Urteil des Monats: September 2014
  
"Komfortable Entlastung für den Fixkostenspediteur"

Im Sommer 2013 verunglückte ein Containerschiff im arabischen Meer auf spektakuläre Weise. Zunächst zerbrach das Schiff in zwei Teile, knapp zwei Wochen später sank das Achterschiff; das Vorschiff wurde abgeschleppt, versank jedoch in Folge eines ausgebrochenen Feuers zwei Wochen später. Über 4.100 geladene Container gerieten in Verlust.

Der Kläger hatte den beklagten Spediteur beauftragt, eine Partie Ware multimodal von Hongkong über Hamburg nach Eichenzell zu transportieren. Der Kläger hat behauptet, ursächlich für das Auseinanderbrechen des Containerschiffes sei eine fehlerhafte Beladung gewesen. Der Beklagte seinerseits war der Meinung, der Schaden beruhe auf einem Konstruktionsfehler des im Jahr 2008 erbauten Schiffes, so dass er hierfür nicht haften müsse.

Das Landgericht hatte sich also mit der kontrovers diskutierten Frage zu beschäftigen, ob der beklagte Fixkostenspediteur sich (I.V.M. § 459 HGB) gemäß § 498 Abs. 2 Satz 2 HGB von seiner Haftung befreit ist.

§ 498 Abs. 2 HGB:

 

„Der Verfrachter ist von seiner Haftung nach Abs. 1 befreit, soweit der Verlust oder die Beschädigung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht hätten abgewendet werden können. Wurde das Gut mit einem seeuntüchtigen oder ladungsuntüchtigen Schiff befördert und ist nach den Umständen des Falles wahrscheinlich, dass der Verlust oder die Beschädigung auf den Mangel der See- oder Ladungsuntüchtigkeit beruht, so ist der Verfrachter jedoch nur dann nach Satz 1 von seiner Haftung befreit, wenn er auch beweist, dass der Mangel der See- oder Ladungstüchtigkeit bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters bis zum Antritt der Reise nicht zu entdecken war.“

Im Vorfeld der Entscheidung war darüber diskutiert worden, ob ein solcher Entlastungsbeweis im vorliegenden Fall aus tatsächlichen Gründen überhaupt möglich sei. Schließlich wird das Wrack in absehbarer Zeit kaum aus ca. 3.000 m Tiefe gehoben werden. Ob jemals das Ergebnis der durch die zuständige Klassifikationsgesellschaft angestellten Untersuchung an die Öffentlichkeit gelangen wird, steht in den Sternen. Fraglich war daher, inwiefern dem Fixkostenspediteur ohne Möglichkeit, detailliert zur Ursache des Auseinanderbrechen des Schiffes vortragen zu können, der weitere Beweis gelingen sollte, dass er diesen (unbekannten) Mangel bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht zu entdecken war.

Nach Auffassung des LG hatte der Beklagte vorliegend den Entlastungsbeweis geführt. Ohne detailliert auf die Einzelfallumstände einzugehen, unterstellte das Gericht einen Konstruktionsfehler, der zur Seeuntüchtigkeit des Schiffes geführt hatte.

Das LG führte aus, dass der Beklagte vorliegend nicht gehalten gewesen sei, das Schiff eingehend zu untersuchen; dies wäre nur dann erforderlich (gewesen), wenn „äußere Anzeichen“ einen Konstruktionsfehler nahegelegt hätten. Das LG wies darauf hin, dass der Fixkostenspediteur grundsätzlich nur jene Leistungen schulde, die sich aus dem Inhalt des Beförderungsvertrages ergeben. Hierzu zähle jedoch nicht, das gewählte Beförderungsmittel nachträglich zu überwachen. Inwieweit das erkennende Gericht, hinsichtlich des von ihm angenommenen Konstruktionsfehlers, dem beklagtenseitigen weiteren Vortrag (bei fünf von sechs Schiffen der gleichen Reederei mit identischer Konstruktion wurden Deformationen an den Bodenplatten festgestellt) bleibt in den Entscheidungsgründen unerwähnt.

Ob das Urteil in Rechtskraft erwächst bzw. einer zweitinstanzlichen Überprüfung standhalten wird, bleibt abzuwarten.


Das hier besprochene Urteil ist in unserer Urteilsdatenbank mit folgenden Angaben zu finden:

Aktenzeichen:   409 HKO 5/14
Datum:   28.08.2014
Link zur Urteilsdatenbank:   LG Hamburg, Urteil vom 28. August 2014, Az. 409 HKO 5/14




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