Ladungssicherungsprinzipien

Vortrag von Herrn Kap. AG Winfried Strauch, Freier Sachverständiger


Die beiden grundsätzlichen Methoden der Ladungssicherung wurden bereits erwähnt. Es sind dies:

Formschluss Abbildung 125


Abbildung 125



Reibschluss Abbildung 126


Abbildung 126


Abbildung 127

Abbildung 127
Abbildung 128

Abbildung 128
Direkter Formschluss durch Anlegen an Ladeflächenbegrenzungen.


Die Belastbarkeit der Ladeflächenbegrenzungen eingesetzter Fahrzeuge sollte festgestellt werden.

Durch formschlüssige Beladung gegen normierte Bauteile kann der Sicherungsaufwand erheblich minimiert werden.

Abbildung 129

Abbildung 129
Stirn- und Seitenborde einer 7,15 m langen Wechselpritsche.


Formschluss über spezielle Fahrzeugbauteile wie z.B. Coilmulden oder Steckrungen bietet sich bei speziell ausgerüsteten Fahrzeugen an:

Abbildung 130

Abbildung 130
Abbildung 131

Abbildung 131
Formschluss über spezielle Fahrzeugbauteile wie z.B. Coilmulden oder Steckrungen bietet sich bei speziell ausgerüsteten Fahrzeugen an.


Paletten oder Kantholzabsteifungen erlauben gleichfalls gute Möglichkeiten formschlüssig zu sichern.

Abbildung 132

Abbildung 132
Abbildung 133

Abbildung 133
Hölzer müssen sinnvoll eingesetzt werden: Druckverteilung beachten! Auf die wirksamen Holzquerschnitte kommt es an!
Abbildung 134

Abbildung 134
"Verschenktes" Material. Der wirksame Holzquerschnitt hätte durch eine andere Verarbeitung vergrößert werden können.
Abbildung 135

Abbildung 135
Direkter Formschluss durch Zurrmittel ist ein
probates Sicherungsmittel.
Abbildung 136

Abbildung 136
Auch das Zusammenbinden von Coils durch den Kern (Pitching genannt) ist eine Form der Direktsicherung, hier allerdings zur Unitisierung benutzt.



Einfluss der Zurrwinkel

Die Größe der horizontalen und Vertikalen Zurrwinkel beeinflusst die wirksame Größe der Zurrkräfte.

Abbildung 137

Abbildung 137
Ermittlung der genauen Werte

Der Vertikalanteil V einer Zurrung verändert sich mit dem Sinus des Zurrwinkels
Der Gesamthorizontalanteil H entspricht dem Kosinus des Zurrwinkels a
Die wirksame Horizontalkraft in Längsrichtung Hl entspricht dem Kosinus des horizontalen Zurrwinkels b
Die wirksame Horizontalkraft in Querrichtung Hq entspricht dem Sinus des horizontalen Zurrwinkels b


Aber warum mühsam rechnen, wenn einfaches Nachmessen in der Praxis (sogar genauere) Werte ergibt?

Soll beispielweise die horizontale Längskomponente Hl bestimmt werden, misst man deren Länge und die wirksame Länge des Zurrmittels Z. Man dividiert Hl durch Z und multipliziert diesen errechneten Faktor mit der zulässigen Zurrkraft Fzul des Zurrmittels.

Beispiel: Hl wird mit 2,50 m bestimmt. Z ist 3,00 m lang. Laut Anhänger oder Label beträgt die zulässige Zurrkraft des Zurrmittels (Fzul) 2500 daN. Wie groß ist die horizontale Längssicherungskraft Hl ?

Rechnung: 2,50 m : 3,00 m x 2500 daN = 0,833 x 2500 daN = 2083 daN

Eine vorzügliche Möglichkeit der Direktzurrung ist die Umspannung:

Abbildung 138

Abbildung 138
Umspannung zur Sicherung eines zylindrischen Ladungsteils.
Abbildung 139

Abbildung 139
Umspannung zur Sicherung an einer Ladebordwand
(von oben betrachtet).


