OLG Naumburg, Urteil vom 28.03.2014, AZ : 10 U 5/13 (Hs)
  
Gericht:   OLG Naumburg
Aktenzeichen:   10 U 5/13 (Hs)
Datum:   28.03.2014
Vorinstanzliches Gericht:   31 O 42/11 Landgericht Stendal
Land :   Deutschland

Einordnung in die Urteilsdatenbank
Normenregister:  BGB-> §§ 306, 307
   VVG-> §§ 115, 117
Haftungskategorie:   Spedition->Verlust
Stichworte:   Diebstahl, Verlust, Trailer, Anhänger, Zugmaschine, Sattelzug, Direktanspruch, Obliegenheiten, Ausschluss, Leichtfertigkeit
Urteil des Monats:   Juni  2015


In dem Rechtsstreit

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 07. März 2014 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, den Richter am Oberlandesgericht Haberland und den Richter am Oberlandesgericht Nolte für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20.12.2012 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stendal unter deren Zurückweisung im Übrigen teilweise abgeändert.

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, die Klägerin bis zu einem Betrag in Höhe von 20.298,61 € von Ansprüchen Dritter aus dem Frachtvertragsverhältnis zwischen ihr und der D. GmbH & Co. KG vom 19.08.2010 wegen des Abhandenkommens des Transportgutes freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die im ersten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 36 %, die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner in Höhe von 30 % sowie die Beklagte zu 1) in Höhe 34 %. Die im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner in Höhe von 30 % sowie die Beklagte zu 1) in Höhe von 34 %. Die im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin zu 71 %. Im Übrigen tragen die Parteien ihre im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Die im Berufungsverfahren entstandenen Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 85 % und die Beklagte zu 2) zu 15 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte zu 2) zu 15 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin zu 70 %. Im Übrigen tragen die Parteien ihre im Berufungsrechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Dieses Urteil ist ebenso wie das mit der Berufung angegriffene Urteil des Landgerichts ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung seitens des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn dieser nicht vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision der Klägerin gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 67.663 € festgesetzt.


Gründe

I.


Die Klägerin hat gegen die am Berufungsverfahren nicht mehr beteiligte Beklagte zu 1) erstinstanzlich einen Zahlungstitel wegen eines Schadensersatzanspruchs aus dem Verlust von Transportgut durch Diebstahl in Höhe von 67.662,63 € erstritten. Sie hatte zunächst umfassend Berufung eingelegt, nimmt im Berufungsverfahren nunmehr jedoch nur noch die Beklagte zu 2) als deren Transportversicherer in Anspruch und meint, dieser gegenüber bestehe ein Direktanspruch gem. § 115 VVG.

Hauptauftraggeberin des Transports war die Fa. W. GmbH. Diese hatte die Fa. D. GmbH & Co. KG mit dem Transport von 18.137 kg Stahl (Rundstäbe) von ihrem Sitz in B. nach F. und I. beauftragt. Diese hatte den Auftrag an die Klägerin weitergereicht, die wiederum die Beklagte zu 1) mit der Durchführung betraut hatte. Die Fa. W. GmbH hatte den Transport über eine Transportversicherung bei der L. Versicherungs AG abgesichert, die den Diebstahlschaden in jenem Verhältnis in voller Höhe reguliert hat. Die Fa. D. GmbH & Co. KG wie auch die Klägerin haben für den Transport jeweils eine Verkehrshaftpflichtversicherung abgeschlossen, erstere bei der M. S/A, letztere bei der Z. plc.

Nachdem der Fahrer der Beklagten zu 1), der Zeuge P. , die Ware am 20.08.2010, einem Freitag, mit einem Sattelzug übernommen hatte, stellte er den Anhänger (Kennzeichen: ... ) in einem Gewerbegebiet in E. ab und fuhr mit der Zugmaschine (amtl. Kennzeichen: ... ) zu seinem ca. 35 km gegen die Fahrtrichtung entfernt liegenden Wohnort in H. zurück, wo er das Wochenende verbrachte. Der Trailer wurde in der Nacht auf den 23.08.2010 von Unbekannten komplett entwendet und später ohne die Ware in A. wieder aufgefunden.

Die der Beklagten zu 1) von der Beklagten zu 2) ausgestellte Versicherungspolice enthält in Ziffer 8 ein sog. „Fahrzeugverzeichnis“. Dort heißt es: „Die Versicherung gilt für Beförderungsleistungen mit den nachstehend genannten Fahrzeugen, …“, wobei nachfolgend drei jeweils als „Sattelzug“ bezeichnete Fahrzeuge mit ihrem amtlichen Kennzeichen aufgeführt werden; es handelt sich dabei aber jeweils um das amtliche Kennzeichen der Zugmaschinen, dabei u.a. auch um das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... .

Die Beklagte zu 2) hat behauptet, der Fahrer der Bekl. zu 1) sei mehrfach wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall und der Unterschlagung von Kraftfahrzeugen in Erscheinung getreten. Die Beklagte zu 1) habe ihn einige Monate vor dem Diebstahl angestellt, ohne ein Führungszeugnis einzuholen.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes im erstinstanzlichen Verfahren wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zu 1) unter Teilabweisung in Höhe von 700 € verurteilt, an die Klägerin 67.662,63 € nebst Zinsen zu zahlen, die Klage gegen die Beklagte zu 2) hingegen abgewiesen. Soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung, hat es hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zu 1) ausgeführt, der Klägerin sei aus dem Diebstahl ein eigener Schaden entstanden, welcher darin bestehe, dass sie entweder gem. §§ 425, 428 S. 2 BGB der Fa. D. GmbH & Co. KG oder, im Fall der Regulierung, nach einem Forderungsübergang gem. § 86 VVG der M. A/S verpflichtet sei.

Im Hinblick auf das Rechtsverhältnis der Klägerin zur Beklagten zu 2) hat das Landgericht ausgeführt, diese könne die Beklagte zu 2) gem. § 115 VVG direkt in Anspruch nehmen, da zum einen der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) rechtskräftig abgewiesen worden sei und zum anderen es sich im Verhältnis der Beklagten zueinander um eine Pflichtversicherung nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 7a GüKG handele. Die Klageabweisung hat das Landgericht darauf gestützt, dass der Anhänger, in welchem sich die gestohlene Ware befand, nicht vom Umfang des Versicherungsvertrags mit der Beklagten zu 2) erfasst sei, da er zum einen ein anderes amtliches Kennzeichen getragen habe als die Fahrzeuge in der Fahrzeugliste des Versicherungsvertrages und zum anderen im Zeitpunkt des Diebstahls abgekoppelt und ohne die Zugmaschine in dem Gewerbegebiet in E. zurückgelassen worden sei.

