FG Hamburg Urteil vom 13.12.2002, AZ: VII 268/99
  
Gericht:   FG Hamburg
Aktenzeichen:   VII 268/99
Datum:   13.12.2002
Land :   Deutschland

Einordnung in die Urteilsdatenbank
Normenregister:  VersStG-> § 1 Abs 1 , § 3 Abs 1 , § 3 Abs 2 , § 6 , § 9 Abs 1
Versicherungskategorie:   Sonstige
Stichworte:   Versicherungsteuer


Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welchem Umfang die Zahlungen für Freizeitunfallversicherungen der Versicherungssteuer unterliegen.

Die Klägerin gewährt auf der Grundlage von mit insgesamt 13 Vereinen (Versicherungsnehmer) geschlossenen Verträgen deren Mitgliedern (Versicherte) Versicherungsschutz im Rahmen einer Freizeitunfallversicherung (FUG). In den hier maßgeblichen Jahren 1990-1994 bestand dieser Versicherungsschutz für die Mitglieder der Vereine A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M. In 11 Fällen war die Klägerin alleiniger Versicherer, nur bei E und K gab es weitere Mitversicherer, wobei der Vertrag mit E von der Klägerin als führender Versicherer verwaltet wurde.

Mit Wirkung zum 01.01.1990 wurden die Versicherungsverträge mit den Vereinen neu gefasst. Im Wesentlichen, insbesondere im Bereich der Prämienberechnung, sind die Verträge mit allen Vereinen gleich abgefasst. Unter der Überschrift "5. Prämienberechnung" wurde folgende Vereinbarung getroffen:

"5.1 Die jährliche Prämie wird berechnet nach dem von ... (Verein) im jeweils abgelaufenen Kalenderjahr erzielten Beitragsaufkommen, dass sich wie folgt zusammensetzt:

5.2 Der Prämiensatz beträgt

in 1990 2,4 %,

ab 1991 2,5 %

des der Prämienberechnung zugrunde zu legenden Beitragsaufkommens. Die Prämiensätze verstehen sich einschließlich gesetzlicher Versicherungssteuer von z. Zt. 7 %.

5.3 Es wird zunächst eine Vorausprämie in Höhe von 2,14 % einschließlich Versicherungssteuer von z. Zt. 7 % erhoben. Die endgültige Abrechnung der Prämie erfolgt jeweils nach Ablauf eines Versicherungsjahres, frühestens jedoch am 01. April eines jeden Jahres.

Die Vorausprämie ist in 1/4 jährlichen Raten zahlbar. ... (der Verein) meldet am Schluss eines jeden Kalendervierteljahres das Aufkommen an Vereinsbeiträgen im jeweils abgelaufenen Vierteljahr. Danach wird die 1/4 jährliche Vorausprämie mit 2,14 % des Beitragsaufkommens errechnet.

5.31 Die ... (vom Verein) im jeweils abgelaufenen Vierteljahr verauslagten Zahlungen zu Freizeit-Unfallschäden sind gegen die gem. vorstehendem Absatz festgesetzten Prämien aufzurechnen. Die Differenz ist ... (vom Verein) an ... (die Versicherung) gleichzeitig mit der Abrechnung zu überweisen. 

Übersteigen die Schadenszahlungen den Prämienbetrag, wird der überschießende Betrag unverzüglich nach Eingang der Abrechnung von ... (der Versicherung) an ... (den Verein) überwiesen.

5.4 Die endgültige Prämie wird unter Berücksichtigung des Vertragsverlaufs festgesetzt. Folgende Berechnung wird dazu vorgenommen:

5.41 In Einnahme kommen: 
5.411 Die tatsächlich vereinnahmte Vorausprämie ohne Versicherungssteuer 
5.412 die Schadensreserve des Vorjahres 
5.42 In Ausgabe kommen: 
5.421 Die gesamten Schadensaufwendungen, und zwar 
5.4211 geleistete Zahlungen und 
5.212 Schadensreserven für noch nicht abgewickelte Schadensfälle 
5.422 eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 
4,5 % in 1990 
4,3 % ab 1991 der Prämie.

5.423 ein etwaiger Minusbetrag aus der Abrechnung des Vorjahres bis zur Tilgung.

5.43 Ergibt die Abrechnung einen Überschuss, wird Prämie in Höhe von 85 % des Überschusses erstattet, bzw. mit der nächsten fällig werdenden Prämie verrechnet.

Weist die Abrechnung einen Minusbetrag aus, ist die Prämie in dieser Höhe nachzuzahlen, höchstens jedoch bis zu dem Betrag, der sich unter Anwendung des gem. Ziff. 5.2 vereinbarten Prämiensatzes errechnet. Ein darüber hinaus verbleibender Minusbetrag wird vorgetragen.

5.5 Sofern sich aufgrund des Schadensverlaufs herausstellt, dass die vereinbarte Prämie nicht den Risikoverhältnissen entspricht, bleibt beiden Vertragspartnern das Recht vorbehalten, eine Änderung der Prämie zu verlangen."

Als Folge der in diesen Zeitraum fallenden Steuersatzerhöhungen ist der Vorausprämiensatz angepasst worden, und zwar für das Versicherungsjahr 1992 auf 2,2 % und ab dem Versicherungsjahr 1994 auf 2,4 %.

