

Es ist das Ziel des Unternehmens, sichere Verfahren und sichere Arbeitsbedingungen bereitzustellen und Vorkehrungen gegen Risiken einzurichten.

Dazu gehört auch, die Fähigkeiten des Personals ständig zu verbessern, alle Gesetze und Vorschriften einzuhalten – und Richtlinien und Empfehlungen zu berücksichtigen.

Das Prinzip, das den ISM-Code wie ein roter Faden durchzieht, läßt sich wie folgt beschreiben:

Der Land- und der Schiffsbetrieb halten alle geltenden Gesetze, Regeln, Vorschriften und Konventionen ein. Das Unternehmen stellt alle dafür erforderlichen Sachmittel, Finanzen und ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung. Durch schriftlich festgelegte Aufbau- und Ablauforganisation gewährleistet das Unternehmen die Sicherheit des Schiffsbetriebes sowie den Meeresumweltschutz. Fehler werden dadurch vermieden und Risiken minimiert. Durch die festgelegte Ablauforganisation und durch Training sind alle Beteiligten auf alle Notfallsituationen vorbereitet.

Eingetretene Fehler, Unfälle, Beinahe-Unfälle, Störfälle und erkannte Risiken werden beschrieben und gemeldet, also dokumentiert. Ursachen werden untersucht und durch Korrekturmaßnahmen abgestellt.

Das Unternehmen strebt also nach ständiger Verbesserung.

Der ISM – Code begründet mit einer noch nicht dagewesenen Schärfe unmittelbare persönliche Verpflichtungen der Reedereien (Unternehmen), für alle erforderlichen Maßnahmen für die Herstellung und Erhaltung der materiellen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen eines sicheren Schiffsbetriebes zu sorgen und in einem System für die Organisation von Sicherheitsmaßnahmen festzulegen.

Der Code ist in Sektionen unterteilt und wie folgt aufgebaut:

1. Allgemeines

1.1 Begriffsbestimmungen

1.2 Zielsetzung

1.3 Anwendungsbereich

1.4 Betriebliche Anforderungen an ein System für die Organisation von Sicherheitsmaßnahmen

2. Konzept des Unternehmens zu den Themen Schiffssicherheit und Meeresumweltschutz

3. Zuständigkeitsbereiche und Weisungsbefugnisse innerhalb des Unternehmens

4. Durchführungsbeauftragte(r)

5. Zuständigkeitsbereiche und Weisungsbefugnisse des Kapitäns

6. Materielle und personelle Voraussetzung

7. Erarbeitung von Plänen für den Betriebsablauf an Bord

8. Vorbereitung auf Notfallsituationen

9. Berichte und Analysen von Unfällen, gefährlichen Vorkommnissen und Fällen der Nichhteinhaltung einschlägiger Vorschriften

10. Instandhaltung von Schiff und Ausrüstung

11. Dokumente und sonstige Unterlagen

12. Überwachung der Einhaltung des Konzeptes für die Organisation von Sicherheitsmaßnahmen sowie Überprüfung und Auswertung dieses Konzeptes durch das Unternehmen

13. Zeugniserteilung, -prüfung und -kontrolle


Alle Abschnitte des Codes im einzelnen zu erläutern, würde im Rahmen dieses Vortrags zu weit führen, und ich will mich daher auf einige, wenige beschränken, z.B.:

1.1.2. Der Ausdruck „Unternehmen„ bezeichnet den Eigner des Schiffes oder eine beliebige sonstige Organisation oder Person (wie z.B. den Geschäftsführer oder den Bareboatcharterer), die vom Schiffseigner die Verantwortung für den Betrieb des Schiffes übernommen hat und die durch Übernahme dieser Verantwortung zugestimmt hat, alle durch den ISM-Code dem Schiffseigner auferlegten Pflichten und Verantwortlichkeiten zu übernehmen.

Letztendlich ist es also der tatsächliche Betreiber eines Schiffes, der am Ende einer Vertragskette stehen kann, der in die Verantwortung genommen wird.