Daneben sei eine Ersatzpflicht der Beklagten zu 2) für den Diebstahlschaden aber auch nach Nr. 9 AVB ausgeschlossen. Der Fahrer der Beklagten zu 1) habe leichtfertig gehandelt, weil er den Trailer mit wertvoller Fracht über zwei Tage unbeaufsichtigt in einem Gewerbegebiet abgestellt habe, ohne auch nur einfachste Sicherungsmaßnahmen getroffen zu haben. So habe er weder Klauen an dem „Königszapfen“ angebracht noch die rückwärtige Tür durch ein Vorhängeschloss gesichert. Hieraus folge auch, dass ihm die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bewusst gewesen sei. Die Beklagte zu 1) treffe ein Auswahlverschulden, weil sie den Fahrer ohne Führungszeugnis eingestellt habe, aber auch, weil sie keine Vorkehrungen dazu getroffen habe, wie beladene Fahrzeuge während der Standzeiten zu sichern seien. Hilfsweise sei die Ersatzpflicht auch nach Nr. 10, 11 AVB ausgeschlossen, weil sie die Obliegenheit verletzt habe, während der Ruhepausen und Nachtzeit eine ausreichende, angemessene Bewachung des Fahrzeugs sicherzustellen. Im Rahmen einer Hilfsbegründung hat das Landgericht ausgeführt, falls doch Versicherungsschutz auch für den Anhänger bestehe, sei die Beklagte nach § 117 Abs. 3 S. 2 VVG leistungsfrei, da der Dritte, nämlich die Klägerin selbst, von einem anderen Versicherer den Ersatz des Schadens verlangen könne. Unerheblich sei dazu, ob und in welchem Umfang bereits eine Regulierung durch die L. Versicherungs AG oder die M. A/S erfolgt sei, da die Klägerin jedenfalls einen Anspruch gegen den eigenen Verkehrshaftpflichtversicherer, die Z. plc. habe.

Nachdem die Klägerin zunächst unbeschränkt Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt hat, hat sie mit Schriftsatz vom 30.04.2013 erklärt, sie beschränke diese auf das Verfahren gegen die Beklagte zu 2).

Die Klägerin hält zum einen die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts zu den Umständen, aus denen das Landgericht auf die Leichtfertigkeit des Fahrers der Beklagten zu 1) geschlossen habe, nicht für ausreichend. So habe das Landgericht die beigezogene staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte ohne vorherigen Beweisbeschluss verwertet und den bestrittenen Sachvortrag der Beklagten zu 2) zum Hergang des Diebstahls ohne Beweisaufnahme als unstreitig behandelt.

In materiell-rechtlicher Hinsicht bekämpft die Berufung die Auffassung des Landgerichts, der Anhänger sei von dem Versicherungsschutz aus dem Versicherungsvertrag mit der Beklagten zu 2) nicht umfasst, und hält die Klauseln in § 9 und 10 AVB, auf welche das Landgericht die Leistungsfreiheit der Beklagten zu 2) gestützt hat, für unwirksam; deren Voraussetzungen seien aber auch nicht erfüllt. § 117 Abs. 3 S. 2 VVG finde keine Anwendung, da kein „krankes“ Versicherungsverhältnis vorgelegen habe.

Im Einzelnen meint die Klägerin, das Landgericht habe die Reichweite des Versicherungsschutzes gem. Nr. 7 AVB verkannt, denn der Versicherungsschutz wäre sinnentleert, wenn jeweils nur die Zugmaschine, nicht aber der Anhänger versichert wären. Ein Sattelzug bestehe nur aus der Fahrerkabine und dem hinteren Fahrzeugteil, auf den der Trailer aufgesattelt werde. Mit dem (so verstandenen) Sattelzug selbst werde nie Ware transportiert. Auf die vorübergehende Trennung von Zugmaschine und Trailer komme es nicht an, denn versichert sei die Haftung der Beklagten zu 1) aus dem Transportvertrag. Dieser sei aber erst mit der Ablieferung des Frachtguts erfüllt.

Die Klausel Nr. 9 AVB hält sie für unwirksam, weil diese in den in Rede stehenden, als „Ausschlüsse“ bezeichneten Verhaltensanforderungen im zweiten und dritten Spiegelstrich verdeckte Obliegenheiten des Versicherungsnehmers enthielten, ohne auf der Rechtsfolgenseite der differenzierten Regelung in § 28 VVG zu entsprechen. Zudem seien die Voraussetzungen nicht erfüllt. Von einem qualifizierten Verschulden des Fahrers hätte nur bei einer besonders wertvollen Fracht ausgegangen werden dürfen. Um eine besonders wertvolle Fracht handele es sich aber erst, wenn die Haftungshöchstgrenzen des § 431 HGB um mehr als das 10fache überschritten werde. Zudem sei dann ein Hinweis des Auftraggebers an den Frachtführer erforderlich. Der Fahrer des Sattelzugs habe davon ausgehen dürfen, kein besonders diebstahlsgefährdetes Gut zu befördern. Der ausgewählte Abstellort habe sich schon zuvor als ausreichend sicher dargestellt. Da der Abstellort an ein Wohngebiet grenze, sei er hinreichend frequentiert und nicht besonders diebstahlgefährdet gewesen. Das Landgericht habe sich auch nicht ausreichend mit dem subjektiven Merkmal des Bewusstseins einer Schadenswahrscheinlichkeit befasst. Soweit das Landgericht der Beklagten zu 1) vorgeworfen habe, kein Führungszeugnis eingeholt zu haben, sei dies nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen; es komme aber auch nicht auf ein Auswahlverschulden bei der Einstellung, sondern auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Beförderungsvertrags an. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Mitarbeiter schon über mehrere Monate hinweg als zuverlässig erwiesen gehabt. Das Landgericht habe auch nicht festgestellt, welchen Mitarbeiter der Beklagten zu 1) der Verschuldensvorwurf treffe; nur eigenes Verschulden oder solches eines Repräsentanten könne zur Leistungsfreiheit der Beklagten zu 2) führen.

Die Klausel Nr. 10 AVB hält die Klägerin für unwirksam, weil sich ihr nicht eindeutig entnehmen lasse, welche Sicherungsmaßnahmen erforderlich seien. Zudem erfasse diese nicht schon die vorgelagerte Organisation der Bewachung, sondern erst die tatsächliche Bewachung des Fahrzeugs nach der Übernahme der Fracht, wie sich schon aus der Übernahme ergebe. Jedenfalls sei es aber fehlerhaft, im Rahmen der nach § 28 VVG erforderlichen Abwägung eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung der Beklagten zu 1) anzunehmen, welche zur vollständigen Leistungsfreiheit der Beklagten zu 2) führen solle.

 

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 67.662,63 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2011 zu zahlen.

sowie hilfsweise,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu 2) zu verurteilen, die Klägerin von Ansprüchen Dritter aus dem Frachtvertragsverhältnis zwischen ihr und der D. GmbH & Co. KG vom 19.08.2010 wegen des Abhandenkommens des Transportgutes freizustellen.

 

Die Beklagte zu 2) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 2) verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Das Landgericht habe richtig gesehen, dass der Anhänger vom Versicherungsvertrag nicht mit umfasst sei. Sattelzug sei im allgemeinen Sprachgebrauch nicht nur die Zugmaschine, sondern das gesamte Gespann. Aus der Police ergebe sich aber, dass dann nur das Gespann aus Zugmaschine und Gespann mit jeweils dem identischen Kennzeichen versichert seien. Die gegenteilige Auffassung führe zu einer nicht überschaubaren Ausweitung des Versicherungsschutzes, weil der Versicherungsnehmer dann mit einer einzigen Zugmaschine eine Vielzahl von Aufliegern befördern und abgestellt zurücklassen könne, für die Versicherungsschutz gewährt werden müsse.

