Konsequente Umsetzung einer klaren Sicherheitsstrategie – Raus aus der Krise –
Vortrag von Herrn Harald Zielinski, Lufthansa Cargo AG



Inhaltsverzeichnis


 Lufthansa Cargo im Überblick

 Rückblick: Einführung von Sicherheitsmaßnahmen

 Sicherheitsmaßnahmen der Lufthansa Cargo am Flughafen Frankfurt

 Risk Management

 Terrorschutz und Luftsicherheit

 Eingesetzte Techniken zur Untersuchung der Luftfracht auf Sprengstoff






Lufthansa Cargo im Überblick


Der Vortragende ist als ehemaliger Polizeibeamter zur Lufthansa gewechselt und ist verantwortlich für die gesamte Sicherheit bei Lufthansa Cargo.

Lufthansa Cargo ist ein 100%iges Tochterunternehmen der Lufthansa.




Abbildung 1: Lufthasa Cargo in Zahlen


Im Jahr 2008 wurden 1,7 Mio. t Fracht transportiert. Dafür werden 19 eigene Frachtflugzeuge vom Typ MD-11 verwendet mit je 95 t max. Ladekapazität.

Zudem werden sämtliche Laderäume aller Lufthansa-Passagiermaschinen genutzt.

Umgerechnet entspricht das einer Kapazität von 57 MD-11 Frachtmaschinen.

Lufthansa Cargo beschäftigt über 4.600 Mitarbeiter.

International werden ca. 300 Stationen angeflogen, darunter auch Flughäfen mit großen Sicherheitsproblemen.

"Flexible Produktionsplattform" bedeutet, dass Lufthansa Cargo sich auch anderer Fluggesellschaften bedient. An einigen dieser Fluggesellschaften ist die Lufthansa beteiligt. Je nach Transportgut werden entsprechende Maschinen angemietet, z. B. große Transportmaschinen für Schwergüter oder Kleinflugzeuge für Wertgüter wie z. B. Schmuck.

Die globale Wirtschaftskrise betrifft auch Lufthansa Cargo, die derzeitig (seit Beginn 2009) ca. 35% weniger Tonnage transportiert als vor der Krise, dies ist ein dramatischer Wert. 2008 wurde ein Gewinn von 165 Mio. Euro erzielt. 2009 ist das Ziel, den Verlust unter 200 Mio. Euro zu halten. Es wird mehrere Jahre dauern, um die Folgen dieser Krise zu bewältigen, zudem sind große Umstrukturierungen erforderlich.

Der gesamte In- und Export der BRD wird nur zu 1% über Luftfracht abgewickelt. Der Anteil des Warenwerts beträgt hingegen 25%.

Derzeit gehen diese Zahlen aufgrund der Krise deutlich zurück und es ist abzusehen, dass einige Frachtflugunternehmen vom Markt verschwinden werden. Allerdings finden derzeit auch Neugründungen statt.




Abbildung 2: Wesentliche Aspekte der Luftsicherheit



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Rückblick: Einführung von Sicherheitsmaßnahmen


Bis zum Jahr 2002 kam es zu hohen Verlustschäden durch Netzwerkkriminalität bzw. organisierten Diebstahl. Durch mangelnde Sicherheitsmaßnahmen ergaben sich für Mitarbeiter verschiedenster Bereiche des Lufthansa Cargo Centers (LCC) Gelegenheiten, Waren für den privaten Gebrauch zu entnehmen – dabei handelt es sich eindeutig um Diebstahl. Mit der Zeit arbeiteten verschiedene Mitarbeiter zusammen und die entwendeten Waren wurden immer zahlreicher und teurer, es entwickelte sich ein organisierter Diebstahl bis hin zur organisierten Kriminalität. Es wurden ganze Flugzeugpaletten mit Wertgütern illegal an Hehler verkauft. Das Unrechtbewusstsein war oftmals gering bis nicht vorhanden, denn "Gelegenheit macht Diebe".

Daraufhin wurden Maßnahmen ergriffen, um diese Zustände zu bekämpfen. Dabei wurde mit der Polizei zusammengearbeitet, was bis heute gut funktioniert und sehr sinnvoll ist.

Hierbei war ein wichtiger Grundsatz zu beachten, der dem Kategorischen Imperativ von Immanuel Kant abgeleitet ist und sinngemäß bedeutet: "Was du nicht willst das man dir tu, das füg‘ auch keinem anderen zu."