In dem streitigen Zeitraum ist bei F und I der Vorausprämiensatz gesenkt worden. Im Übrigen sind keine förmlichen Änderungen der FUG-Verträge vereinbart worden. Mit A traf die Klägerin die Vereinbarung, dass der Abrechnungsmodus in der Weise erfolge, dass die Vorausprämie bis zur endgültigen Abrechnung des Versicherungsjahres abgesenkt werde, und zwar für das Jahr 1991 auf 1,64 %, für das Jahr 1992 auf 1,7 % und für das Jahr 1993 auf 1,85 % des Beitragsaufkommens (vgl. Schreiben A's vom 27.04.1993, Blatt 54 der Gerichtsakte).

n den Jahresabrechnungen wurde der vertraglich vereinbarte Vorausprämiensatz von 2,14 % bzw. 2,2 % zugrunde gelegt. Hinsichtlich weiterer vertraglicher Besonderheiten mit einzelnen Vereinen wird auf den Bericht über die verkehrsteuerliche Außenprüfung vom 30.04.1998 (Tz. 10.1, 11 und 12) Bezug genommen.

Während die Vereine für das Versicherungsjahr 1990 die vereinbarten Vorausprämien vollständig geleistet hatten, ist es ab dem Versicherungsjahr 1991 bei fast allen Vereinen dazu gekommen, dass bis zur Jahresabrechnung die Vorausprämien noch nicht vollständig geleistet worden waren. In den Jahresabrechnungen für 1991 bis 1993 ist als vereinnahmte Vorausprämie die sich aufgrund der Vertragsbestimmungen ergebende vereinbarte Vorausprämie angesetzt worden. Der sich in diesen Jahren bei der Berechnung der sog. endgültigen Prämie nach Ziff. 5.4 des Vertrages für den einzelnen Verein ergebende Überschussanteil ist auf die rückständigen Teilbeträge angerechnet worden, so dass eine entsprechend niedrigere Prämiennachzahlung erfolgte. Sofern die geleistete Vorausprämie einschließlich des angerechneten Überschussanteils nach Ziffer 5.4 des Vertrages die berechnete endgültige Prämie überstieg, wurde dieser Betrag erstattet.

Für den Zeitraum von 01.01.1991 bis 31.12.1994 hat bei der Klägerin eine Außenprüfung der Versicherungssteuer und Feuerschutzsteuer stattgefunden. In dem Prüfungsbericht vom 30.04.1998 kamen die Prüfer zu dem Ergebnis, dass für die FUG-Verträge mit den Vereinen zu geringe Versicherungssteuer abgeführt worden sei. Die Prüfer gingen dabei davon aus, dass es sich bei den Vorausprämien gem. Ziff. 5.3 der FUG-Verträge um die geschuldeten Beträge und nicht um eine Komponente für die Berechnung der endgültigen Prämie handele. Soweit die vertraglich geschuldete Vorausprämie bis zu der jeweiligen Jahresabrechnung noch nicht geleistet gewesen sei, sei der geschuldete Restbetrag mit dem zu gewährenden Überschussanteil aufgerechnet worden (vgl. Tz. 16 des Bp-Berichts). Die Prüfer kamen für die Versicherungsjahre 1991 bis 1993 aufgrund dieses Sachverhalts zu nachzuerhebenden Steuerbeträgen in Höhe von insgesamt ... DM. Darüber hinaus sei es in den geprüften Versicherungsjahren zu Erstattungen an die Versicherungsnehmer gekommen, weil die gem. Ziff. 5.3 der FUG-Verträge geschuldeten und bis Jahresabrechnung geleisteten Vorausprämien die gem. Ziff. 5.4 berechneten endgültigen Prämien überstiegen hätten und deshalb ausgekehrt worden seien. Die darauf entrichtete Versicherungssteuer sei jedoch nicht zu erstatten gewesen (vgl. Tz. 17 des Bp-Berichts). In den Versicherungsjahren 1990 bis 1993 sind nach Feststellung der Betriebsprüfung zu Unrecht Steuerbeträge in Höhe von ... DM gekürzt worden.