1.4 Betriebliche Anforderungen an ein System für die Organisation von Sicherheitsmaßnahmen

Jedes Unternehmen soll ein System für die Organisation von Sicherheitsmaßnahmen auf der Basis der Codeprinzipien, ein Safety Management System (SMS), für den Land- und die Seebetriebe einrichten.

Dieses Safety Management System (SMS) soll folgende Kernpunkte enthalten:

  • Ein Konzept für Sicherheit und Umweltschutz
  • Verfahrensanweisungen für den sicheren Schiffsbetrieb, die alle anzuwendenden Gesetze abdecken
  • festgelegte Befugnisse und Kommunikationswege
  • das Berichten und Untersuchen von Unfällen und Abweichungen
  • die Vorbereitung auf Notfälle
  • die interne Überprüfung des Systems und Verbesserungsmaßnahmen


3. Zuständigkeitsbereiche und Weisungbefugnisse innerhalb des Unternehmens

Der Eigner oder das Unternehmen oder die Person, die das Schiff tatsächlich betreibt, muß die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten des Personals, das mit der Ausführung, dem Management und der Überprüfung von Arbeiten, die im Zusammenhang mit Sicherheit und Umweltschutz stehen, definieren und dokumentieren.

Das Unternehmen ist dafür verantwortlich, das dem Durchführungsbeauftragten angemessene Mittel und Unterstützung von Land gegeben werden, damit dieser seiner Funktion gerecht werden kann.


4. Durchführungsbeauftragter

Um einen sicheren Schiffsbetrieb und ein Verbindungsglied zwischen Schiff und dem Landbetrieb zu gewährleisten, muß das Unternehmen einen Durchführungsbeauftragten (designated person(s)) bestellen, der Zugang zur höchsten Managementebene hat.


5. Zuständigkeitsbereiche und Weisungsbefugnisse des Kapitäns

Das Unternehmen soll die Verantwortlichkeiten des Kapitäns klar definieren und dokumentieren, und zwar in bezug auf:

  • die Sicherheit und die Umweltschutzpolitik des Unternehmens
  • die Motivierung der Schiffsbesatzung zur Beachtung dieser Politik
  • die Erteilung von angemessenen Befehlen und Anweisungen in einer klaren und deutlichen Art und Weise
  • die Überprüfung der Beachtung von Erfordernissen
  • die Kontrolle des SMS und die Berichterstattung des Ergebnisses


Das Unternehmen muß sicherstellen, daß das an Bord zum Einsatz kommende Safety Management System (SMS) eine deutliche Aussage bezüglich der Autorität des Kapitäns enthält. Im Rahmen des SMS muß das Unternehmen deutlich machen, daß der Kapitän die übergreifende Autorität, Verantwortung und Entscheidungsbefugnis bezüglich der Sicherheit und Verschmutzungsverhütung hat und jederzeit die Unterstützung des Unternehmens anfordern kann.


10. Instandhaltung von Schiff und Ausrüstung

Das Unternehmen soll Verfahren erarbeiten, durch die sichergestellt wird, daß das Schiff nach Maßgabe der einschlägigen Regeln und Vorschriften sowie möglicherweise zusätzlich vom Unternehmen aufgestellter Anforderungen instandgehalten wird.

Auf den ersten Blick könnte man fragen: „Was ist daran eigentlich neu?„

Ein verantwortungsbewußtes Unternehmen und eine verantwortungsbewußte Schiffsführung haben sich auch in der Vergangenheit um diese Dinge kümmern müssen und diese Aufgabe auch bewältigt.

Nun ist es wenig hilfreich, sich nostalgisch der Vergangenheit zuzuwenden und zu beklagen, daß früher alles besser war. Fakt ist, daß sich die Welt der Seefahrer auf den Schiffen und in den Reedereikontoren dramatisch verändert hat. An eine Rückkehr zu alten, „goldenen„ Zeiten zu glauben, wäre falsch.

Unbestritten ist, daß eine Verbesserung notwendig ist, eine Ausrichtung nur auf ökonomische Bedürfnisse kann und darf nicht der einzige Maßstab sein. Eine Regelung auf gesetzlicher Ebene ist daher wahrscheinlich notwendig und zu begrüßen. Die Entwicklung in der Vergangenheit hat gezeigt, daß die Marktkräfte – alleine gelassen – dazu nicht in der Lage waren.