Umspannungen (half loops) lassen sich sehr wirksam einsetzen. Mit Umspannungen können hohe Sicherungskräfte bewirkt werden. Es ist eine der besten Sicherungsmethoden überhaupt. Bevor das näher begründet wird, soll erst die schlechteste – aber am häufigsten verwendete – Sicherungsmethode vorgestellt werden: Die Niederzurrung (friction loop).

Die prinzipielle Wirkung von Niederzurrungen besteht darin, dass durch den Vertikalanteil der eingebrachten Vorspannung zusätzliche Reibungskräfte bewirkt werden.

Abbildung 140

Abbildung 140



Abbildung 141

Abbildung 141



Je kleiner die Vertikalkomponenten und die Reibungswerte sind, um so geringer fallen die erreichbaren Sicherungskräfte aus.

Abbildung 142

Abbildung 142



Bei einseitig angebrachten Spannmitteln nimmt die Vorspannung zur Gegenseite hin ab.

Je rauer die Berührungsflächen der Umlenkung sind, umso geringer ist die auf der Gegenseite erzeugte Vorspannung.

Weil es so wichtig ist: Noch mal!

Die Sicherungskräfte sind umso kleiner ….

je kleiner die Vorspannung ist,
je kleiner die Zurrwinkel ausfallen und
je kleiner die Gleit-Reibbeiwerte sind.

Die Vertikalkomponente der Vorspannung steigt mit dem Sinus des Zurrwinkels.

Abbildung 143

Abbildung 143



Genaue Werte können mit einem Taschenrechner über die Sinusfunktion des Zurrwinkels a ermittelt werden, die jeweils mit der Vorspannung zu multiplizieren sind.

Genaue Werte können ohne Taschenrechner durch einfaches Nachmessen der effektiven Höhe des Zurrmittels und der effektiven Länge des Zurrmittels in Zusammenhang mit einer kleinen Rechnung ermittelt werden. Der kleinere der Werte wird durch den größeren geteilt und mit der Vorspannkraft des Zurrmittels malgenommen.

Abbildung 144

Abbildung 144
Beispiel: Die wirksame Höhe des Zurrmittels (gestrichelte rote Linie) wird mit 0,90 m bestimmt, die wirksame Länge mit 1,20 m (schräg gespanntes Zurrmittel von Umlenkung am Trafo bis Umlenkung an der Ladebordwand). Die mit einer einfachen Ratsche erreichte Vorspannung des Zurrmittels beträgt 300 daN. Der wirksame Vertikalanteil der Vorspannung errechnet sich aus 0,90 m : 1,20 m x 300 daN = 225 daN. Die erreichbare Sicherungskraft bestimmt sich über den Gleit-Reibungsfaktor µ. Wird dieser mit 0,3 angenommen, beträgt die erreichbare Sicherungskraft 225 daN x 0,3 = 67,5 daN. Wichtig ist, dass die Vorspannung auch gehalten werden kann. Regelmäßige Unterwegskontrollen und/oder Nachspannen sind wichtig.
Abbildung 145

Abbildung 145
Hier ein Beispiel: Der Abfall der Vorspannung von 2700 daN auf 2200 daN während der Dauer einer Kaffeepause an einem mit einer Spannschraube gespannten Drahtseil von 16 mm Durchmesser.
Abbildung 146

Abbildung 146
Stahlband hat eine minimale Elastizität und kann keine Spannung halten. Dieser Nachteil kann durch Verwendung von Materialien mit hohem Rückstellvermögen ausgeglichen werden.