Mit Versicherungssteuerbescheid vom 07.07.1998 hat der Beklagte die aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung nachzuentrichtenden Steuern in Höhe von ... DM erhoben. In diesem Betrag sind ... DM Nachbesteuerung für die Versicherungsprämien aufgrund der FUG-Verträge enthalten.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 21.07.1998 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 09.09.1999 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin mit Schreiben vom 11.10.1999, eingegangen am selben Tage, Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass die Versicherungssteuer nur durch solche Zahlungen ausgelöst werde, die Zahlungen auf ein geschuldetes Versicherungsentgelt seien. Ziel der Verträge sei es gewesen, dass den Vereinen Versicherungsschutz für ihre Mitglieder nach dem tatsächlichen und wirtschaftlichen Ergebnis der Vertragsverläufe gewährt werde, um so eine für die Vereine und ihre Mitglieder günstige Tarifgestaltung zu erreichen. Zum Ausgleich von Verwaltungs- und Managementkosten sowie Liquiditätsnachteilen habe die Klägerin Vorauszahlungen auf die endgültige Prämie (Vorausprämie), eine Verwaltungskostenpauschale und bei positivem Versicherungsverlauf eine Überschussbeteiligung erhalten. Diese Zielvorstellungen hätten in der Regelung über die Berechnung der endgültigen Prämie in Ziff. 5.4 ihren Niederschlag gefunden. Eine Höchstbegrenzung der endgültigen Prämie sei erfolgt, um für die Vereine eine leicht kalkulierbare maximale Belastung zu erhalten. Letztlich entspreche die vertragliche Gestaltung in ihrer wirtschaftlichen Ausprägung einer nach dem Umlageverfahren erhobenen Versicherungsprämie, wie sie bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit üblich sei. Nur die endgültig berechnete Prämie könne deshalb als verdiente Prämie angesehen werden, da sich in ihr die in Geldeswert zu erbringende Leistung des Versicherungsnehmers für das Versicherungsrisiko manifestiere. Die Vorausprämie gem. Ziff. 5.3 diene lediglich dem unterjährigen Liquiditätsausgleich und habe deshalb den Charakter einer Vorauszahlung. Die endgültige Prämie werde nach den im abgelaufenen Kalenderjahr erzielten Beitragsaufkommen berechnet, das im Voraus noch nicht feststehe und deshalb erst nach Ablauf des Geschäftsjahres endgültig festgestellt werden könne. Was als verdiente Prämie für das vom Versicherer übernommene Wagnis zu gelten habe, bestimme sich nach versicherungsrechtlichen und versicherungsvertraglichen Kriterien und nicht nach der versicherungssteuerrechtlichen Definition des Versicherungsentgeltes. Die Prämienregelung ergebe sich insgesamt aus den Ziff. 5.1 bis 5.5 des Versicherungsvertrages und könne nicht in Einzelteile zerlegt werden. Das vertraglich festgelegte Versicherungsentgelt (= endgültige Prämie nach Ziff. 5.4) werde nicht erst über einen eigenständigen Gegenanspruch des Versicherungsnehmers "gesteuert", der als Surrogat für die Barzahlung zur Auffüllung eines künstlich erhöhten Entgelts zur Verfügung stehe. Die Versicherungsgesellschaft gewähre weder eine (nachträgliche) Beitragsermäßigung, noch einen Nachlass auf das vertraglich vereinbarte Versicherungsentgelt. Bei der Endabrechnung werde auch nicht eine bereits verdiente Prämie zurückgezahlt, sondern die Rückzahlung ergebe sich als vertraglicher Anspruch auf ein nicht verdientes, weil vertraglich nicht geschuldetes Versicherungsentgelt. Insoweit bedürfe es lediglich einer konsequenten Anwendung der §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 VersStG. Habe die Versicherungsgesellschaft nach dem Versicherungsvertrag keinen erhöhten Anspruch auf ein Versicherungsentgelt, dann könne es auch zu keiner Beitragsrückgewähr im Sinne einer Korrekturrechnung zu einer rechtlich bereits entstandenen Prämienforderung kommen. Ebenso wenig könne sich aus einer "Vorauszahlungsvereinbarung", die den Zahlungsanspruch nur als einen bestimmbaren, aber noch nicht berechneten Betrag zugrundelege, die "Stundung" eines Zahlungsanspruchs im Sinne eines Hinausschiebens der Fälligkeit ergeben. Für die Steuerberechnung sei entscheidend, wie die Vereinbarung mit den Vereinen im Hinblick auf die "verdiente Versicherungsprämie" auszulegen sei. Der Versicherungsschutz habe erst dann einsetzen sollen, wenn ein definierter Basisbetrag verbraucht worden sei. Die Vorausprämie habe deshalb nur dem unterjährigen Liquiditätsausgleich gedient.

Die Klägerin beantragt,

den Versicherungssteuerbescheid vom 07.07.1998 und die Einspruchsentscheidung vom 09.09.1999 in der Weise zu ändern, dass der Nachforderungsbetrag von ... DM um ... DM auf ... DM herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Vorausprämie von dem Begriff des Versicherungsentgeltes im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 VersStG umfasst werde. Zahlung im Sinne des § 1 Abs. 1 VersStG sei dabei nicht nur die Barzahlung, sondern auch Zahlung durch Zahlungssurrogat wie z. B. durch Aufrechnung.

Die Vorausprämie sei nicht durch eine mit A getroffene Vereinbarung reduziert worden, sondern diese sei als Stundungsvereinbarung zu werten, denn in der Jahresabrechnung sei auf der Basis des vertraglich vereinbarten Satzes (Ziff. 5.4) die Vorausprämie angesetzt worden und hinsichtlich des noch nicht gezahlten Betrages aufgerechnet worden. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung sei bei den anderen Vereinen im Rahmen der Jahresabrechnung in gleicher Weise bezüglich der bis dahin noch rückständigen Vorausprämien verfahren worden. Eine unterschiedliche Behandlung gestundeter und nicht gestundeter Vorausprämien sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich bei der Vorausprämie nicht um eine Vorauszahlung. Die Vertragsauslegung führe zu dem Schluss, dass es sich bei der Vorausprämie um eine echte Prämie handele, also um ein Entgelt des Versicherungsnehmers, das dazu bestimmt sei, das Risiko der Versicherten abzudecken. So enthalte Ziff. 5.4 sachlich keine Regelung der Prämienberechnung, sondern nur die Regelung der Überschussberechnung nach Ablauf des Versicherungszeitraums unter Berücksichtigung des Schadensverlaufs. Die Berechnung der Vorausprämie erfolge nach dem Beitragsaufkommen, worin sich durch die Anzahl der Versicherten das übernommene Wagnis niederschlage. Auch die Anbindung der Berechnung des Überschusses an die Vorausprämie belege, dass dieser Betrag als echte versicherungsvertragliche Prämie gewollt gewesen sei.

Ebenso handele es sich bei der Differenz zwischen Vorausprämie und endgültiger Prämie nicht um eine unverdiente Prämie, aus der sich ein Anspruch auf Steuererstattung gem. § 9 Abs. 1 VersStG ableiten ließe. Denn es liege keine Ungewissheit des Wagnisses durch die Höhe des möglichen Schadens vor. Die maximale Höhe des möglichen Schadens liege bei der FUG in der Anzahl der versicherten Vereinsmitglieder und in den ihnen im Schadensfall versprochenen Leistungen. Beide Komponenten hätten bei Zahlung des Versicherungsentgeltes festgestanden. Es handele sich vielmehr um einen Erstattungsanspruch für einen günstigeren Schadensverlauf. Entgegen der Auffassung der Klägerin werde nicht wie bei kleineren Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit im Umlageverfahren der erforderliche Gesamtaufwand nach Ablauf des Versicherungszeitraums nach einem festgelegten Schlüssel auf alle Versicherungsnehmer verteilt, sondern es sei eine feste Prämie unter der Bezeichnung Vorausprämie und daneben ein vom individuellen Schadensverlauf des einzelnen Vereins abhängiger Rückgewähranspruch vereinbart.