Daher wird sehr stringent bei der Umsetzung von Regeln verfahren. Die eingeführten Sicherheitsmaßnahmen und Arbeitsanweisungen wurden konsequent umgesetzt und Verstöße dagegen rigoros geahndet.

Überwachungsmaßnahmen als Teil eines Sicherheitskonzepts haben einen großen sozialen Aspekt. Am Frankfurter Flughafen sind auf dem Gelände der Lufthansa Cargo derzeit über 600 Kameras installiert. Das ist die größte Videoüberwachungsanlage in Hessen. Früher gab es am Frankfurter Frachtlager nur 65 Kameras mit Videoband-Aufzeichnung mit ca. 30 Schwarzweiß-Monitoren mit 60 Hz.

Eine Echtzeitüberwachung aller Kamerabilder an Monitoren (außer einiger hochsensibler Bereiche) ist dabei weder machbar noch sinnvoll. Dabei werden vor allem die sensiblen Abfertigungsbereiche überwacht. Die Aufzeichnungen werden jedoch gespeichert, um ggf. nachträglich Vorfälle aufklären zu können. Die Speicherkapazität für all diese Kameras liegt bei 98 Terrabyte und ermöglicht eine Aufzeichnung aller Bilder über 4 Wochen. Diese Kameraüberwachung hat Lufthansa Cargo außer in Frankfurt in Hubs wie u. a. New York und Johannesburg eingerichtet.

Dies greift selbstverständlich in die Freiheit der Menschen ein und wirft datenschutzrechtliche Fragen auf. Daher müssen diese Maßnahmen fair mit den Betriebsräten und Datenschutzbeauftragten verhandelt werden, um zu einer akzeptablen Einigung zu kommen. Es muss eine Vertrauensbasis geschaffen werden. So muss jederzeit nachgewiesen werde, dass kein Missbrauch dieser Aufzeichnungen stattfindet – und dies muss auch unbedingt eingehalten werden. Zumal das Thema Datenschutz bzw. Missbrauch dieser Daten heutzutage hochsensibel ist.

In Frankfurt funktioniert diese vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Betriebsräten und anderen Interessengruppen bzgl. der Kameraüberwachung sehr gut.

Der Erfolg dieser umfassenden Kameraüberwachung ist gewaltig. In Zusammenarbeit mit der Polizei konnten Gruppen identifiziert werden, die massiv Straftaten begangen haben – diese wurden daraufhin aus dem Verkehr gezogen.

Nach Einführung und Installation der neuen und moderne Kameraüberwachung wollten einige Mitarbeiter zunächst herausfinden, ob es sich bei diesen Kameras möglicherweise um Attrappen handelt. Da solche Kamera-Dummies leicht zu erkennen sind, ist deren Einsatz absolut sinnlos. Es muss konsequent in echte und leistungsstarke Maßnahmen investiert werden.

Es hat sich herausgestellt, dass die konsequente Kameraüberwachung ein sehr effizientes Präventionsmittel ist, sowohl gegen Diebstahl also auch gegen Sachbeschädigung. Die gute Zusammenarbeit mit den staatlichen Sicherheitskräften war und ist dabei ein entscheidender Faktor.

Werden kriminellen Handlungen entdeckt, muss rigoros, schnell und konsequent durchgegriffen werden – z. B. wenn ein oder mehrere Mitarbeiter durch Kameraaufzeichnungen beim Diebstahl eindeutig überführt werden. Diese Aufzeichnungen und das konsequente Durchgreifen müssen den Mitarbeitern klar und deutlich bekannt gemacht werden. Sie müssen wissen, dass jeder Diebstahl höchstwahrscheinlich aufgezeichnet und rigoros geahndet wird. Das Stichwort ist Abschreckung, das gilt vor allem auch für Gelegenheitsdiebe.




Abbildung 3


Das Diagramm oben links in der Abbildung 3 zeigt deutlich, dass die Verlustschäden bei der Lufthansa Cargo seit Einführung der Sicherheitsmaßnahmen 2002 um 98% zurückgegangen sind. Das ist ein hervorragendes Ergebnis.

Für diesen großen Erfolg musste nicht nur der Flughafen Frankfurt abgesichert werden, sondern die gesamte Transportkette.