Der Senat hat die Akten der Staatsanwaltschaft Halle zur Geschäftsnummer ... beigezogen; diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Der Senat hat ferner eine Auskunft des Bundesamtes für Justiz zum Inhalt eines Führungszeugnisses für den Zeugen P. eingeholt, wie es diesem zum Zeitpunkt seiner Einstellung bei der Beklagten zu 1) erteilt worden wäre. Wegen des Ergebnisses der Auskunft wird auf das Schreiben des Bundesamtes der Justiz vom 06.02.2014 (Bd. IV Bl. 51 d.A.) Bezug genommen. Ferner hat der Senat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F. und P. . Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2014 Bezug genommen.

 

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin führt zu einer teilweisen Abänderung des angefochtenen Urteils.

Mit dem Hauptantrag bleibt die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2) auch im Berufungsverfahren schon deshalb ohne Erfolg, weil ihr Schaden bislang in der Belastung mit einer Verbindlichkeit besteht, die sie aber noch nicht erfüllt hat. Soweit das Landgericht den Schaden der Klägerin darin gesehen hatte, dass diese entweder mit einem Ersatzanspruch ihrer Auftraggeberin, der Fa. D. GmbH & Co. KG, oder nach Leistung durch und Forderungsübergang auf deren Transportversicherer der M. A/S, zum Ersatz verpflichtet und entsprechend mit einer Verbindlichkeit belastet sei, ist eine Zahlung der Klägerin an eine der beiden in Betracht kommenden Gläubigerinnen weder erstinstanzlich festgestellt noch im Berufungsverfahren behauptet, so dass die Klägerin nur, wie sie im Berufungsverfahren auch hilfsweise beantragt, die Freistellung von der entsprechenden Verbindlichkeit verlangen kann

Hierzu ist die Beklagte zu 2) indessen aus Rechtsgründen nur teilweise verpflichtet. Zwar begründet § 115 Abs. 1 Nr. 2 VVG im vorliegenden Fall einen Direktanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) auf Ersatz des ihr aus dem Diebstahl des Transportgut entstandenen Schadens, nachdem über das Vermögen von deren Versicherungsnehmerin, der Beklagten zu 1), ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und es sich bei der zugrunde liegenden Versicherungsvertrag gem. § 7a GüKG um eine Pflichtversicherung handelt. Die Beklagte zu 2) ist jedoch gemäß § 117 Abs. 3 S. 2 VVG teilweise leistungsfrei geworden, da die Klägerin gegenüber ihrem eigenen Transportversicherer einen Anspruch auf Ersatz des ihr aus dem Diebstahl der Ware entstandenen Schadens hat.

Im Einzelnen:

1. Aus den Bestimmungen des Versicherungsvertrages ergibt sich nicht, dass der Auflieger, von dem die Ladung gestohlen worden ist, allgemein oder nach der Abstellsituation bereits schon nicht mehr als versichertes Fahrzeug nach den Bestimmungen in Ziffer 7 und 8 dieses Vertrages anzusehen wäre.

a) In tatsächlicher Hinsicht ist zwar richtig, dass der Anlieger, von dem die Ware gestohlen worden ist, ein anderes amtliches Kennzeichen aufwies als die Zugmaschine und allein das amtliche Kennzeichen der Zugmaschine in die Fahrzeugliste in Ziffer 8 des Versicherungsvertrags aufgenommen worden war. Der Senat vermag sich aber der Auffassung des Landgerichts nicht anzuschließen, wonach Ziffer 7 und Ziffer 8 des Versicherungsvertrages dahin zu verstehen seien, dass deshalb der Transport von Waren auf dem Auflieger nicht mehr zum versicherten Risiko gehört hätte. Dass nicht lediglich die Zugmaschine vom Versicherungsschutz umfasst sein kann, ergibt sich bei einer Auslegung der Police aus dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) einerseits daraus, dass nach Sinn und Zweck der Verkehrshaftungsversicherung das Erfüllungsrisiko aus den von der Beklagten zu 1) übernommenen Beförderungsverträgen abgesichert werden sollte, während die Zugmaschine allein zum Transport von Gütern nicht ausreichend wäre. Andererseits spricht auch der Wortlaut der Police dafür, denn wenn dort unter „Kraftfahrzeugart“ der Begriff „Sattelzug“ angegeben ist, ist dies nach dem allgemeinen Sprachgebrauch jedenfalls mehr als nur die Zugmaschine. Außerdem fehlt es daran, dass die Police eine Beschränkung auf nur diesen Anhänger ausweist. Wäre die Erwähnung des Kennzeichens in der zweiten Spalte der Fahrzeugliste so zu verstehen, hätte es nahe gelegen, auch die dritte Spalte zum zulässigen Gesamtgewicht inklusive Hänger auszufüllen, denn bei einem einzigen, konkret bezeichneten Gespann wäre dies ohne weiteres möglich gewesen. Diese Spalte ist aber lediglich mit einem Querstrich gesperrt worden.

Es ergibt sich auch nicht im Wege der Auslegung, dass unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien lediglich der Anhänger mit dem identischen Kennzeichen in den Versicherungsschutz einbezogen sein soll. Der Beklagten zu 2) droht keine uferlose Haftung, weil Voraussetzung für den Versicherungsschutz stets ist, dass ein Beförderungsvorgang mit dem versicherten Sattelzug stattfindet. Daran würde es fehlen, wenn zunächst ein Trailer mit der jedenfalls versicherten Zugmaschine aufgenommen und dann auf unabsehbare Zeit irgendwo abgestellt würde, während mit der versicherten Zugmaschine weitere Trailer aufgenommen würden, die dann ebenfalls versichert wären. Ein Korrektiv gegenüber einer derart weiten Haftung besteht darin, dass der Trailer und die auf ihm befindliche Ware nicht als solche versichert sind, sondern der Beförderungsvorgang noch andauern muss, woran es jedenfalls fehlt, wenn Zugmaschine und Trailer getrennt und letzterer auf unabsehbare Zeit irgendwo abgestellt wäre.

b) Auch das Abkoppeln des Trailers von der Zugmaschine und dessen Abparken in einem Gewerbegebiet über das Wochenende führen nicht dazu, dass die Beklagte zu 1) bereits durch die rein faktische, vorübergehende Trennung von Zugmaschine und Anhänger den Versicherungsschutz aus dem Versicherungsvertrag mit der Beklagten zu 2) verloren hätte.

Der Versicherungsvertrag enthält keine ausdrücklichen Regelungen zu den Auswirkungen einer Fahrtunterbrechung und eines vorübergehenden Abkoppelns des Trailers vor Abschluss des Transportvorgangs auf den Fortbestand des Versicherungsschutzes. Die Beklagte zu 1) durfte ihn gem. §§ 133, 157 BGB dahin verstehen, dass eine Fahrtunterbrechung und das vorübergehende Abkoppeln den Versicherungsschutz unberührt lassen, solange der versicherte Transportvorgang noch nicht abgeschlossen war. Denn für das Abkoppeln der Zugmaschine kann es ganz unterschiedliche Anlässe geben. So könnte dieses neben der hier in Rede stehenden Fahrtunterbrechung über das Wochenende auch erfolgen, wenn die Zugmaschine unterwegs einen Defekt erlitte und in einer Werkstatt repariert werden müsste, oder wenn diese in Brand geriete und das Abkoppeln gerade zum Schutz der Ware erfolgt. Der Versicherungsvertrag unterscheidet aber nicht zwischen solchen Situationen, die nicht mit einer Gefahrerhöhung einhergehen, und dem vorübergehenden Abstellen über das Wochenende. Für den Verlust des Versicherungsschutzes ist daher nicht auf das Abkoppeln als technischer Vorgang abzustellen, sondern darauf, ob der versicherte Beförderungsvorgang abgeschlossen war. Das ist beim Abkoppeln am Ziel der Fall, aber auch dann, wenn die Beförderung auf unabsehbare Zeit unterbrochen würde. So liegen die Dinge hier aber nicht. Es lag aus Sicht der Beklagten zu 1) nur eine vorübergehende Unterbrechung der Beförderungsleistung über das Wochenende vor; der Trailer sollte in der Nacht auf Montag wieder aufgenommen und die Ware am 23.08.2010 an den Endkunden ausgeliefert werden.