Dem Gericht hat die Versicherungssteuer- und Feuerschutzsteuerakte und die Betriebsprüfungsakte zu der StNr.: ... und StNr.: ... vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten, der in diesem Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn der Beklagte hat zu Recht Versicherungssteuer auf die durch Aufrechnung mit dem Überschussanteil erfolgten Zahlungen der Vorausprämie und die nach der Jahresabrechnung zurückgewährten Beträge erhoben.

I. Der Bescheid vom 7.07.1998 ist insbesondere formell-rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 10 Abs. 4 VersStG ist der Beklagte befugt, Steuerbeträge, die auf Grund einer Außenprüfung nachzuentrichten sind, zusammen mit der Steuer für den laufenden Anmeldezeitraum festzusetzen. Die Nachforderung von Versicherungssteuer für die Jahre 1991 bis 1994 konnte deshalb ohne eine betragsmäßige Änderung der in diesem Zeitraum bereits ergangenen Bescheide über Versicherungssteuer festgesetzt werden. Die Nachforderung war auch nach Art und Betrag hinreichend bestimmt, denn in dem Bescheid wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 30.04.1998 Bezug genommen, in dem im einzelnen aufgeschlüsselt ist, für welche Versicherung und für welches Jahr welche Versicherungssteuer nachzuentrichten ist. Eine Aufschlüsselung auf Monatsbeträgen, wie sie angesichts der monatlichen Anmeldungen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 VersStG) an sich erforderlich wäre, würde dem Vereinfachungszwecke des § 10 Abs. 4 VersStG widersprechen und hält der Senat deshalb für entbehrlich.

II. Der Versicherungssteuerbescheid ist auch materiell-rechtlich rechtmäßig. Nach § 1 Abs. 1 VersStG unterliegt die Zahlung des Versicherungsentgelts auf Grund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses der Steuer. Versicherungsentgelt im Sinne dieses Gesetzes ist jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VersStG). Als Beispiele nennt die Vorschrift u.a. Prämien, Beiträge, Vorbeiträge, Vorschüsse, Nachschüsse und Umlagen. Gegenstand der Versicherungssteuer ist dem gemäß die Zahlung des Versicherungsentgelts. Die Versicherungssteuer ist eine Verkehrssteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes. Entscheidend ist, dass eine geschuldete Leistung an den Gläubiger so bewirkt wird, dass die Schuld durch Zahlung des Versicherungsentgelts erlischt (§ 362 BGB). Deshalb kann die Zahlung auch in einem bürgerlich-rechtlich wirksamen Zahlungssurrogat, z.B. in einer Aufrechnung bestehen (BFH, Urteil 14.10.1964 - II 175/61 U, BStBl III 1964 S. 667 m.w.N.). Voraussetzung ist danach, dass Gegenstand der Leistung ein Versicherungsentgelt ist (1.) und dass diese Schuld beglichen worden ist (2.).

1. Der Zahlung des Versicherungsentgelts durch den Versicherungsnehmer steht als Gegenleistung die Gewährung des Versicherungsschutzes durch den Versicherer gegenüber. Die Versicherungsprämie ist somit die nach dem Versicherungsvertrag vorgesehene Gegenleistung für die Absicherung des Wagnisses, denn die Prämie wird von dem Versicherungsnehmer als Entgelt für die Gewährung des Versicherungsschutzes, d.h. für die Übernahme des Wagnisses gezahlt. Hat der Versicherer das Wagnis getragen, dann ist die Prämie verdient und auch der für die Besteuerung nach dem Versicherungssteuergesetz maßgebliche Leistungsaustausch vollzogen. Im Gegensatz dazu ist eine Prämie unverdient, wenn sie weder versicherungsrechtlich noch versicherungssteuerrechtlich Versicherungsentgelt ist, d.h. die Zurückbehaltung des Betrages ohne jeden rechtlichen Grund erfolgen würde (vgl. Gambke-Flick, Versicherungssteuergesetz, 4. Aufl, 1966, § 9 Anm. 3, 4). Der Betrag wäre dem Versicherungsnehmer zurückzuzahlen und die Versicherungssteuer - sofern abgeführt - wäre nach § 9 Abs. 1 VersStG zu erstatten.

Bei der Versicherungssteuer als einer Rechtsverkehrssteuer haben die Finanzbehörden - und so auch das Finanzgericht - von der bürgerlich-rechtlichen Ausgestaltung auszugehen, solange nicht steuerliche Sondervorschriften etwas anderes bestimmen (BFH, Urteil vom 11.10.1961 - II 64/58 U, BStBl III 1961 S. 559), was hier nicht der Fall ist.

Der Versicherungsvertrag mit dem jeweiligen Verein legt unter Ziffer 5.2 einen Prämiensatz von 2,5 % ab 1991 des der Prämienberechnung zugrunde zu legenden Beitragsaufkommens fest. Auf die Prämie ist nach Ziffer 5.3 eine Vorausprämie von 2,14 % einschließlich 7 % Versicherungssteuer zu leisten, die vierteljährlich zu zahlen und auf das vierteljährlich zu meldende Beitragsaufkommen des Vereines berechnet wird. Nach Ziffer 5.4 wird die endgültige Prämie unter Berücksichtigung des Vertragsverlaufs festgesetzt.

