Versicherung und Haftung



Versicherungsbegriff
Nach Alfred Mahnes:

"Versicherung ist die gegenseitige Deckung zufälligen, schätzbaren Geldbedarfs zahlreicher gleichartig bedrohter Wirtschaften."

(moderner) nach Farny:

"Versicherung ist die Deckung, eines im einzelnen ungewissen, insgesamt schätzbaren Geldbedarfs, auf der Grundlage eines Risikoausgleiches im Kollektiv und der Zeit."

Dieser Versicherungsbegriff nach Mahnes und Farny gilt für den High&Heavy-Bereich so nicht, da es sich bei den Schwergütern meist um individuelle Einzelanfertigungen handelt. Es handelt sich also nicht um "zahlreiche gleichartig bedrohte" Wirtschaftszweige oder Güter.

Leider wird zunehmend ein Underwriting durchgeführt, ohne dass die einzelnen Vertragsbestandteile wie Prämien nach mathematischen Kriterien ermittelt wurden.

Hier am Beispiel eines Haftungsversicherers:

1 Trafo mit einem Gewicht von 186 t, Wert EUR 1,7 Mio.
  1. Haftung nach HGB – 8,33 SZR/kg (ca. 9,00 EUR/kg)
    Theoretische Höchsthaftung: 186.000 x 9,00 = EUR 1.674.000

  2. Nach Hague-Visby-Rules – 2 SZR/kg (ca. 2,16 EUR/kg)
    Höchsthaftung: 186.000 x 2,16 = EUR 401.760
Bei einer angenommenen Haftungs-Prämie von EUR 3.000 je Trafo müsste der Spediteur/Frachtführer im Falle
  1. 558 Trafos

  2. immerhin noch 134 Trafos schadenfrei (!) transportieren, damit sein Versicherer mit einer Quote von 100% herauskommt!!!

Dieses Beispiel zeigt, dass ein Schaden (der meist ein Totalschaden ist) bei einem solchen Schwergut über Prämien kaum auszugleichen ist.

Bei der Vielzahl der Leistungen, die der Spediteur zu erbringen hat, reichen die am Markt erhältlichen Standarddeckungen nicht aus.


Zum Haftungsumfeld des Spediteurs gehören zum einen die "normalen" Schäden aus unerlaubter Handlung nach BGB §§ 823 ff. Die Betriebshaftpflichtdeckung des Spediteurs muss überprüft werden, ob diese für alle vertraglich zu erbringenden Risiken ausreicht.


Ein Beispiel aus der Praxis: Der Spediteur führt eine Schwimmkranentladung in den USA durch.

Er muss den Schwimmkran vertraglich mieten, dabei werden sämtliche Risiken vom Vermieter auf den Spediteur übertragen. Er muss dem Vermieter eine Haftpflichtversicherung über 10 Mio. USD nachweisen, zudem verlangt dieser eine Haftungsfreistellung. Der deutsche Haftpflichtversicherer hat kaum Interesse, ein derartiges Risiko zu versichern.

Bei der vertraglichen Haftung mit zahlreichen individuellen Haftungsvereinbarungen muss genau geprüft werden, dass der Spediteur letztlich keine ungedeckten oder nicht ausreichend gedeckte Leistungen erbringt.

Die folgende Grafik fasst die Rechtsgrundlagen nach deutschem Recht zusammen:


Das Speditionsrecht (§§453-466 HGB), auf das die ADSp aufbauen, kommt im Projektgeschäft weitgehend nicht zur Anwendung; die ADSp sind oftmals explizit abbedungen.



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