2. Soweit die Beklagte zu 2) meint, sie sei infolge der vorgetragenen Verletzungen von Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag, nämlich von Ziffer 9 AVB zweiter und dritter Spiegelstrich und Ziffer 10 AVB, gegenüber der Beklagten zu 1) leistungsfrei geworden, kann dies, für sich genommen, entgegen der Auffassung des Landgerichts den Klageanspruch ebenfalls nicht zu Fall bringen, da der Direktanspruch der Klägerin aus § 115 Abs. 1 VVG hiervon nach § 117 Abs. 1 VVG unberührt bliebe.

a) § 117 Abs. 1 VVG bestimmt, dass die Leistungspflicht des Versicherers bei einem Direktanspruch aus § 115 VVG in Ansehung des Dritten, hier also der Klägerin, auch dann bestehen bleibt, wenn der Versicherer im Innenverhältnis zum Versicherungsnehmer ganz oder teilweise von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden ist. Wie sich aus § 117 Abs. 3 S. 1 VVG ergibt, wonach der Versicherer im Fall des § 117 Abs. 1 VVG nur im Rahmen der von ihm übernommenen Gefahr zur Leistung verpflichtet bleibt, lassen wirksame vertragliche Risikobegrenzungen und Haftungsausschlüsse die Haftung des Versicherers gegenüber dem Dritten aus § 117 Abs. 1 VVG entfallen. Eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers lässt hingegen den Direktanspruch des Dritten gegen den Versicherer nach § 117 Abs. 1 VVG unberührt (vgl. Prölls/Martin, Rn. 6 zu § 117 VVG, Römer/Langheid, Rn. 27 zu § 117 VVG).

b) Bei den in Ziffer 9 AVB, zweiter und dritter Spiegelstrich, und den in Ziffer 10 AVB bestimmten Sorgfaltsanforderungen beim Umfang mit dem Transportgut handelt es sich nicht um objektive Leistungsausschlüsse, sondern um Obliegenheiten des Versicherungsnehmers.

Für die in Ziffer 10 AVB bestimmten Anforderungen an die Sicherung des Transportguts ergibt sich dies bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Regelung, denn diese sind dort ausdrücklich als Obliegenheiten bezeichnet.

Die Klausel in Ziffer 9 AVB ist ihrem Wortlaut nach in den Fällen des zweiten und dritten Spiegelstrichs als Leistungsausschluss für den Fall formuliert, dass der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant entweder den Schaden vorsätzlich oder leichtfertig in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, verursacht haben, oder bei der Auswahl eines Erfüllungsgehilfen vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet haben, wenn der Schaden von jenem in vorbezeichneter Weise herbeigeführt worden ist. Gleichwohl handelt es sich dabei nicht um eine objektive Risikobegrenzung, sondern um eine sog. „verhüllte Obliegenheit“, mit der Folge dass auch insoweit eine ganz oder teilweise eintretende Leistungsfreiheit der Beklagten zu 2) gegenüber der Beklagten zu 1) den Direktanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) nicht entfallen lässt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher der Senat folgt, kommt es bei der Unterscheidung zwischen einer Obliegenheit und einer Risikobegrenzung nicht nur auf Wortlaut und Stellung einer Versicherungsbedingung an. Entscheidend ist vielmehr der materielle Gehalt der einzelnen Klausel. Es kommt darauf an, ob sie eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der Versicherer Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder ihn verliert. Wird von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt und nicht ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens wieder entzogen, so handelt es sich um eine Risikobegrenzung (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12.10.2011, IV ZR 199/10 veröffentlicht BGHZ 191, 159 ff., hier zitiert nach juris).

Bei der Klausel in Ziffer 9 AVB handelt es sich in den beiden dort im zweiten und dritten Spiegelstrich genannten Fällen nach diesem Maßstab um verhüllte Obliegenheiten, weil durch sie nicht das von dem Versicherer übernommene Wagnis nach objektiven Kriterien weiter eingegrenzt werden soll, sondern es von der Einhaltung qualifizierter Sorgfaltsanforderungen seitens des Versicherungsnehmers abhängen soll, ob dieser den an sich bestehenden Versicherungsschutz für eine bestimmte Beförderungsleistung wieder verlieren soll. Im ersten der beiden in Ziffer 9 genannten Fälle soll der Versicherer leistungsfrei sein, wenn der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant im Hinblick auf den Eintritt eines möglichen Schadens vorsätzlich oder leichtfertig und im Bewusstsein einer Schadenswahrscheinlichkeit gehandelt haben; im zweiten der beiden Fälle soll Leistungsfreiheit eintreten, wenn sie bei der Auswahl eines Erfüllungsgehilfen vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben, welcher sich seinerseits in der zuvor bezeichneten Weise sorgfaltswidrig verhalten hat.

3. Die Beklagte zu 2) ist aber gegenüber der Klägerin gem. § 117 Abs. 3 S. 2 VVG teilweise leistungsfrei geworden.

Wie zwischen den Parteien nicht im Streit steht, kann die Klägerin von einem anderen Schadensversicherer, hier ihrem eigenen Transportschadensversicherer, den Ersatz des ihr entstandenen Schadens verlangen.

Nach der systematischen Stellung der Norm tritt die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 117 Abs. 3 S. 2 VVG nur ein, wenn ein „krankes“ Versicherungsverhältnis besteht, also einer der in § 117 Abs. 1 VVG beschriebenen Fälle einer fortbestehenden Leistungsverpflichtung des Versicherers im Außenverhältnis bei Leistungsfreiheit im Innenverhältnis zum eigenen Versicherten vorliegt. § 117 Abs. 3 S. 1 VVG nimmt unmittelbar auf § 117 Abs. 1 und 2 VVG Bezug und begrenzt den Umfang, in welchem die Einstandspflicht des Versicherers gegenüber dem Dritten fortbestehen soll, hinsichtlich der Mindestversicherungssumme und der übernommenen Gefahr auf das Risiko, das der Versicherer im Verhältnis zu dem Versicherungsnehmer in dem Versicherungsvertrag übernommen hat. § 117 Abs. 3 S. 2 VVG entlastet den im Innenverhältnis frei gewordenen Versicherer noch weitergehend für jene Fälle, in denen der Dritte des Schutzes aus § 117 Abs. 1 VVG nicht bedarf, weil er seinerseits seinen Schaden durch einen anderen Schadensversicherer oder einen Sozialversicherungsträger ersetzt bekommen kann.