Nach dem Wortlaut des Vertrages ist nicht festzustellen, welches Versicherungsentgelt für die Übernahme des Wagnisses gezahlt werden sollte. Danach könnte es sowohl der in Ziffer 5.2 geregelte Prämiensatz wie auch die in Ziffer 5.3 bestimmte vierteljährlich zu zahlende Vorausprämie oder die nach Ziffer 5.4 zu ermittelnde endgültige Prämie sein. Der Wortlaut des Vertrages ist auszulegen und der wirkliche Wille der Vertragspartner anhand von außerhalb des Erklärungsaktes liegender Umstände, die einen Schluss auf den Sinn der Erklärung und damit den rechtlichen Inhalt zulassen, zu ermitteln (vgl. § 133 BGB).

Durch die Festlegung eines Prämiensatzes in Ziffer 5.2 des Vertrages sollte - wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig - nicht das Versicherungsentgelt abschließend bestimmt werden, sondern der festgelegte Prämiensatz bildete lediglich die Obergrenze einer bei ungünstigem Schadensverlauf zu zahlenden Versicherungsprämie und diente dem Zweck, den Vereinen eine kalkulierbare Größe einer maximalen Belastung anzugeben.

Nach den Gesamtumständen ist jedoch davon auszugehen, dass die in Ziffer 5.3 bestimmte "Vorausprämie" als Entgelt des Versicherungsnehmers für die Gewährung von Versicherungsschutz vereinbart war und damit Versicherungsentgelt im Sinne von § 1 Abs.1, § 3 Abs. 1 VersStG ist. Denn trotz der vertraglich bestimmten, jährlich zu berechnenden "endgültigen Prämie" nach Ziffer 5.4 und der Bezeichnung als "Vorausprämie" erfolgt eine Zahlung dieses Betrages grundsätzlich zur Absicherung des Wagnisses. Durch die vierteljährliche Berechnung der Vorausprämie auf das Aufkommen an Vereinsbeiträgen im jeweils abgelaufenen Vierteljahr wird der zu versichernde Personenkreis möglichst genau bestimmt. Lediglich soweit sich hinsichtlich des Umfangs des abzusichernden Wagnisses, d.h. der Anzahl der versicherten Personen sowie der Beitragshöhe bei einer Abrechnung zum Jahresende noch Veränderungen ergeben, liegt eine unverdiente Prämie vor. Denn soweit eine Herabsetzung des Versicherungsentgelts oder der Versicherungssumme erfolgt, weil sich nachträglich herausstellt, dass das geschätzte und dem Versicherungsverhältnis zugrunde gelegte Wagnis das tatsächliche Wagnis überschreitet, ist die Prämie teilweise ohne Gegenleistung gezahlt und damit nicht verdientes Versicherungsentgelt (vgl. BFH, Urteil vom 7.10.1959 - II 32/57 U, BStBl III 1959 S. 478; Urteil vom 16.06.1971 - II 46/65, BStBl II 1972 S. 30).

Im vorliegenden Fall ist der Beklagte jedoch von dem tatsächlichen Beitragsaufkommen, wie es in der Jahresabrechnung zugrunde gelegt wurde, ausgegangen, so dass aus diesem Grunde keine Korrektur der geforderten Versicherungssteuer vorzunehmen ist. Dieser Betrag ist aber nach der vertraglichen Gestaltung nicht als vorläufige Zahlung auf ein noch zu bestimmendes Wagnis anzusehen. Höhe und Umfang des Wagnisses standen dem Grunde nach fest. Der Vertrag sieht in Ziffer 5.4 lediglich vor, dass der Versicherungsnehmer bei einem günstigen Schadensverlauf an dem Überschuss beteiligt wird. Die Formulierung weist bereits darauf hin, dass die Festsetzung der endgültigen Prämie "unter Berücksichtigung des Vertragsverlaufs" erfolgt, also der Schadensverlauf berücksichtigt werden soll; es ist keine Bestimmung des Wagnisses vorgesehen. Deutlicher wird dies noch durch die in die Abrechnung einzustellenden Beträge. Denn es wird der Überschuss des kalkulierten Risikos über die tatsächlichen Aufwendungen für Schäden berechnet. Der danach entstandene Überschuss ist zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer im Verhältnis 85 % zu 15 % aufgeteilt worden. Wäre zwischen den Vertragspartnern vereinbart gewesen, dass die Vorausprämie - wie die Klägerin vorträgt - lediglich eine Vorauszahlung im Sinne eines Liquiditätsausgleichs sein sollte und kein Entgelt für die Absicherung des Wagnisses, dann hätte es keinen rechtlichen Grund gegeben, einen Teil des "Überschusses" einzubehalten. Lediglich vor dem Hintergrund, dass die Vertragsparteien sich darauf verständigt haben, dass ein "erwirtschafteter Gewinn" aufgeteilt werden soll, d.h. bei günstigem Schadensverlauf der Versicherungsnehmer an dem Überschuss beteiligt wird, ergibt die Regelung einen Sinn. Das Verhältnis der Beteiligung der Versicherungsnehmer an dem Überschuss ist im Hinblick auf die gemeinwirtschaftliche Prägung der Klägerin, ..., schlüssig. Darüber hinaus ist auch die Berücksichtigung eines "Minusbetrages aus der Abrechnung des Vorjahres bis zur Tilgung" (Ziffer 5.423) kennzeichnend dafür, dass nicht eine Korrektur der vereinnahmten Prämie im Hinblick auf das abgesicherte Wagnis vorgenommen wird, sondern der (verbleibende) Gewinn verteilt wird. Schließlich wird in Ziffer 5.5 ausdrücklich geregelt, dass die Vertragspartner eine Änderung der Prämie verlangen können, wenn "die vereinbarte Prämie nicht den Risikoverhältnissen entspricht".