Hier einige Beispielrechnungen für die erreichbaren Sicherungskräfte bei einer Vorspannung in der Umreifung von 400 daN und einem Zurrwinkel von 45°:

Sicherungskräfte: bei 20 % Reibung = 56 daN
Sicherungskräfte: bei 30 % Reibung = 84 daN
Sicherungskräfte: bei 40 % Reibung = 112 daN
Sicherungskräfte: bei 60 % Reibung = 168 daN


Abbildung 147

Abbildung 147
Diese Niederzurrung bringt nur ca. 50 daN Sicherungskraft!! Lohnkosten- und Material verschwendet, aber nichts erreicht!


Und noch mal: Wie gering mit Niederzurrungen zu erzielende Sicherungskräfte sind, verdeutlicht diese Tabelle:

Gesamtvorspannung in daN Zurrwinkel Vertikalanteil Gleit-Reibbeiwert
0,10 0,20 0,25 0,30 0,40 0,50 0,60
600 15° 0,26 16 31 39 47 62 78 94
30° 0,50 30 60 75 90 120 150 180
45° 0,71 43 85 107 128 170 213 256
60° 0,87 52 104 131 157 209 261 313
90° 1,00 60 120 150 180 240 300 360


Abbildung 148

Abbildung 148
Abbildung 149

Abbildung 149
Mit Niederzurrungen allein sind Coils, Moniereisen und andere schwerere Produkte kaum zu sichern.


Für viele Nutzer sind die Gurtetiketten irreführend, weil der "Wert in der Umreifung" oft als nutzbare Zurrkraft für Niederzurrungen angesehen wird. Eine gemäß der unteren Skizze des Etiketts verwendete Niederzurrung wird irrtümlich mit 5000 daN Sicherungskraft angesetzt. Nach oben stellt die Niederzurrung eine Direktzurrung dar. Gegen "Wegfliegen nach oben" wäre eine Ladung tatsächlich mit 5000 daN gesichert.

Abbildung 150

Abbildung 150



Weil es immer wieder zu derartigen Fehlinterpretationen kommt, wären Angaben über die erreichbare Vorspannung wünschenswert. Die Berufsgenossenschaften wollen das durchsetzen.

Niederzurrungen lassen sich nur sinnvoll einsetzen, ….

wenn lediglich geringe Sicherungskräfte bewirkt werden müssen, oder
wenn hohe Vorspannkräfte erreicht und gehalten werden können sowie
steile Zurrwinkel und große Gleit-Reibbeiwerte entsprechend hohe Sicherungskräfte erwarten lassen.

Niederzurrungen sind absolut wirkungslos, wenn …

Ladelücken vorhanden sind,
die Ware zu sehr nachgibt oder …
beidseitig übersteht, denn dann kann sich die Ladung in den Niederzurrungen frei hin und her bewegen.

Abbildung 152

Abbildung 152
Der Spannweg von Ratschen ist begrenzt. Nachgebende Waren können damit nicht gesichert werden.
Abbildung 153

Abbildung 153
Fehlerhaft: Scharfe Kanten können die Zurrmittel zerschneiden. Seitlich überstehende Ladungen können durch Niederzurrungen nicht sicher gehalten werden.
Abbildung 154

Abbildung 154
Auch die folgenden Niederzurrungen können keine ausreichende Sicherung bewirken. Zwei davon sind sogar über die Ladebordwände geführt.
Abbildung 155

Abbildung 155
…. Man kann …

ungesichert transportieren und hohe Ersatzansprüche, Punkte in Flensburg und Bußgelder riskieren …
Abbildung 156

Abbildung 156
… Man kann auch …

teure Umladeaktionen und Nachbesserungen an einer Kontrollstelle bezahlen ……
Abbildung 157

Abbildung 157
… Man kann auch …

personal- und materialintensiv sichern, und dabei betriebliche Ressourcen verschwenden!
Abbildung 158

Abbildung 158
… Man kann jedoch auch …

mit Umspannungen sichern!! Statt vieler Niederzurrungen wären zwei Umspannungen für die seitliche Sicherung ausreichend -auch bei 24 t.


Als Längssicherung bieten sich an:

eine bündige Beladung nach vorn,
Holzabsteifungen oder
längs gesetzte Umspannungen.