Im vorliegenden Fall liegt ein derartiges „krankes“ Versicherungsverhältnis vor, denn die Beklagte zu 2) ist im Innenverhältnis zur Beklagten zu 1) infolge der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten leistungsfrei geworden.

a) Die Beklagte zu 1) hat die in Ziffer 9 AVB, zweiter und dritter Spiegelstrich, bestimmten Obliegenheiten verletzt.

aa) Die Beklagte zu 1) hat ihre Obliegenheit aus Ziffer 9 AVB, zweiter Spiegelstrich, hinsichtlich der Sorgfaltsanforderungen an die Organisation des Transports verletzt. Sie muss sich insoweit das Handeln des Zeugen A. F. als ihres Repräsentanten zurechnen lassen. Der Zeuge F. ist nach seinem glaubhaften Bekunden der Lebensgefährte der Geschäftsführerin der Beklagten zu 1), der Zeugin S. . Diese hatte ihm zumindest die Führung des gesamten operativen Geschäfts der Beklagten zu 1) überlassen. Allenfalls über die Erweiterung des Fuhrparks hat sich der Zeuge nach seiner Schilderung noch mit der formal als Geschäftsführerin im Handelsregister eingetragenen Zeugin S. ausgetauscht, im Übrigen aber schon die Fahrer selbst eingestellt und die Organisation und Abwicklung der Transporte besorgt.

Der Zeuge F. hat bei der Organisation des Transports die elementarsten Sorgfaltsanforderungen außer Acht gelassen.

Aus den Angaben der Zeugen F. und P. in ihrer Vernehmung durch den Senat ergibt sich, dass der Zeuge F. dem Zeugen P. die praktische Durchführung des Transports und insbesondere die Wahl des Abstellortes für den Trailer über das Wochenende vollständig selbst überlassen und in Kenntnis des Umstandes, dass der Zeuge den Trailer an seinem Wohnort wegen der dort beengten Verkehrsverhältnisse nicht würde abstellen können, diesem nicht einmal die Sicherung gegen den dann auch erfolgten Komplettdiebstahl des Trailers ermöglicht, denn er hatte es verabsäumt, dem Zeugen P. Klauen mitzugeben, mit welchen er zumindest den Königszapfen des Trailers dagegen hätte sichern können, dass dieser, wie dann auch geschehen, einfach mittels einer anderen Zugmaschine aufgenommen und weggefahren wird. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass diese, sich ergänzenden und zueinander widerspruchsfreien Angaben beider Zeugen nicht der Wahrheit entsprechen könnten.

Bei der Ladung des Trailers, ca. 18 t Stahl in Form von Rundstäben, handelte es sich schon nach dem Gewicht und der Form nicht um Ware, welche von Gelegenheitsdieben ohne weiteres entwendet werden konnte. Um sie abtransportieren zu können, wurde ein weiterer LKW mit entsprechender Ladekapazität benötigt. Das Umladen einer derartigen Menge von Rundstäben ließ sich umständehalber nach deren Gewicht weder allein noch in kurzer Zeit bewerkstelligen. Auch wenn die Täter bislang nicht ermittelt werden konnten, spricht deshalb viel für die von der Beklagten zu 2) geäußerte Vermutung, dass der Diebstahl durch eine entsprechend gut organisierte Bande erfolgt sein dürfte. Das bedeutet aber nicht, dass es sich um ein auch durch angemessene und übliche Sicherungsmaßnahmen von vornherein unvermeidbares Geschehen gehandelt hätte. Wie sich der im Berufungsverfahren beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Halle entnehmen lässt, haben die Diebe nicht am Abstellort auf die Ware zugegriffen, sondern zunächst den kompletten Hänger mittels einer anderen Zugmaschine an einen dritten Ort, nach A. , transportiert und erst dort die Ware umgeladen. Dass sie hierzu aber überhaupt in der Lage waren, verdanken sie dem Umstand, dass sie den Trailer ohne weiteres von seinem Abstellort an einen dritten Ort verbringen konnten, da dieser an seinem sog. Königszapfen, mit welchem er von der Zugmaschine aufgenommen wird, nicht durch Klauen gesichert war. Wie sich erstmals in der Beweisaufnahme vor dem Senat ergeben hat, konnte der Zeuge P. aber diese elementarste Sicherungsmaßnahme, die sich bei einem Abkoppeln des Trailers und dessen Zurücklassen an einem unbewachten Ort über ein ganzes Wochenende geradezu aufdrängen musste, überhaupt nicht ergreifen, weil der Sattelzug mit solchen Klauen schon nicht ausgestattet war. Für eine entsprechende Ausrüstung zu sorgen, wäre jedoch Aufgabe des Zeugen F. im Zusammenhang mit der Organisation des Transports gewesen, wusste er doch nach eigenem Bekunden, dass der Zeuge P. den Anhänger über das Wochenende wegen der beengten Verkehrsverhältnisse nicht in der Nähe seiner Wohnung würde abstellen können. Stattdessen hat sich der Zeuge F. jedoch nach seiner Schilderung um die Abwicklung des konkreten Transports überhaupt nicht gekümmert. Er weilte vielmehr im Ausland und hatte es völlig dem Zeugen P. überlassen, den Abstellort für den Trailer über das Wochenende zu bestimmen; erstmals in der Vernehmung vor dem Senat hat er auf diese Weise überhaupt erfahren, dass der Zeuge P. den Trailer in einem 35 km von seinem eigenen Wohnort entfernt gelegenen Gewerbegebiet abgestellt hatte, und seine Missbilligung hierüber zum Ausdruck gebracht. Der Zeuge F. wollte sich nach eigenem Bekunden erst im Nachgang zu der Ausführung des eigentlichen Transports, den er dem Zeugen P. überlassen hatte, überhaupt mit der Angelegenheit befassen und anhand der Begleitpapiere die Rechnung legen. Selbst den Fahrauftrag hat der Zeuge P. nach seinen Angaben nicht von ihm, sondern direkt durch den Disponenten der Klägerin erhalten. Der Zeuge F. hat sich damit jeglicher Einflussnahme auf die Organisation des konkreten Transportes der Ware begeben.

Wer für die Organisation eines Warentransports und die Sicherung der Ladung verantwortlich ist und den praktischen Verlauf des Transports derartig dem Selbstlauf und Befinden allein des erst einige Monate für das Unternehmen tätigen Fahrers überlässt und zugleich selbst elementarste Sicherungsmaßnahmen gegen den Diebstahl des kompletten Hängers nebst der darauf befindlichen Ware verhindert, indem er den Sattelzug nicht mit entsprechenden Klauen zum Schutz des Königszapfens ausstattet, handelt leichtfertig, weil er in gesteigerter Weise alles außer Acht lässt, was einem sorgfältigen, auf den Schutz des anvertrauten Gutes bedachten Fuhrunternehmer hätte einleuchten müssen. Er handelt auch im Bewusstsein einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Denn dass Ware von erheblichem Wert, die auf einem über das Wochenende in einem nicht im Wahrnehmungsbereich des Fahrers abgestellten Hänger verbleibt, leichter zu entwenden sein würde, als bei einer beaufsichtigten Abstellsituation, musste jedem mit der Organisation eines solchen Transports Betrauten ebenso bewusst sein wie der Umstand, dass ein solcher Diebstahl dann nochmals deutlich erleichtert werden würde, wenn die Diebe die Ware nicht am Abstellort umladen mussten, sondern den ganzen Hänger zunächst zu einem aus ihrer Sicht hierzu besser geeigneten Ort verbringen konnten, um ihn dann dort entladen zu können.