Eine Anpassung des Vertrages ist bei den Vereinen F und I vorgenommen worden. Darüber hinaus ist die Vorausprämie nicht durch eine Änderung des Vertrages, auch nicht im Fall A, herabgesetzt worden. Zwischen A und der Klägerin bestand die Vereinbarung, dass bei der vierteljährlichen Erhebung der Vorausprämie nicht der vertraglich vereinbarte Satz von 2,14 % bzw. ab 1992 nach Anpassung wegen der Erhöhung der Versicherungssteuer von 2,2% des Beitragsaufkommens gezahlt werden sollte, sondern 1991 lediglich 1,64 %, 1992 1,7 % und 1993 1,85 %. Mit dieser Vereinbarung ist jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Vorausprämie herabgesetzt worden, sondern Gegenstand war lediglich eine Veränderung der Zahlungsbedingungen. Es sind nicht wie im Fall der beiden anderen Vereine die Verträge neu gefasst oder eine Änderung der Vertragsbestimmungen durch einen Nachtrag zum Vertrag dokumentiert worden. Auch ergibt sich aus dem Schreiben A's vom 27.04.1993, dass nicht der Versicherungsvertrag verändert werden sollte, denn darin heißt es, dass der für die Vorjahre vereinbarte "besondere Abrechnungsmodus" für das Jahr 1993 fortgeführt werden sollte, es werde gebeten, dieses "Abrechnungsverfahren" auch für 1993 zu akzeptieren und lediglich bis zur endgültigen Abrechnung solle die Vorausprämie reduziert werden, gerade nicht endgültig. Folgerichtig ist dann in der Jahresabrechnung als auf das Beitragsaufkommen zu leistende Vorausprämie nicht der niedrigere Satz zugrunde gelegt worden, sondern der vertraglich festgelegte von 2 % netto, inkl. Versicherungssteuer 2,14 % in 1991 und 2,2 % ab 1992. Aus dieser Verfahrensweise ergibt sich, dass es auch nicht mündlich zu einer Absprache über eine niedrigere Prämie gekommen ist. Der Einwand der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dass der Ansatz der Vorausprämie von 2,14 % bzw. 2,2 % erfolgt sei, weil auf diesen Betrag die Verwaltungskostenpauschale zu berechnen gewesen sei, überzeugt nicht, denn diese Rechenleistung wäre ohne weiteres möglich gewesen, ohne in der gesamten Abrechnung eine Vorausprämie von 2,14 % bzw. 2,2 % zugrunde zu legen.

Die Vorausprämie von 2 % netto ist danach als Entgelt für die Gewährung des Versicherungsschutzes vertraglich vorgesehen gewesen, denn in dieser Höhe ist die Gegenleistung für die Übernahme des Versicherungsrisikos veranschlagt worden. Einem günstigeren oder ungünstigeren Schadensverlauf wird durch die weiteren Vertragsbestimmungen Rechnung getragen. Bei ungünstigem Schadensverlauf ist eine Obergrenze für die Prämie in Ziffer 5.2 bestimmt worden, ein günstigerer Schadensverlauf sollte durch eine teilweise Rückzahlung berücksichtigt werden.

Entgegen den Darlegungen der Klägerin kann die Zahlung der Vorausprämie nicht als ein unterjähriger Liquiditätsausgleich, wie sie bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit vorkommen, betrachtet werden. Denn anders als bei Liquiditätsvorschüssen von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit (vgl. BFH, Urteil vom 16.06.1971 - II 46/65, BStBl II 1972 S. 30) sollte bei diesen Verträgen das Wagnis nicht durch am Jahresende zu ermittelnde Umlagen gedeckt werden, sondern die Vereine haben das Wagnis über eine Versicherungsgesellschaft abgesichert und die Zahlung einer zumindest dem Höchstbetrag nach bestimmten Versicherungsprämie vertraglich vereinbart. Die Berechnung der endgültigen Prämie unter Berücksichtigung des Vertragsverlaufs führt nicht zu einem Verständnis des Vertrages dahingehend, dass eine Versicherung gegen Schäden durch ein wechselseitiges füreinander Eintreten erfolgen sollte, denn in diesem Fall hätten die Vereine auf die Einbindung einer Versicherungsgesellschaft verzichten können, was sie bewusst nicht getan haben. Im übrigen wirkt sich auch nur ein günstiger Schadensverlauf auf die Prämie aus. Es erfolgt damit gerade nicht eine volle Absicherung des Risikos durch Umlage auf die Versicherten. Schließlich kann dem Versicherungsvertrag nicht entnommen werden, dass - wie die Klägerin vorträgt - der Versicherungsschutz erst dann einsetzen sollte, wenn ein definierter Basisbetrag verbraucht worden sei. Soweit die Vereine Zahlungen zu Freizeit-Unfallschäden verauslagen, beinhaltet die Regelung eine Vereinfachung der Zahlungsvorgänge, denn die Differenz zur Vorausprämie ist an den Versicherer zu überweisen bzw. hat dieser bei den Prämienbetrag übersteigenden Schadenszahlungen den überschießenden Betrag zu überweisen. Dies erfolgt in vierteljährlicher Abrechnung und nicht durch einen bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit eher üblichen Ausgleich auf den Jahreszeitraum.