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Sicherheitsmaßnahmen der Lufthansa Cargo am Flughafen Frankfurt


Die Abbildung 4 zeigt das fast 2 km² große Gelände des Lufthansa Cargo Centers (gelbbraun hinterlegt) auf dem Frankfurter Flughafen, die Abbildung 5 nennt einige der Sicherheitsmaßnahmen:




Abbildung 4




Abbildung 5


Vor Einführung der Sicherheitsmaßnahmen 2002 war das Gelände praktisch frei zugänglich. Auf dem Gelände des LCC gab es damals täglich ca. 12.000 Zu- und Abfahrten. So haben Fluggäste das Gelände als kostenfreien Parkplatz für ihren privaten Pkw genutzt oder als Durchfahrtstrecke zu anderen Firmen, wobei Verkehrsregeln oft missachtet wurden. Niemand konnte überblicken, wer sich berechtigt oder unberechtigt auf dem Gelände befand.

Als erste Maßnahme wurde das Gelände nach langen Verhandlungen mit dem Eigentümer, der Fraport, separiert – d. h. umzäunt.

Es wurde eine zentrale Zufahrts-Kontrollstelle eingerichtet und ein eigener Ausweis für Kunden eingeführt.

Diese Ausweise werden elektronisch gelesen, daher wird genau registriert, wer wann mit welchem Ausweis das Gelände betritt oder verlässt. Zudem lassen sich nicht oder missbräuchlich genutzte Ausweise problemlos sperren.

Aufgrund dieser Maßnahmen finden heute nur noch 800 bis 1.000 Zu- und Abfahrten statt. Unberechtigtes Parken ist nicht mehr möglich, und auch hier ist durch Kameras eine praktisch lückenlose Überwachung des Geländes gewährleistet. Das führt dazu, dass jedes Fahrzeug und jede Person während des Aufenthalts auf dem Gelände eindeutig identifizierbar gefilmt wird. Es ist nachvollziehbar, wo diese Person sich befindet, wo sie das Fahrzeug verlässt – oder ein Büro oder Auslieferungslager betritt, wodurch ein Diebstahl mit gefälschten oder illegal beschafften Papieren erschwert wird. Auch hier gilt wieder: Abschreckung ist ein wichtiges Mittel zur Verhinderung von Kriminalität.

Der illegale Abholung von Sendungen mit gefälschten, unterschlagenen oder "freundlich zur Verfügung gestellten" Frachtpapieren wird durch verschiedene Maßnahmen begegnet:

Dokumente, auch die Personaldokumente der Speditionsmitarbeiter, werden genau kontrolliert und registriert. Das führte zunächst zu Konflikten mit datenschutzrechtlichen Interessen. Hier muss berücksichtigt werden, dass Luftfrachtsendungen i. d. R. einen hohen Wert aufweisen und daher ein berechtigtes Interesse daran besteht, zu überprüfen, ob die Abholung rechtens ist. Hinzu kommt, dass der Kunde oftmals gar nicht weiß, welche Person die Sendung abholt – daher muss bei der Auslieferung die abholende Person identifizierbar sein. Auch der Bereich der Auslieferung wird daher mit mehreren Kameras überwacht.

Auf dem Gelände wurde eine strenge Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h eingeführt, um Unfälle zu vermeiden.

In die Lagerhallen haben nur Personen mit einer Zuverlässigkeitsüberprüfung Zutritt. Dieses wird über einen Ausweis und Drehkreuze kontrolliert, was auch gesetzlich so vorgegeben ist. Läuft diese Zuverlässigkeitsüberprüfung ab, muss sie umgehend erneuert werden. Wird sie entzogen, kann der Mitarbeiter nicht mehr für Lufthansa Cargo arbeiten.

Früher (vor ca. 20 Jahren) stellten diese Zuverlässigkeitsüberprüfungen vergleichsweise kleine Hürden dar: Personen konnten eine Zuverlässigkeitsüberprüfung für die Arbeit im Luftfrachtzentrum bestehen, die Gewaltdelikte oder andere kriminelle Handlungen begangen hatten, solange dies nicht im Flughafen selbst geschehen ist.

Heute ist die Zuverlässigkeitsüberprüfung wesentlich strenger.