Der Senat folgt auch nicht der Auffassung der Klägerin, von einem derart qualifizierten Verschulden, nämlich einem leichtfertig im Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts erfolgten Handeln bzw. Unterlassen, sei nur bei einer Ladung auszugehen, deren Wert die Haftungshöchstgrenze aus § 431 HGB um mehr als das 10fache überschreite. Die in Rede stehenden Bestimmungen in Ziffer 9 AVB der Beklagten zu 2) entsprechen in ihren tatbestandlichen Voraussetzungen für den dort formulierten Leistungsausschluss der gesetzlichen Regelung in § 435 HGB, welche indessen den Wegfall von Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen betreffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 01.12.2005, I ZR 265/03, NJW-RR 2006, 1108, hier zitiert nach juris) kann den Versender zwar auch bei einem qualifizierten Verschulden im Sinn des § 435 HGB ein anspruchsminderndes Mitverschulden aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB treffen, wenn er es versäumt, den Frachtführer im Hinblick auf den Wert des versendeten Gutes auf einen ungewöhnlich hohen Schaden aufmerksam zu machen. Zum einen steht ein derartiges Mitverschulden der Versenderin hier nicht in Rede, zum anderen soll es nach der vorzitierten Entscheidung für die Frage, ob ein ungewöhnlich hoher Schaden droht, gerade nicht auf einen bestimmten Betrag, sondern auf die Umstände des Einzelfalls ankommen.

bb) Zudem hat die Beklagte zu 1) aber auch die Obliegenheit aus Ziffer 9 AVB, dritter Spiegelstrich, verletzt, denn nicht nur der Zeuge F. , sondern auch der von ihr mit dem Transport betraute Fahrer, der Zeuge P. , hat den Schaden leichtfertig und im Bewusstsein eines Schadenseintritts verursacht. Auch der für die Beklagte zu 1) handelnde Zeuge F. hatte bei der Auswahl des Zeugen P. die im Verkehr erforderliche Sorgfalt grob fahrlässig verletzt.

(1) Auch der Zeuge P. hat im Zusammenhang mit der Sicherung der ihm anvertrauten Ware gegen Diebstahl in besonders gesteigerter Weise dasjenige außer Acht gelassen, was jedem sorgsamen Fahrer bei einem Zurücklassen des Hängers in einem Gewerbegebiet über das Wochenende hätte einleuchten müssen. Wie sich aus der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Halle ergibt und auch der Zeuge P. dem Senat in seiner Vernehmung noch einmal bestätigt hat, waren die Türen des Hängers nämlich über das Wochenende unverschlossen. Mithin konnte jeder potentielle Dieb sich ganz einfach, lediglich durch bloßes Öffnen der Türen, Überblick über die Art der von außen wegen des mit einer Plane abgedeckten Aufbaus sonst nicht erkennbaren Ladung des Hängers verschaffen. Ob potentielle Diebe die Schlösser der Türen, wenn sie verschlossen gewesen wären, aufgebrochen hätten, wie der Zeuge vermutete, oder ob sie dann anderswo nach Beute Ausschau gehalten hätten, die leichter zu erreichen gewesen wäre, bleibt reine Spekulation. Gerade weil der Zeuge P. , wie ihm bewusst war, den Anhänger schon nicht gegen die Aufnahme durch eine fremde Zugmaschine schützen konnte, weil er keine Klauen für den „Königszapfen“ zur Verfügung gestellt bekommen hatte, hätte es ihm in gesteigerter Weise einleuchten müssen, dass er potentiellen Dieben nicht den Zugriff noch dadurch ein weiteres Mal erleichtern durfte, dass der Anhänger über ein ganzes Wochenende unverschlossen abgestellt bleibt. Dass er hierbei auch im Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit eines Schadens handelte, ergibt sich aus seiner eigenen Erklärung, er habe das Gewerbegebiet in E. ausgesucht, nachdem es im Gewerbegebiet an seinem Wohnort in H. schon wiederholt zu Schadensfällen gekommen war. Dass der Zeuge insoweit grundsätzlich mit der Wahl des Abstellortes schadensvermeidend tätig werden wollte, ändert nichts daran, dass ihm gerade wegen der vorangegangenen Schadensfälle bewusst war, dass das Zurücklassen des Anhängers in einem Gewerbegebiet über ein Wochenende in erheblichem Umfang schadensgeneigt war. Umso mehr hätte es sich ihm aufdrängen müssen, die aus dieser Abstellsituation entstehenden Risiken zumindest dadurch zu mindern, dass der Hänger nicht auch noch unverschlossen bleibt.

(2) Die Beklagte zu 1) hat bei der Auswahl des Zeugen P. die im Verkehr erforderliche Sorgfalt grob fahrlässig verletzt.

Diese Sorgfaltsanforderung bezieht sich nicht allein auf die, in concreto seitens des Zeugen F. wegen dessen Urlaubsabwesenheit gar nicht einmal bewusst vollzogene, Auswahl des Zeugen P. als Fahrer für den konkreten Transport, sondern erstreckt sich zumindest auch auf dessen generelle Eignung als Fahrer für einen Transport, bei dem Waren von nicht unerheblichem Wert transportiert werden.

Die Beklagte zu 1) hätte sich vor der Einstellung des Zeugen P. in geeigneter Weise von dessen Zuverlässigkeit überzeugen müssen. Dazu hätte sie angesichts der ihm anvertrauten materiellen Werte nicht auf die Einholung eines polizeilichen Führungszeugnisses verzichten dürfen. Hierbei handelt es sich um eine naheliegende, leicht zu handhabende und zuverlässige Ergebnisse liefernde Maßnahme, aufgrund derer zumindest die Beklagte zu 1) zumindest demjenigen den Zugang zu Waren von erheblichem Wert hätte abschneiden können, der sich schon in der Vergangenheit als unzuverlässig erwiesen hatte (vgl. etwa OLG München, Urt. v. 04.08.1993, 7 U 1790/93, zitiert nach juris, veröffentlicht u.a.. NJW-RR 1994, 31; OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.07.2005, 5 U 689/04, zitiert nach juris, veröffentlicht u.a.: VersR 2006, 503). Im Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass weder die Geschäftsführerin der Beklagten zu 1), die Zeugin S. , noch der Zeuge F. , der die Personalauswahl vorgenommen hat, auch nur in Erwägung gezogen haben, ein Führungszeugnis einzuholen. Der Zeuge F. hat hierzu vielmehr erklärt, er wolle sich die Einzustellenden jeweils persönlich ansehen und jedem eine Chance geben. Den Zeugen P. habe er im Jahr 2009 zunächst auf Empfehlung eines anderen Fahrers eingestellt. Nach etwa einem halben Jahr sei dieser jedoch zu einem anderen Arbeitgeber gewechselt. Im Jahr 2010 habe er ihn dann, da er bis dahin mit ihm zufrieden gewesen sei, erneut eingestellt. Der Zeuge P. hat erklärt, dass er bei seiner Einstellung nicht nach früheren Schadensfällen oder Straftaten befragt worden sei.

Wie sich aus der von dem Senat eingeholten Auskunft des Bundesamtes für Justiz vom 05.02.2014 ergibt, hätte der Inhalt eines vor der erneuten Einstellung des Zeugen P. eingeholten Führungszeugnisses auch Anlass gegeben, durchgreifende Zweifel an seiner Eignung zum Umgang mit Fracht von erheblichem Wert gegeben, denn die Beklagte zu 1) hätte daraus ersehen können, dass der Zeuge P. mehrfach und in erheblichem Umfang wegen Vermögensdelikten vorbestraft war. So war der Zeuge am 20.11.2002 durch das Amtsgericht Eisleben wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen sowie Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 16 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt worden. Die Strafe ist nach einem Bewährungswiderruf auch vollstreckt worden. Zudem ist der Zeuge P. am 01.03.2005 durch das Landgericht Halle wegen gewerbsmäßigen Betruges in 53 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Der Strafrest ist am 27.06.2007 zur Bewährung ausgesetzt worden.