2. Die Vorausprämie ist somit grundsätzlich verdiente Prämie und damit der Versicherungssteuer unterliegendes Versicherungsentgelt. Der Versicherungssteuer unterliegt nach § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 VersStG die Zahlung des Versicherungsentgelts, d.h. jede Leistung, die auf den Versicherungsvertrag an den Versicherer bewirkt wird. Es kommt dabei nicht auf die Bezeichnung der Leistung an, denn auch Vorschüsse oder Vorbeiträge sind nach § 3 Abs. 1 VersStG Versicherungsentgelt. Ebenso wenig ist entscheidend, wie die Zahlung bewirkt wird, wenn dadurch die geschuldete Leistung zum Erlöschen gebracht wird.

a.) Die Zahlung der Vorausprämie erfolgte teilweise direkt und teilweise durch Aufrechnung mit verauslagten Zahlungen für Freizeit-Unfallschäden. Teilweise war die Vorausprämie bis zur Erstellung der Jahresabrechnung nicht voll bezahlt. In diesen Fällen wurde mit der Jahresabrechnung der noch zu zahlende Betrag unter Abzug einer den Vereinen zu gewährenden Beteiligung am Überschuss nach Ziffer 5.43 des Vertrages errechnet. Die Klägerin hat Versicherungssteuer lediglich auf den danach verbleibenden Betrag berechnet und an das Finanzamt gezahlt. Jedoch auch soweit die Prämienforderung mit einer zu gewährenden Überschussbeteiligung verrechnet worden ist, unterliegt sie der Versicherungssteuer, denn die Vorausprämie ist in voller Höhe Versicherungsentgelt (vgl. II.1.), das der Versicherungssteuer unterliegt.

Die Prämie ist auch an den Versicherer bewirkt worden, so dass die auf den Geldumsatz zu erhebende Steuer entstanden ist. Denn die Leistung ist durch Aufrechnung mit der Überschussbeteiligung beglichen worden. Die Aufrechnung ist ein bürgerlich-rechtlich wirksames Zahlungssurrogat, das geeignet ist, die Schuld zum Erlöschen zu bringen. Die Voraussetzungen der Aufrechnung nach § 387 BGB liegen vor, insbesondere bestanden zwischen dem jeweiligen Versicherungsnehmer und der Klägerin gegenseitige Forderungen, mit denen aufgerechnet werden konnte. Nach dem Versicherungsvertrag schuldete der Versicherungsnehmer (zumindest) die Vorausprämie, die vierteljährlich auf der Grundlage der Daten und Zahlen des abgelaufenen Vierteljahres - mithin spätestens bis zur frühestens am 1.04. des Folgejahres vorzunehmenden "endgültigen Abrechnung der Prämie" - zu erbringen war. Nach Ziffer 5.43 des Vertrages sollte im Falle eines Überschusses die Prämie in Höhe von 85 % dieses Überschusses erstattet oder mit der nächsten fälligen Prämie verrechnet werden. Die Klägerin schuldete danach dem Versicherungsnehmer einen sich aus der endgültigen Abrechnung ergebenden Überschuss.

Es bestand eine fällige Schuld, die durch Aufrechnung getilgt werden konnte, denn der Versicherungstarif war - anders als in der von der Klägerin angeführten Entscheidung des BFH vom 14.10.1964 (II 175/61 U, BStBl III 1964 S. 667) - im Hinblick auf die "endgültige Prämie" und die "Vorausprämie" von den Vertragspartnern nicht so gestaltet, dass neben einer Mindestzahlung ein Höchsttarif bestimmt war, auf dessen Entrichtung bei günstigem Schadensverlauf verzichtet werden konnte, dieser Teilbetrag also erst bei ungünstigem Schadensverlauf fällig geworden wäre. In diesem Sinne kann allenfalls die Regelung des höchstens zu erhebenden Prämiensatzes nach Ziffer 5.2 im Verhältnis zu der zu zahlenden Vorausprämie verstanden werden. Diese Frage bedarf hier jedoch nicht der weiteren Klärung. Die vereinbarte Prämie war nach der vertraglichen Gestaltung unabhängig vom Schadensverlauf zu zahlen und damit auch fällig. Ein evtl. Überschuss bei günstigem Schadensverlauf sollte erstattet oder mit der nächsten Prämie verrechnet werden. Es war gerade nicht vorgesehen, dass er die laufende Jahresprämie mindern bzw. diese bei günstigem Schadensverlauf von vorneherein nicht in voller Höhe erhoben werden sollte.

Die Aufrechnung ist mit dem in der Jahresabrechnung erfolgten Abzug des zu erstattenden Überschusses von der zu leistenden Vorausprämie deutlich zum Ausdruck gebracht worden. Einer ausdrücklicheren Erklärung des Aufrechnungswillens durch den Schuldner bedarf es nicht (vgl. Heinrichs in Palandt, 62. Aufl. 2002, § 388 Rn. 1; von Feldmann in Münchener Kommentar, 3. Aufl., 1994, § 388 Rn. 1).

Bei dem Überschuss handelt es sich nicht um einen mit der Prämie verrechneten Gewinnanteil nach § 3 Abs. 2 VersStG. Danach ist nur der Unterschiedsbetrag Versicherungsentgelt, wenn auf die Prämie ein Gewinnanteil verrechnet und nur der Unterschiedsbetrag zwischen Prämie und Gewinnanteil gezahlt wird.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist mit dem Begriff Gewinnanteil nur der Anteil am "wirklichen" Geschäftsüberschuss im Sinne eines Bilanzüberschusses gemeint, der auch durch andere Faktoren wie z.B. Zins-, Miet- und andere Einnahmen und Aufwendungen mit bestimmt wird. Im Gegensatz dazu sei die Verteilung von rein technischen Prämienüberschüssen, d.h. von vom Verlauf des einzelnen Versicherungsverhältnisses abhängigen Ansprüchen des Versicherungsnehmers auf Prämienvergütung zu unterscheiden. Hierbei handle es sich um eine nachträgliche Prämienkorrektur, durch die ein Teil der Prämie für das zurückliegende Jahr rückvergütet werde und die auch nicht als eine Beitragsermäßigung für das neue Kalenderjahr - wie sie sich bei einer Verrechnung solcher Gewinnanteile zur Ermäßigung der Folgeprämie ergeben könnte - verstanden werden könne (BFH, Urt. v. 25.11.1964 - II 108/62 U, BStBl III 1965 S. 156). Diesem Verständnis des Begriffs Gewinnanteil widerspricht Flick (in Gambke-Flick, a.a.O., § 1 Anm. 4). Es komme allein darauf an, ob es sich bei dem zur Aufrechnung kommenden Betrag um einen Gewinn im rechtlichen Sinne handle, was auch bei einem technischen Gewinn gegeben sei.