Externe Handwerker wie z. B. Maler, Elektriker usw., die notwendigen Arbeiten in den Hallen ausführen, haben i. d. R. keine Sicherheitsüberprüfung absolviert. Daher ist eine Begleitung bzw. Überwachung dieser externen Person durch einen Sicherheitsmitarbeiter erforderlich. Dies verursacht zusätzliche Personalkosten, ist aber zwingend notwendig.




Abbildung 6




Abbildung 7


In Frankfurt kommen, wie bereits erwähnt, u. a. Drehkreuze, Kameraüberwachung und Zugangs- bzw. Personenkontrollen zum Einsatz.

Bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben können durchaus Probleme auftreten. Sind Zugangskontrollen über Drehkreuze vorgeschrieben, muss geklärt werden, wie Fahrzeuge, z. B. Gabelstapler, in die Lagerhallen gelangen können. Hier müssen Sonderlösungen mit den Behörden ausgehandelt werden.

Die Zugangsberechtigungen über Werksausweise berechtigen den Mitarbeiter nur zum Betreten der Bereiche, in denen er auch arbeitet.

Die Kriminalität auf dem Frankfurter Flughafengelände ist heute sehr gering, wobei es möglicherweise Unternehmen gibt, die Verlustschäden durch Diebstahl nicht melden.


Sicherheitsmaßnahmen sind grundsätzlich vertraulich. Sie gelten weltweit, sind aber nicht überall gleichermaßen umsetzbar. Ein großes Problem ist dabei die Korruption. In manchen Ländern muss Personal dafür bezahlt werden, dass es nicht stiehlt, in andern Ländern wird Personal dafür bezahlt, dass es darauf achtet, dass andere nicht stehlen.

Hier sind häufig Interessenkonflikte auszuräumen. Die Betriebsabläufe dürfen durch Sicherheitsmaßnahmen nicht über Gebühr behindert werden. Die Kunden möchten die Ladung schnell, kostengünstig, vollständig und unbeschädigt transportiert haben. Der Kunde stellt für ein Dienstleistungsunternehmen wie Lufthansa Cargo den wichtigsten Faktor dar.

Das Frachtunternehmen kann und darf dabei keine Polizei-ähnliche Funktion übernehmen. Zudem sollen alle Mitarbeiter gerne bei Lufthansa Cargo arbeiten und sich im Unternehmen wohlfühlen.

Von den verschiedenen Sicherheitsmaßnahmen lassen sich nicht alle an allen Standorten weltweit gleichermaßen einsetzen, da es unterschiedliche gesetzliche Regelungen gibt. So dürfen z. B. in den USA bestimmte biometrische Verfahren zur Anwendung kommen und Mitarbeiter einzeln fotografiert und diese Fotos dauerhaft gespeichert werden, was in Deutschland so nicht zulässig ist.

Die Sicherheitsmaßnahmen müssen dem jeweiligen Standort individuell angepasst werden. So sind im Frankfurt z. T. andere Maßnahmen notwendig bzw. realisierbar als in München, New York oder anderswo.

Für die verschiedenen Lufthansa-Cargo-Standorte weltweit gibt es regionale Sicherheitsbüros in Amerika und Johannesburg (Südafrika).

Sicherheit um jeden Preis lässt sich nicht realisieren. Eine 100%ige Sicherheit ist nicht möglich. Rechtliche Vorgaben müssen beachtet werden.



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Risk-Management


Bei der Lufthansa Cargo wurde ein Risikomanagement durchgeführt. Dabei waren wirtschaftliche Aspekte zu beachten. Mit professioneller Sicherheitsmanagement lässt sich Geld verdienen – z. B. durch die Sicherheitsgebühr, die die Kunden der Lufthansa Cargo zu bezahlen haben. Dieses Geld wird dann in weitere bzw. neue Sicherheitsmaßnahmen investiert.


Was ist eine Bedrohungssituation (Risk-Based Approach to "Reliable" Threat Information)?

Es müssen Informationen gesammelt werden, wo die Bedrohung liegt, wer wo und wann Diebstähle begeht. Das kann nur in Zusammenarbeit mir den Behörden geschehen, speziell der Polizei.