Dass der Zeuge bereits im Jahr zuvor für etwa ein halbes Jahr als Fahrer bei der Beklagten zu 1) tätig gewesen war, wie sich erst aus den Angaben des Zeugen F. ergeben hat, führt auch dann, wenn es dort nicht zu Schadensfällen kam, nicht dazu, dass bei der erneuten Einstellung die Einholung eines Führungszeugnisses entbehrlich gewesen wäre. Die Beklagte zu 1) entlastet es insoweit nicht, dass sie diese Sorgfaltsanforderung schon bei der ersten Einstellung des Zeugen versäumt hatte. Es kann dahinstehen, ob die erneute Abforderung eines Führungszeugnisses für den Zeugen möglicherweise entbehrlich gewesen wäre, wenn bei dessen erster Einstellung im Jahr 2009 ein solches vorgelegen hätte und der Zeuge im Übrigen wegen seines Verhaltens während des ersten Beschäftigungsverhältnisses vertrauenswürdig erschienen wäre. Hierfür fehlte vorliegend aber die Grundlage, wenn die Beklagte zu 1) es von Anfang an unterlassen hatte, sich über die Zuverlässigkeit des Zeugen durch Vorlage eines Führungszeugnisses zu vergewissern.

Die Beklagte zu 1) hat daher bei der Auswahl ihres Fahrers dasjenige außer Acht gelassen, was jedem sorgsamen Fuhrunternehmer in ihrer Lage angesichts der dem Fahrer anvertrauten Werte hätte einleuchten müssen, und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt mithin in grobem Maße verletzt.

cc) Die beiden Klauseln in Ziffer 9 AVB, zweiter und dritter Spiegelstrich, sind auch nicht deshalb gem. § 32 VVG unwirksam, weil sie als Leistungsausschluss formuliert sind und nicht die in § 28 Abs. 2 S. 2 VVG für die grob fahrlässige Verletzung von vertraglichen Obliegenheiten bestimmte, vom Grad des Verschuldens abhängige Rechtsfolgenregelung enthalten.

Die Klauseln sind zwar gemäß § 307 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Rechtsfolgenanordnung unwirksam, da sie zum Nachteil der Klägerin von der halbzwingenden Regelung in § 28 Abs. 2 S. 2 VVG abweichen und diese unangemessen benachteiligen. Die hierdurch entstehende Vertragslücke hinsichtlich der Sanktion für eine grob fahrlässige Verletzung der in Ziffer 9 AVB, zweiter und dritter Spiegelstrich, vereinbarten Obliegenheiten der Versicherungsnehmerin kann jedoch gemäß § 306 Abs. 2 BGB durch eine entsprechende Anwendung von § 28 Abs. 2 S. 2 VVG geschlossen werden.

Jedenfalls nach der vor der Reform des VVG bestehenden Rechtslage konnte die aus dieser Teilunwirksamkeit der Klauseln hinsichtlich der Sanktionsregelung entstehende Lücke gem. § 306 Abs. 2 BGB durch entsprechende Anwendung von § 6 VVG a.F. geschlossen werden (BGH, Urt. v. 24.05.2000, IV ZR 186/99, veröffentlicht u.a.: VersR 2000, 969, hier zitiert nach juris; Prölls/Martin, Rn. 27 zu § 28 VVG). In den Fällen, in denen ein Versicherer es versäumt hatte, die Versicherungsbedingungen in der durch Art. 1 Abs. 3 EGVVG eröffneten Weise an das neue Recht anzupassen, besteht diese Möglichkeit wegen der Spezialität der Bestimmung in Art. 1 Abs. 3 VVG gegenüber § 306 Abs. 2 BGB allerdings nicht (BGH, Urt. v. 12.10.2011, IV ZR 199/10, veröffentlicht: BGHZ 191, 159 ff.). Der hier in Rede stehende Versicherungsvertrag ist ausweislich der Police jedoch erst im Jahr 2010 geschlossen worden, so dass eine Anpassungsmöglichkeit nach Art. 1 Abs. 3 EGVVG nicht in Rede stand. Soweit die Klägerin meint, dies dahin zu verstehen, dass eine Lückenfüllung durch die ergänzende Anwendung von § 28 Abs. 2 S. 2 VVG nach der Reform des VVG generell nicht mehr in Betracht komme, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dies lässt sich insbesondere dem vorzitierten Urteil des BGH vom 12.10.2011 nicht entnehmen, denn dort wird die Möglichkeit einer solchen Lückenfüllung über § 306 Abs. 2 BGB nicht generell für das neue Recht verneint, sondern dies im Hinblick auf die Besonderheiten bei der Umstellung von Altverträgen auf die nach der Reform des VVG bestehende Rechtslage im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 3 EGVVG ausgeschlossen, weil diese Regelung insoweit die allgemeine Regelung in § 306 Abs. 2 BGB verdränge. Wäre die Lückenfüllung durch eine entsprechende Anwendung von § 28 Abs. 2 S. 2 VVG nach neuem Recht generell nicht mehr möglich, hätte es dieser speziellen Erwägung nicht bedurft.

b) Die Beklagte zu 1) hat aber auch ihre Obliegenheit aus § 10 AVB verletzt, nachts und während der Ruhepausen für eine angemessene Bewachung des Fahrzeugs zu sorgen. Aus den vorstehend bereits genannten Gründen wäre die Organisation einer entsprechenden Bewachung des Fahrzeugs Sache des Zeugen F. gewesen. Dieser hat sich jedoch überhaupt nicht um die Abstellsituation des Fahrzeugs über das Wochenende gekümmert. In Ermangelung einer entsprechenden Weisung und entsprechender organisatorischer Maßnahmen blieb der Trailer deshalb, wie dem Zeugen F. grundsätzlich für jeden von dem Zeugen P. über ein Wochenende hinweg übernommenen Transport auch bewusst war, vollständig unbewacht zurück.

Die Klausel in Ziffer 10 AVB ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht unwirksam, weil die Verhaltenserwartung an den Versicherungsnehmer dort nicht hinreichend präzise beschrieben wäre. Soweit die Beklagte zu 2) insoweit auf das Urteil des BGH vom 01.12.2004 (IV ZR 291/03, zitiert nach juris) hinweist, ist dort zwar ausdrücklich eine wortgleiche Klausel für wirksam gehalten worden; allerdings unterschied sich der damalige Sachverhalt vom hiesigen Fall dadurch, dass die Klausel dort nicht allein stand, sondern für internationale Transporte mit einer weiteren Obliegenheit gekoppelt war, Auflieger mit Ladung nur auf bewachten Parkplätzen länger als 45 Minuten zu verlassen, und die Entscheidung des Berufungsgerichts dort gerade auf diese zweite Klausel und die Verletzung jener Obliegenheit gestützt war. Das in der Klausel Ziffer 10 AVB vereinbarte Erfordernis, insbesondere nachts und während der Ruhepausen für eine ausreichende, angemessene Bewachung eines beladenen Fahrzeugs zu sorgen, ist zwar sprachlich relativ weit gefasst. Insoweit ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) schon ihrer Gesellschaftsform nach ein vollkaufmännisch organisiertes Unternehmen ist und deshalb aufgrund ihrer Geschäftserfahrung erkennen konnte, dass ihr schon durch die Formulierung „zu sorgen“ aufgegeben wird, den LKW nebst Ladung nicht einfach sich selbst zu überlassen, sondern dass es erforderlich gewesen wäre, konkrete Anweisungen für das Verhalten und die Sicherung des Fahrzeugs bei Fahrtunterbrechungen zu erteilen. Solche Anweisungen fehlen hier jedoch völlig.

