Besichtigung der Firma ThyssenKrupp Stahl AG

Zusammengefasst von Herrn Kap. Uwe-Peter Schieder, GDV

Inhaltsverzeichnis

Rohstoffanlieferung
Hochofen
Stahlwerk
Dem Konverter wird Roheisen zugeführt
Stranggießanlage
Warmwalzstraße
Kaltwalzen
Feuerverzinkung


Nach der theoretischen Vorbereitung durch Vorträge von Mitarbeitern der ThyssenKrupp Stahl AG bot die ca. vierstündige Besichtigung des Werkgeländes die praktische Aufbereitung des Themas vom Erz bis zum fertigen Stahlband.




Rohstoffanlieferung

Die Rohstoffe erreichen die Vorbereitungsbereiche der Hochöfen entweder mit der Bahn oder per Schiff. Das Transportmittel für Zuschlagstoffe, Kohle und Koks ist vorzugsweise die Bahn. Das Erz gelangt mit Schubschiffen (maximale Ladung ca. 16.000 t/Verband) aus Rotterdam über den Rhein in die werkseigenen Hafenanlagen. Hier werden die Schubverbände aufgelöst und über Greiferbrücken gelöscht (entladen). Kilometerlange Transportbänder befördern die Rohstoffe über Bunkeranlagen zu den Mischbetten, auf denen die verschiedenen Roh- und Zuschlagsstoffe im optimalem Mischungsverhältnis aufgeschüttet werden. In diesen Mischbetten liegen ca. 600.000 t Rohstoffe für die Verhüttung bereit.

Dieses Gemenge wird dann durch Trommelaufnehmer aufgenommen und dem weiteren Verarbeitungsprozess in der Sinteranlage über Transportbänder zugeführt. Da die Rohstoffmischung zu feinkörnig ist, könnte sie im Hochofen nicht von Gasen durchströmt werden – der Hochofen würde "ersticken

Bei der Sinterung werden die Energieträger (Koksgrus) des Gemisches auf einer Rostgliederkette durch Zufuhr von Wärme an der Oberfläche gezündet. Das Material gerät in einen teigigen Zustand und es "verklebt" miteinander. Nach einer Abkühlstrecke wird der "Sinterkuchen" gebrochen. Dieses großkörnige Material wird dem Hochofen zugeführt und kann gut durchgast werden.



Abbildung 1


Abbildung 2


Abbildung 3


Abbildung 4



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Hochofen

Ein Hochofen ist ein mehr oder weniger abgeschlossener Reaktorraum, der von oben mit Rohstoffen beschickt und von unten mit Luft (Wind) versorgt wird. Der Reaktionsprozess verläuft vertikal im Gegenstrom von oben nach unten. Dadurch, dass an der Basis des Hochofens kontinuierlich Roheisen und Schlacke abgeführt und von oben Rohstoffe zugeführt werden, bleibt der Ofen immer gefüllt. Als "Abgas" wird dem Hochofen Gichtgas entnommen bzw. abgeführt. Dieses Gichtgas wird direkt auf dem Werksgelände in Elektrizitätswerken als Primärbrennstoff zur Stromerzeugung eingesetzt.



Abbildung 5
 


Im Basisbereich des Hochofens wird wechselweise an zwei Abstichstellen kontinuierlich Roheisen und Schlacke abgeführt. Nachdem der Hochofen einmal in Betrieb genommen ist, läuft die Produktion ca. 12 bis 15 Jahre ununterbrochen weiter. Die Produktionsmenge kann in dieser Zeit nur bedingt verringert werden, da der Prozess im Hochofen kontinuierlich fortlaufen muss. Die Prozessparameter werden im Wesentlichen nicht verändert.



Abbildung 6
 


In 24 Stunden produziert der Hochofen ca. 10.500 t Roheisen. Dieses flüssige Roheisen wird in Torpedopfannen geleitet. Die Torpedopfannen werden unterhalb der Abstichstellen positioniert und nach der Befüllung über das werkseigene Schienennetz in die Stahlwerke gebracht.



Abbildung 7
Blick von oben in eine befüllte Torpedopfanne.


Abbildung 8
Die Abstichstellen werden im Wechsel betrieben, d.h. verschlossen bzw. verstopft und eine andere Abstichstelle aufgebohrt.


Abbildung 9
Ca. 99 % aller Abgase und Stäube werden durch ein aufwendiges Rohrleitungs- und Filtersystem abgefangen, entsorgt bzw. dem Produktionsprozess wieder zugeführt.


Abbildung 10
Unter dieser trapezförmigen Absaughaube befindet sich eine Kipprinne ("Wippe"), über die der Roheisenfluss der entsprechenden Torpedopfanne zugeführt wird.