Ein plakatives Beispiel: Arbeitet in einem Lager eine Ladecrew, die z. B. aus 8 Personen besteht, die alle aus dem gleichen Dorf kommen und eine Sprache sprechen, die sonst niemand vom Personal spricht, kann diese Crew eine Gefahr darstellen. Zumindest kann diese Situation zu kriminelle Handlungen verführen, da sich diese Mitarbeiter der Crew leicht und unauffällig organisieren können und möglicherweise die gleichen (kriminellen) Interessen haben.

Bei der Bedrohungssanalyse ist die Kommunikation mit Behörden, Versicherern und Kunden sehr hilfreich.




Abbildung 8





Abbildung 9: Wirtschaftliche Betrachtung der Sicherheit




Abbildung 10




Abbildung 11



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Terrorschutz und Luftfrachtsicherheit


Terrorschutz

Ein Unternehmen wie die Lufthansa Cargo, das im Luftfrachtverkehr tätig ist, muss als Hauptaufgabe die Abwehr äußerer Gefahren bewerkstelligen. Das bedeutet nichts anderes als die Abwehr terroristischer Aktivitäten gegen den Luftverkehr, vor allem dem Einbringen von Sprengstoff in ein Flugzeug. Konkret geht es um Terrorschutz.

Die Terroranschläge in New York vom 9. September 2001 gegen das WTC erleichterten die Umsetzung dieser Maßnahmen, denn die daraufhin eingeführten Terrorschutzmaßnahmen dienen als Nebeneffekt auch der Diebstahlprävention.

Die gesetzlichen Vorgaben und Maßnahmen zur Terrorabwehr lassen sich gut kombinieren mit Maßnahmen zur Diebstahlprävention.

Die Diebstahlprävention hat auch von den verschärften Zuverlässigkeitsüberprüfungen der Mitarbeiter profitiert, die aus Gründen des Terrorschutzes verbindlich eingeführt wurden.


Luftfrachtsicherheit – Kontrolle der Luftfracht und der Transportkette

Eine klar definierte Bedrohung für den Luftfrachtverkehr ist nicht definiert. Hierzu gibt es keine konkreten Hinweise der Luftfahrtbehörden.

Für den Personenluftverkehr sind solche Vorgaben vorhanden, speziell aus den USA, nicht aber für den Luftfrachtbereich.

Dahingegen gibt es zahlreiche Anordnungen für den Luftfrachtverkehr aus den USA, die regelmäßig ergänzt und aktualisiert werden.

Luftfrachtsicherheit ist schwieriger zu realisieren als Sicherheit im Passagier-Flugverkehr (s. Abbildung 12). Bei letzterem sind die Sicherheitsmaßnahmen klar definiert und allgemein bekannt – Personenkontrolle beim Einchecken, Gepäckaufgabe mit Durchleuchtung des aufgegebenen Gepäcks, Kontrolle des Handgepäcks und des Körpers usw. Die Qualität dieser Sicherheitsmaßnahmen ist sehr gut.

Bei der Luftfracht ist die Situation völlig anders. Hier kann die Transportkette mehrere Tausend km lang sein. Eine Luftfrachtsendung, die z. B. von einer Produktionsstätte in Rumänien oder Italien von Lufthansa Cargo in die USA transportiert werden soll, wird zunächst auf dem Landweg über einen Spediteur nach Frankfurt gefahren. Diese Transportunternehmen sind sog. reglementierte Beauftragte. Der reglementierte Beauftragte ist ein Status, der Transportunternehmen eine einfachere Abwicklung der Fracht am Flughafen ermöglicht.




Abbildung 12


Ab dem 01.03.2010 gilt (laut Luftfahrtbundesamt): Ein Reglementierter Beauftragter muss auditiert sein. Ungefähr die Hälfte der zuvor bereits ohne Audit zertifizierten Spediteure wurden inzwischen auditiert, die andere Hälfte noch nicht, sie gelten aber weiterhin als Reglementierte Beauftragte. Zudem gilt eine Mindestlagerzeit von 5 Tagen, falls andere Sicherheitstechnik zur Kontrolle der Fracht nicht zugelassen ist.

Die Ladung wird dann in Frankfurt am Flughafen bei Lufthansa Cargo oder einer anderen Frachtfluggesellschaft abgeliefert und soll dort in das Flugzeug verladen werden.