Wenn dieser Code eingeführt ist und entsprechend der Absichten seiner Väter funktioniert und nicht in der Praxis zu einem weiteren Stück Papier degradiert wird, das in seiner Bedeutung über den Bücherschrank des Kapitäns nicht hinauskommt, dann besteht Hoffnung, daß sich das Management und die Betriebssicherheit der Schiffe gegenüber dem heutigen Stand verbessern.

Der ISM-Code ist ernst gemeint, und er ist bzw. wird Vorschrift für alle Schiffe über 500 BRZ.

Er stützt sich auf folgende Konventionen und nationales Recht:

1) IMO-Entschließung A 741 (18) (International Maritime Organization)

2) Bestandteil der SOLAS 74 – als Kapitel IX (Safety Of Life At Sea – Convention 1974)

3) Bestandteil des nationalen Rechtes der Bundesrepublik Deutschland per Bundesgesetzblatt II, S. 994 vom 28.11.95


Landbetriebe + Schiffsbetriebe müssen zertifiziert sein – Stufenplan:

ab 01.07.1996: RoRo-Fahrgastschiffe im europäischen Verkehr (zeitliche Vorlegung der EU)

ab 01.07.1998: Fahrgastschiffe und Hochgeschwindigkeitsfahrgastfahrzeuge jeder Größe sowie Bulkcarrier, Öltanker, Chemikalientanker, Gastanker und Hochgeschwindigkeitsfrachtschiffe über 500 BRZ

ab 01.07.2002: Alle anderen Frachtschiffe und mobile Bohreinheiten über 500 BRZ


In erster Linie sind diese Daten natürlich für die Reeder (Unternehmer) von erheblicher Bedeutung, da die Einführung dieses Codes mit nicht unbedeutendem organisatorischem und verwaltungstechnischem Aufwand verbunden ist. Je nach Größe und Struktur eines Unternehmens können die von externen Firmen zu erbringenden, notwendigen und vorbereitenden Maßnahmen durchaus einen Zeitraum von 6 bis 12 Monaten in Anspruch nehmen.

Aber auch für die Versicherer eines Schiffes ist der ISM – Code von Bedeutung; denn die Frage ist, ob sich durch die Einführung und Beachtung dieses Regelwerkes die versicherungstechnische Risikosituation verbessern wird, und zwar in einem Ausmaß, daß eventuell mit Konsequenzen auf dem Prämiensektor und/oder Schadenbearbeitungssektor zu rechnen sein wird.

Die Umsetzung des ISM-Codes in die Realität ist fest umrissen.

Die erste Voraussetzung ist die Erarbeitung eines Safety Management Systems, abgekürzt SMS, für den Landbetrieb und die Schiffsbetriebe durch das Unternehmen. Dieses bewerkstelligt es sinnvollerweise nicht allein, sondern nimmt dafür externe Hilfe in Anspruch.

Die Prüfung des SMS, die Zertifizierung und Kontrolle obliegen dann der zuständigen Verwaltung, d.h. dem Flaggenstaat des Schiffes. Diese wiederum kann diese Aufgaben an von ihr anerkannte Organisationen oder an die Regierung des Landes, in dem das Unternehmen seinen Geschäftssitz hat, delegieren.

Nach erfolgreicher Prüfung stellen diese die notwendigen Zertifikate aus.

Dieses sind:

  • Das DoC oder Document of Compliance für den Landbetrieb!

    Dieses Zertifikat bestätigt dem Unternehmen (Landbetrieb), daß die Regeln und Vorschriften des ISM-Code erfüllt sind. Es ist ab Ausstellungsdatum für einen Zeitraum von 5 Jahren gültig, unterliegt jedoch einer jährlichen Überprüfung.


  • Das SMC oder Safety Management Certificate für jeden Seebetrieb separat!