Abbildung 159

Abbildung 159


Bei Umspannungen wird ein Zurrmittel am Zurrpunkt einer Fahrzeugseite befestigt, um die Ladung zur Ausgangsseite zurückgeführt und dort möglichst auf einem anderen Zurrpunkt befestigt, da bei Verwendung getrennter Zurrpunkte die zulässige Zurrkraft des Zurrmittels im Einzelstrang bis maximal zur doppelten Höhe genutzt werden kann.

Abbildung 160

Abbildung 160

Abbildung 161

Abbildung 161


Bei Zurrpunkten von 2000 daN und einer Fzul des Zurrmittels von gleichfalls 2000 daN im Einzelstrang sind theoretisch 4000 daN Sicherungskraft erreichbar.

Bei Winkeln zwischen den Strängen bis 90° wird die Sicherungskraft maximal um 30% gemindert.

Abbildung 162

Abbildung 162

Ein wesentlicher Vorzug ist, dass sich Umspannungen auch in Längsrichtung anbringen lassen:

Abbildung 163

Abbildung 163


Mit Umspannungen lassen sich sehr viele Sicherungsprobleme vorteilhaft lösen. Sie erlauben die Fixierung von Gütern sowohl in seitlicher als auch in zentraler Lage.

Abbildung 164

Abbildung 164


Abbildung 165

Abbildung 165
Abbildung 166

Abbildung 166
Auch kippgefährdete Güter ….

… bekommt man durch Umspannungen "in den Griff".


Wie bei den Niederzurrungen kann es auch bei Umspannungen zu Fehlhandlungen bei Überbreite kommen. "Unechte Umspannungen" sind gefährlich:

Abbildung 167

Abbildung 167
"Unechte Umspannungen"
Abbildung 168

Abbildung 168
Gut! "Echte Umspannungen"


Vorsicht! Es dürfen nur "echte Umspannungen" eingesetzt werden, niemals "unechte".

Abbildung 169

Abbildung 169
Auch mit Klauen kann – insbesondere bei Überbreite – wirksam gesichert werden.


Eine brauchbare Sicherungsmöglichkeit sind Kopfbuchten. Sie eignen sich dort, wo keine direkten Zurrpunkte an den Ladungsstücken vorhanden sind. Kopfbuchten lassen sich in Verbindung mit zwei Direktzurrungen einsetzen. Auch hier bestimmt der Zurrwinkel die horizontalen und vertikalen Komponenten.

Abbildung 170

Abbildung 170
Abbildung 171

Abbildung 171
blau = Kopfbucht; rot = Direktzurrung von der Kopfbucht aus; s = Vertikalkomponente der Sicherung mit Kopfbucht; a = Horizontalkomponente der Sicherung mit Kopfbucht.
Abbildung 172

Abbildung 172
Die 8-förmige Kopfbucht eignet sich auch bei geschichtet geladenen Gütern.
Abbildung 173

Abbildung 173
Für empfindliche Güter gibt es die verstärkte Variante der Kopfbucht.
Abbildung 174

Abbildung 174
Abbildung 175

Abbildung 175
Auch die Kombination unterschiedlicher Methoden ist praktikabel: Holzpallung nach vorn, Umspannungen zur Seite, Kopfbucht nach hinten.
Abbildung 176

Abbildung 176
Hier ein Beispiel zur Sicherung von Restcoils.
Abbildung 177

Abbildung 177
Sicherung von Restcoils mit der "Locking-Coil-Methode".
Abbildung 178

Abbildung 178
Sicherung eines besonders schweren Coils.
Abbildung 179

Abbildung 179
Sicherung gebündelter Spaltbänder.


Die Möglichkeiten der Ladungssicherung sind nahezu unendlich. Wichtig ist, dass ausgebildetes Personal auf die Herausforderungen der Praxis flexibel zu agieren vermag.

ENDE


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