Die Anforderungen aus Nr. 10 AVB betreffen auch nicht nur die eigentliche Bewachungstätigkeit nach Übernahme der Fracht. Der Klausel lässt sich eine solche Begrenzung nicht entnehmen. Vielmehr umfasst sie auch die zeitlich der Übernahme der Fracht vorgelagerte Organisation der Bewachung durch das Erstellen entsprechender Anweisungen an den Fahrer.

c) Die Obliegenheitsverletzungen seitens der Beklagten zu 1) haben bei der gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung insgesamt ein solches Gewicht, dass die Beklagte zu 2) ihrethalben berechtigt gewesen wäre, ihre Leistungen gegenüber der Beklagten zu 1) um 70 % zu kürzen.

Für den Grad des Verschuldensvorwurfs ist in objektiver Hinsicht auf die Bedeutung der verletzten Obliegenheit für die Wahrung der Interessen des Versicherers, die Vermeidung des Leistungseintritts oder die Feststellung des Versicherungsfalls abzustellen. Je näher eine Obliegenheit der schlichten „Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten“ kommt und je allgemeiner und unbestimmter sie formuliert ist, desto geringer darf die Kürzung ausfallen, während ihr höheres Gewicht zukommt, wenn die Obliegenheit durch individuelle Vereinbarung geregelt ist (so zutr. Römer/Langheid, Rn. 76 zu § 28 VVG). In subjektiver Hinsicht kommt es auf den Grad der Unentschuldbarkeit des Verhaltens des Versicherungsnehmers an.

Gemessen hieran sieht der Senat in der Gesamtheit der Obliegenheitsverletzungen der Beklagten zu 1) nicht nur einen mittleren, sondern deutlich gesteigerten Verschuldensgrad. So sind zwar die Verhaltenserwartungen an die Versicherungsnehmerin sowohl in den Klausen in Ziffer 9 AVB, zweiter und dritter Spiegelstrich als auch in Ziffer 10 AVB nur allgemein umschrieben. Gleichwohl handelt es sich insbesondere bei der in Ziffer 10 AVB beschriebenen Pflicht zur Sicherung beladener Fahrzeuge und deren nächtlichen Bewachung um eine für die Schadensabwendung und damit für die Interessen der Beklagten zu 2) zentrale Pflicht. Hierzu hat der Zeuge F. dem Zeugen P. aber keinerlei Weisungen erteilt und hatte, wie die Beweisaufnahme ergab, nicht einmal Kenntnis davon, wo der Anhänger über das Wochenende abgestellt werden würde. Gründe, aus denen sich dieses Versäumnis in subjektiver Hinsicht in einem milderen Licht darstellen würde, sind nicht erkennbar.

Aber auch den weiteren Sorgfaltsanforderungen aus Ziffer 9 AVB, zweiter und dritter Spiegelstrich, an die Organisation und Durchführung des Transportes kommt erhebliche Bedeutung für die Schadensvermeidung zu. In subjektiver Hinsicht wiegt insbesondere der Umstand schwer, dass der als Repräsentant der Beklagten zu 1) anzusehende Zeuge F. sich um die Organisation des konkreten Transports überhaupt nicht gekümmert hat und dessen Durchführung allein einem erst seit wenigen Monaten bei der Beklagten zu 1) beschäftigten Fahrer, dem Zeugen P. , überlassen hatte, und dass er nicht einmal dafür Sorge getragen hatte, dass dieser den Anhänger überhaupt durch eine Blockade des Königszapfens hätte sichern können. Die Sorglosigkeit des Zeugen F. bei der Organisation des Transports und bei der Auswahl des Fahrers ist in subjektiver Hinsicht unverständlich. Soweit darüber hinaus auch der Zeuge P. gegen die ihm als Fahrer obliegende Sorgfaltspflicht verstoßen hat, den Anhänger gegen den Zugriff Dritter zu sichern, indem er dessen Türen verschließt, hat er immerhin versucht, einen günstigeren Abstellort zu finden als es das Gewerbegebiet in seinem Heimatort H. war, wo es schon zuvor zu Schadensfällen gekommen war.

d) Dies führt dazu, dass die Beklagte zu 2) auch gegenüber der Klägerin gemäß § 117 Abs. 3 S. 2 VVG in demselben Umfang leistungsfrei geworden ist. Soweit die Beklagte zu 2) gegenüber der Beklagten zu 1) zur Leistung aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet blieb, bedarf es auch der Anwendung von § 117 Abs. 1 VVG nicht. In diesem Umfang ergibt sich der Direktanspruch der Klägerin vielmehr unmittelbar aus § 115 Abs. 1 VVG. Die nach § 117 Abs. 3 S. 2 VVG für die Beklagte zu 1) begründete Möglichkeit, die Klägerin auf die Inanspruchnahme eines anderen Schadensversicherers zu verweisen, kann aber nicht in einem weiterreichenden Umfang bestehen, als sich ihre über die vertragliche Verpflichtung hinausreichende gesetzliche Haftung aus § 117 Abs. 1 VVG erstreckt. Deshalb kann nicht schon die Verletzung einer Obliegenheit, die den Versicherer im Verhältnis zum Versicherungsnehmer nur teilweise leistungsfrei werden lässt, dazu führen, dass er im Außenverhältnis zu dem Dritten, dem er nach §§ 115, 117 Abs. 1 VVG verpflichtet ist, gänzlich leistungsfrei wird.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren erfolgt gem. §§ 91, 92, 97 Abs. 1, 516 ZPO. Die Klägerin hatte die Berufung mit Schriftsatz vom 04.02.2013 zunächst unbeschränkt eingelegt. Ihre Erklärung im nachfolgenden Schriftsatz vom 30.04.2013, die Berufung solle „auf das Verfahren gegen die Beklagte zu 2. beschränkt“ werden, ist daher als Teilrücknahme der Berufung im Verhältnis zu der Beklagten zu 1. auszulegen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils wie auch des vorliegenden Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision der Klägerin erfolgt gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Frage, ob bei einer gemäß § 307 BGB hinsichtlich der Rechtsfolgen eines Verstoßes teilweise unwirksamen Klausel zu einer sog. „verhüllten Obliegenheit“ des Versicherungsnehmers außerhalb des Anwendungsbereichs von § 1 Abs. 3 EGVVG eine Lückenfüllung durch eine entsprechende Anwendung von § 28 Abs. 2 S. 2 VVG möglich ist, kommt grundsätzliche Bedeutung zu. Im Übrigen liegen keine Gründe vor, welche gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Zulassung der Revision geboten hätten.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Berufungsverfahren ist gem. § 3 ZPO i.V.m. §§ 47, 48 GKG erfolgt. Dabei wirkt sich der Hilfsantrag nicht streitwerterhöhend aus, da er auf dasselbe wirtschaftliche Interesse gerichtet ist.

 



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