    Dieses Zertifikat bestätigt, daß das schiffsseitige SMS oder Safety Management System den relevanten Regeln und Vorschriften des ISM-Code entspricht. Es ist ebenfalls für einen Zeitraum von 5 Jahren gültig, unterliegt aber periodischen Überprüfungen, die mindestens einmal, ca. nach der Hälfte der Gültigkeitsdauer, also nach ca. 2 ½ Jahren, durchgeführt werden müssen. Darüber hinaus hat das SMC nur im Zusammenhang mit einem gültigen DoC Gültigkeit. Der Seebetrieb muß jederzeit eine Kopie des gültigen DoC an Bord mitführen.

Diese Folie versucht, das Gesamtkonzept des ISM-Codes darzustellen.

Der blaue Block stellt das Safety Management System des Unternehmens dar und macht deutlich, daß der Landbetrieb – und der oder die Schiffsbetriebe – ein fester Bestandteil des SMS sind, und zeigt noch einmal die erforderlichen Zertifikate. Die rote Linie soll verdeutlichen, daß die Gültigkeit der SMC´s fest mit einem gültigen DoC verknüpft ist.

Einen Eindruck von dem umfassenden Wirkungskreis des ISM-Code vermittelt die Liste der Internationalen Konventionen und Empfehlungen, die im Rahmen des Codes Beachtung finden.

1. SOLAS 1974 (International Convention for the Safety of Life at Sea) International Bulk Chemical (IBC) und die International Gas Carrier (IGC) Codes als Bestandteil der SOLAS

2. MARPOL 73/78 (International Convention for the Prevention of Pollution from Ships 1973)

3. COLREG (Convention on the International Regulations for Preventing Collisions at Sea 1972)

4. International Convention on Load Lines, 1966)

5. IMO resolution A.441(XI) (befaßt sich mit der Verpflichtung eines Schiffseigners, den Flaggenstaat darüber zu informieren, ob und an wen er die Verantwortung in bezug auf Schiffssicherheit und Meeresumweltschutz delegiert hat)

6. ILO Convention 147 (Merchant Shipping (Minimum Standards) Convention, 1976 (befaßt sich mit der Mindestbesetzung eines Schiffes sowie mit anderen sozialen Gesichtspunkten im Interesse von Besatzung und Schiff)

7. STCW 1978 (International Convention on Standards of Training, Certification and Watchkeeping for Seafarers, 1978)

8. IMO resolution A.481(XII) (empfiehlt allen Verwaltungen/Flaggenstaaten, auf allen bei ihnen registrierten Schiffen ein Dokument vorzuhalten, das die Mindestbesetzung und die entsprechenden Qualifikationen aus einem sicherheitstechnischen Standpunkt festlegt.)

9. IMO resolution A.443(XI) (befaßt sich mit der Rechtssicherheit und dem Schutz der Stellung des Kapitäns bei der Ausübung seiner Pflichten)


Werden im Zuge von Überprüfungen Mängel, sei es im Landbetrieb oder im Schiffsbetrieb, festgestellt, werden sogenannte „Non-Compliance Notes„ erstellt.

Man unterscheidet „Major Non-Compliances„, das sind Mängel, die eine Beseitigung je nach Schwere innerhalb von maximal 3 Monaten erfordern, und „Minor Non-Compliances„, die eine Beseitigung bis zur nächsten periodischen Überprüfung erforderlich machen.

Werden diese Korrekturmaßnahmen nicht durchgeführt, wird dem Land- oder Seebetrieb das entsprechende Zertifikat entzogen.

Ob dieser Code in der Lage sein wird, die grundsätzlichen, zur Zeit immer noch bestehenden Schwierigkeiten, die da u.a. sind:

  • Akzeptanz geringerer Qualität im personellen Bereich durch Kostendruck
  • Dadurch bedingter Einsatz multinationaler Besatzungen
  • Dadurch bedingtes Sprachengewirr an Bord der Schiffe
  • Dadurch bedingte Mängel in der Betriebssicherheit
  • Mißverständnisse, eingeschränkte Fähigkeit, Betriebsanleitungen zu verstehen und umzusetzen
  • Mangelnde Motivation durch unsichere soziale Verhältnisse
  • Mangelnde Unterhaltung/Wartung der Schiffstechnik durch Kostendruck

Die Industrie ist optimistisch !