Generell wird die Luftfracht nicht durchleuchtet, was bei Flugreisenden den Eindruck eines Sicherheitsrisikos aufkommen lassen kann, da sie selbst gründlich kontrolliert werden, die Fracht hingegen nicht gleichermaßen umfassend.

Das liegt u. a. an physikalischen Grenzen: So gibt es z. B. keine geeigneten Technologien bzw. Geräte für die effiziente Kontrolle von Luftfrachtsendungen, zumindest so, wie der internationale Luftfrachtverkehr heutzutage abgewickelt wird. Das liegt auch an der Größe der Luftfrachtcontainer und den völlig unterschiedlichen Gütern, die transportiert werden.


Bei der Seefracht sieht das etwas anders aus, dort werden Container-Scanner eingesetzt.

In Seehäfen wie z. B. Hamburg gibt es Container-Röntgenanlagen für die Kontrolle von Standard- und sonstigen Großcontainern, diese sind deutlich größer als Luftfrachtcontainer. Allerdings wird in der Seefracht nach ganz anderen Dingen gesucht: Schmuggelgut, Drogen, (Kriegs)Waffen (Proliferation). In der Luftfracht wird nach wesentlich kleineren Dingen gesucht, speziell nach Sprengstoffen.

Zudem ist auf Flughäfen kein Platz für den Vor- und Nachlauf, um Hunderte von Lkws zu entladen und die Güter zu durchleuchten.

Die Technologien für die Luftfracht-Durchleuchtung befinden in der Entwicklung, sie werden aber auch deutlich höhere Anforderungen an das Sicherheitspersonal stellen, das die Bilder dieser Anlagen auswerten und die Frachtpapiere überprüfen muss. Dies wird zu deutlich höheren Personalkosten führen. Zudem müssen diese Untersuchungen in einem realistischen Zeitrahmen durchgeführt werden. Die dafür benötigte Infrastruktur ist auf den Flughäfen noch gar nicht vorhanden.

In Deutschland gibt es derzeit keine geeignete und für Luftfracht zugelassene Technologie. Die Kofferröntgenanlagen sind für Luftfracht-Container zu klein. Die vorhandenen Sprengstoff-Detektoren und Röntgengeräte sind behördlich nicht zugelassen.

Das Geschäft ist in Deutschland so strukturiert, dass 75% aller Sendungen den Luftfrachtcarrier im aufgebauten Zustand erreichen. D. h., die Güter wie z. B. Maschinen sind oft groß und daher schwerer zu kontrollieren.

Ein Problem zunehmender Sicherheitskontrollen bei der Luftfracht ist: Alle Güter, die die Luftfracht langsamer machen, werden letztlich mit dem Schiff transportiert. Es ist allerdings zu erwarten, dass in Zukunft auch beim Schiffstransport Kontrollen eingeführt werden.

Daher gibt es derzeit (noch) keine durchgehende Röntgenkontrolle von Luftfracht. Dennoch wird bei Lufthansa Cargo keine Luftfracht ins Flugzeug verladen, wenn Zweifel an der Sicherheit bestehen. Die möglichen Folgen von Nachlässigkeiten bei der Sicherheit können Menschen, Fracht und das Flugzeug gefährden und aus moralischen und wirtschaftlichen Gründen nicht akzeptiert werden.

Nach der allgemeinen Rechtsprechung gilt eine Ladung als sicher, wenn sie von einem reglementierten Beauftragten und einem bekannten Versender kommt. Letztere haben schriftlich / verbindlich zu erklären, dass in ihrem Lager entsprechende Sicherheitsmaßnahmen realisiert wurden. Diese Sicherheitsmaßnahmen werden bei den meisten, wenn auch nicht bei allen Herstellern auch tatsächlich durchgeführt.

Mit dieser schriftlichen Erklärung geht die Sendung über den Spediteur direkt an die Frachtfluggesellschaft. Theoretisch kann die Sendung jetzt direkt in das Flugzeug verladen werden.

Was auf dem Landweg, egal ob dieser 2 oder 2.000 km lang ist, passiert ist, lässt sich nicht immer nachvollziehen. Deshalb müssen auch bei der Frachtfluggesellschaft Sicherheitsmaßnahmen bzgl. dieser Ladungen stattfinden. Diese Luftfracht-Sicherheitsmaßnahmen müssen spätestens beim Eintreffen in das Lager (warehouse) greifen.