Es kann in diesem Fall dahinstehen, ob der in § 3 Abs. 2 VersStG verwendete Gewinnbegriff lediglich den Bilanzgewinn oder auch einen Überschuss aus einem einzelnen Versicherungsverhältnis mit erfasst. Der Gewinn wird regelmäßig nach Abschluss des Abrechnungszeitraums ermittelt. Wird der Überschuss dazu verwendet, eine noch offene Forderung gegenüber dem Versicherungsnehmer zu begleichen, so wird nicht die bereits entstandene und fällige Prämie ermäßigt, sondern eine Schuld beglichen. Anders könnte eine Vereinbarung verstanden werden, wenn durch den Gewinnanteil die Prämienforderung des Folgejahres gemindert werden soll, also zu Beginn des Versicherungsjahres bereits zwischen den Beteiligten feststeht, dass ein geringerer Betrag zur Sicherung des Versicherungsschutzes zu zahlen ist. Denn nur in diesem - hier nicht vorliegenden - Fall wird der künftige Versicherungsschutz gegen eine ermäßigte Prämie gewährt (vgl. BFH, Urt. vom 25.11.1964 - II 108/62 U, a.a.O.). Es würde zudem § 1 Abs. 1 VersStG widersprechen, wenn für das Folgejahr über den tatsächlich zu zahlenden und gezahlten Betrag hinaus Versicherungssteuer auch auf den verrechneten Gewinnanteil erhoben würde, auf den im übrigen bereits einmal Versicherungssteuer gezahlt worden ist.

b.) Ebenfalls unterliegen die Beträge, die von der Klägerin an die Vereine erstattet worden sind, der Versicherungssteuer. Hierbei handelt es sich um Beträge, um die die gemäß Ziffer 5.3 der Verträge geschuldeten und bis zur Jahresabrechnung geleisteten Vorausprämien die gemäß Ziffer 5.4 berechneten endgültigen Prämien überstiegen und deshalb wieder ausgekehrt wurden. Denn insoweit handelt es sich um verdiente und gezahlte Prämie, die gemäß § 1 Abs. 1 VersStG der Versicherungssteuer unterliegt.

Es handelt sich nicht um die Rückgewähr unverdienter Beiträge nach § 9 Abs. 1 VersStG, wonach die Steuer erstattet wird, wenn das Versicherungsentgelt zurückgezahlt wird, weil die Versicherung vorzeitig aufhört oder das Versicherungsentgelt oder die Versicherungssumme nicht herabgesetzt worden ist. Die Vorausprämie als Gegenleistung für das nach Umfang und Höhe feststehende und abgesicherte Wagnis ist in voller Höhe erhoben und bewirkt worden. Der vom Beklagten der Versicherungssteuer unterworfene Betrag ist nicht zu mindern, weil das Versicherungsentgelt oder die Versicherungssumme nicht herabgesetzt worden ist und somit die Prämie ohne rechtlichen Grund vereinnahmt worden wäre.

3. Nach allem hat der Beklagte von der Klägerin zu Recht die Versicherungssteuer gefordert. Insbesondere hat der Beklagte das Versicherungsentgelt für die Freizeit-Unfallversicherungen einer Versicherungssteuer von 7% bzw. 10 % ab 1.07.1991 und 12 % ab 1.07.1993 nach § 6 Abs. 1 VersStG in der jeweils gültigen Fassung unterworfen. Auf die Versicherungen war nicht der niedrigere Steuersatz von 3 % gemäß § 6 Abs. 2 Nr. VersStG anzuwenden, denn es handelt sich bei den hier betroffenen Versicherungsverträgen nicht um "Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr". Dieser Begriff bezeichnet einen bestimmten Typ von Versicherung, die aus Unfallversicherung (Sachversicherung) und kapitalbildender Versicherung (Lebensversicherung) besteht (Bt-Drs 11/2536 S. 95). Die streitbefangenen Versicherungen der Klägerin sind reine Unfallversicherungen, die auch nicht dadurch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Nr. 5 VersStG erfüllen, dass vertraglich eine Überschussbeteiligung der Versicherungsnehmer vereinbart worden wäre. Der vom Gesetzgeber zur Umschreibung eines bestimmten Versicherungstyps verwendete Begriff der Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr ist in diesem Sinne zu verwenden und kann nicht auch auf Unfallversicherungen ausgedehnt werden, die eine Prämienerstattung vorsehen.

Auch darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte, dass die geltend gemachten Beträge der Höhe nach nicht zutreffend ermittelt worden sind. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass den Besonderheiten in einzelnen Versicherungsverträgen nicht in der gebotenen Weise Rechnung getragen worden ist. Die Klägerin hat diesbezüglich keine Fehler gerügt.

4. Die Klägerin hat gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Revision wird gemäß § 115 FGO zugelassen.



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