Eins ist sicher: Mit Einführung des ISM-Codes werden Land- und Seebetrieb für alle anderen transparenter, als sie es jemals zuvor waren, und jeder interessierte Beteiligte wird in Zukunft mit Argusaugen die Einhaltung des Codes überwachen und eventuelle Mängel und die daraus erwachsenden Konsequenzen je nach Interessenlage nutzen.

Klar ist aber auch, daß es sich um eine gesetzliche Vorschrift handelt, deren Einhaltung durch die Verwaltung oder besser gesagt, den Flaggenstaat und den von ihm eingesetzten Organen und der Port State Control sowie den Hafenbehörden, im laufenden Betrieb überwacht wird.

Diese Überwachung der Geschehensabläufe a.B. eines Schiffes wird in Zukunft sehr viel einfacher sein, weil z.B. für die Instandhaltung und Wartung, die Einhaltung von sicherern Arbeitsbedingungen und für alle denkbaren Notfallsituationen Organisations- und Ablaufpläne existieren müssen und deren Befolgung auch zwingend vorgeschrieben ist.

Mängel im System müssen berichtet und dokumentiert werden und werden somit für Außenstehende, die ein Recht zur Einsichtnahme haben, leicht erkennbar.

Last but not least wird die Berufsausübung des Bordpersonals vereinfacht. Verantwortungsbereiche, Aufgaben und Verhaltensweisen sind im Rahmen des SMS (Safety Management Systems) schriftlich niedergelegt. Dies wird auch neu an Bord kommenden Besatzungsmitgliedern helfen, sich schnell zu integrieren und ihre Aufgaben verantwortungsvoll wahrzunehmen.

Damit wären wir bei der Frage, ob die Einführung des ISM-Codes die Situation der Versicherer, hier der Kasko- und Warenversicherer, verändert ?

Ich meine ja, an dem gerade geschilderten Prüfungs- und Zertifizierungsverfahren wird deutlich, daß das SMC (Safety Management Certificate) in seiner Bedeutung einem Klassenzertifikat oder einem Bausicherheitszeugnis oder einem Sicherheits-Ausrüstungszertifikat durchaus gleichgestellt sein wird. Daraus ließe sich ableiten, daß ein gültiges SMC eine Voraussetzung für die anfängliche Seetüchtigkeit eines Seeschiffes und damit auch für den Bestand seines Kaskoversicherungsschutzes von Bedeutung ist.

Es ist daher erforderlich, die geltenden Kaskoversicherungsbedingungen, also die ADS (Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen) und die DTV-Klauseln dahingehend zu überprüfen, ob und in welchen Bereichen sich der ISM-Code auswirkt.

Dies ist eine umfangreiche und komplexe Aufgabe, die die Kaskoversicherer gegenwärtig in kompetenten Gremien ausführen. Es wäre also verfrüht, hier an dieser Stelle bereits etwas dazu zu sagen.

Für die Warenversicherer dürfte ähnlicher Handlungsbedarf existieren,

Eins zeichnet sich jetzt schon ab, Mängel in der Einhaltung des ISM-Codes werden mit Sicherheit zu kritischen Deckungsfragen führen.

Aber nicht nur um den Bestand seiner Kaskoversicherung muß der Unternehmer besorgt sein, alle anderen an der Schiffahrt Beteiligten werden ebenfalls eventuelle Mängel bei der Einhaltung des Codes bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche als zusätzliches Vehikel benutzen.

Sicherlich ist es noch zu früh, konkrete Aussagen zu machen, aber die Handhabung des Codes durch alle Beteiligten, last but not least auch der Gerichte in unterschiedlichen Rechtsräumen, wird zeigen, inwieweit der Code in der Lage sein wird, Veränderungen herbeizuführen.

Von allen Beteiligten ernst genommen und gewissenhaft betrieben, muß der ISM-Code nicht zu einem Papiertiger werden !!


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