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Eingesetzte Techniken zur Untersuchung der Luftfracht auf Sprengstoff




Abbildung 13


ETD (Esplosive Trace Derection Equipment) / Sprengstoffdetektion: Die Geräte haben die Größe eines Laptops. Es ist eine sehr sichere Technologie, die auf der Gaschromatographie basiert. Es gibt nur eine überschaubare Anzahl von Substanzen, anhand derer sich jeder Sprengstoff eindeutig identifizieren lässt.

Meist wird eine Wischprobe genommen, d. h. der zu untersuchende Gegenstand, z. B. ein Laptop, wird mit einem Tuch abgewischt und dieses dann mit dem ETD untersucht. Diese Technik arbeitet schnell und zuverlässig.

In der Luftfracht wird dieses Verfahren z. T. auch angewandt, Lufthansa Cargo hat ca. 50 dieser Geräte weltweit im Einsatz. Der Nachteil ist, dass von der eigentlichen Fracht (den Gütern) Wischproben genommen werden müssen, daher ist diese Technik u. a. bei Containern nur eingeschränkt nutzbar. In Deutschland ist das Verfahren (noch) nicht zugelassen.

Dies kann zu solchen Situationen führen: Nehmen wir an, die Luftfrachtgesellschaft verfügt über einen Sprengstoff-Detektor und eine Frachtsendung, die in ein Land gehen soll, in dem der Sprengstoff-Detektor zur Kontrolle dieser Fracht eingesetzt werden darf (z. B. die USA). Eine weitere Fracht vom gleichen Versender geht nach Rom und fliegt somit unter europäischem Sicherheitsrecht. Dort darf der Sprengstoff-Detektor nicht eingesetzt werden, weil er nicht zugelassen ist.

Die Alternative der deutschen Luftaufsichtsbehörde für die Kontrolle einer Sendung ist, sie 5 Tage zu lagern und danach zu verladen. Nach 5 Tagen Lagerung gilt sie gemäß der EU-Verordnung 2320 als sicher.

Die zuständigen Verantwortlichen in den Behörden sehen allerdings die daraus resultierenden Widersprüchlichkeiten bzw. Probleme und sprechen mit den Sicherheitsexperten der Luftfrachtgesellschaften wie z. B. Lufthansa Cargo. Als Kompromiss lassen sie die Möglichkeit einer "Kombination" zu: Der Sprengstoff-Detektor darf verwendet werden, aber nicht als alleinige Maßnahme (denn er ist ja nicht behördlich zugelassen), zusätzlich sollen andere Kontrollen wie Handkontrollen o. ä. durchgeführt werden. Das kann zu Schwierigkeiten führen, da diese Vorgehensweise rechtlich nicht wasserdicht ist und im Falle eines Anschlags dann nicht korrekt gehandelt wurde.


Sniffer Dogs sind auf Sprengstoff abgerichtete Spürhunde. Es gibt zwei Verfahren, wie diese Hunde zur Sprengstoffsuche eingesetzt werden:

  1. Der Hund geht aktiv zur Fracht und sucht,

  2. Der Hund sitzt auf einem festen Platz und bekommt Geruchsproben vorgeführt. Einige Proben sind neutral, andere hatten Kontakt mit der Fracht. Diese Proben können Tücher sein, mit denen die Fracht abgewischt wurde, oder Luftproben, die den Frachträumen oder -behältern entnommen wurden. Auch minimalste Sprengstoffspuren werden von den Hunden gerochen.

In Österreich werden Hunde und Sprengstoff-Detektoren eingesetzt, in Frankreich und Großbritannien werden ebenfalls Hunde zur Sprengstoffsuche genutzt.


Röntgengeräte: Inzwischen gibt es eine Weiterentwicklung mit 2 Röhren, die auch breiter und für LE3 Container geeignet ist und eine Zuverlässigkeitsquote von ca. 75 – 80% aufweist.

Eine weitere vorhandene Technologie ist die Computertomographie. Diese ist aber sehr zeitaufwändig (ca. 25-30 min für einen Container ohne Auf- und Abladen) und erfordert viel Aufwand für den Vor- und Nachlauf.


Das System der sicheren Ladungskette wird in der Zukunft wahrscheinlich durch eine generelle Kontrolle aller Luftfrachtsendungen am Flughafen abgelöst.





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