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Stahlwerk

Im Stahlwerk wird das Roheisen in Konvertern zum eigentlichen Stahl "umgewandelt" (konvertiert). Hierbei werden ihm unerwünschten Eisenbegleiter (wie Kohlenstoff und Schwefel) weitgehend entzogen. Für diesen Reaktionsprozess wird dem Konverter das Roheisen mit einem Eisenschrottanteil bis zu 25 % zugeführt. Im Konverter wird auf die Oberfläche des flüssigen Roheisens technisch reiner Sauerstoff (O2 ) geblasen, um die Eisenbegleiter zu oxidieren.

Das Roheisen wird in Pfannen zu ca. 240 t bereitgestellt. Bevor das Roheisen in den Konverter gelangt, wird es in der Regel vorher entschwefelt. Das Entschwefeln geschieht mit Ca- oder / und Mg-haltigen Stoffen. Diese Materialien werden mit einer Lanze pneumatisch in das Roheisen eingeblasen, es entsteht eine schwefelreiche Schlacke, die mechanisch an der Badoberfläche abgezogen wird. Mit der im Bild zu sehenden rotglühenden Lanze wurde das Reaktionsgemisch eingeblasen.



Abbildung 11
 


Damit das gesamte Roheisen im Konverter in den "Genuss" dieser Begleitstoffverbrennung kommt, wird es im Konverter "umgerührt". Um dieses "Umrühren" zu erreichen, wird durch Bohrungen im Konverterboden Inertgas (Argon bzw. Stickstoff) eingeblasen. Diese Gasblasen steigen im flüssigen Roheisen auf und durchmischen dieses.

Beim Verbrennungsprozess der Eisenbegleiter wird Energie freigesetzt. Schrott (u.a. Weißblechdosen in Form von Paketschrott, alte Konstruktionsteile usw.) können daher preisgünstig recycelt werden. Durch die Absenkung der Konvertertemperatur wird außerdem auch die Ausmauerung geschont. Nach der Aufbereitung des Roheisens im Konverter verlässt es diesen als Rohstahl.



Abbildung 12
Die Roheisenpfanne wird angekippt, um die oben aufschwimmende Schlacke über den Pfannenrand abzuziehen.


Abbildung 13
Die Roheisenpfanne kurz nach Abzug der Schlacke



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Dem Konverter wird Roheisen zugeführt



Abbildung 14
Durch Kippen der Pfanne wird das flüssige Roheisen in den Konverter gefüllt. Die Oberflächenvergrößerung während des Umfüllens führt mit dem Luftsauerstoff zu heftigen Flammenentwicklungen.


Abbildung 15
Ein geöffneter Konverterbereich im Stahlwerk kurz vor der Beschickung mit Schrott.


Abbildung 16
Der Konverter wird mit Schrott (2 x ca. 25 t) beschickt.



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Stranggießanlage

Nachdem das Roheisen das Stahlwerk als Stahl verlassen hat, wird es in der Stranggießanlage zu rechteckförmigen Strängen ( Brammen im Endlosverfahren gegossen. Hierzu wird der flüssige Stahl in eine Wanne gefüllt. Aus dieser Wanne fließt der Stahl über ein Rohr senkrecht nach unten in eine Kokille ab. Die hat schon den Rechteckquerschnitt der zukünftigen Brammen, sie besteht aus Kupferplatten und ist wassergekühlt. In der Kokille entsteht eine Strangschale mit einer Dicke von 10 … 12 mm, der Kern ist noch flüssig beim Austritt aus der Kokille. Durch Aufgabe von Wasser wird die Durcherstarrung des Materials erreicht. Im unteren Bereich der Stranggießanlage wird die Bramme um 90 ° in die Waagerechte umgelenkt und auf Rollenbahnen geleitet. Auf diesen Rollenbahnen werden die Brammen in ihre vorgesehene Endlänge mittels Schneidbrennern geschnitten.



Abbildung 17
 


Abbildung 18
Abschneiden der Brammen von den Endlossträngen mittels Schneidbrennern.


Abbildung 19
Die anfangs noch rotglühenden Stahlbrammen in ihrem Zwischenlager vor dem Transport in die Warmwalzanlage.




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Warmwalzstraße

Für den Walzprozess werden die Brammen in mehreren Stunden bis auf ca. 1.250 °C erwärmt, bis sie entsprechend umformbar sind. Die Materialeigenschaften werden während des Walzprozesses durch gezielte Maßnahmen beeinflusst. Dazu zählt u.a. der gesteuerte Temperaturentzug durch Wasserbeaufschlagung.



Abbildung 20
Eine Bramme verlässt den Stoßofen hellrotglühend und wird dem ersten Walzgerüst über Rollgänge zugeführt.


Nachdem die Bramme den Stoßofen verlässt, führen Rollengänge diese den ersten "Gerüsten" zu. In den Gerüsten befinden sich Walzen, die mit hohem Druck die Bramme schrittweise dünner auswalzen.



Abbildung 21
In einer ca. 1 km-langen Halle befindet sich die Warmwalzstraße. Bandtemperaturen, Breite und Dicke des Walzgutes werden kontinuierlich gemessen. Der vollautomatische Prozess garantiert ausgezeichnete Qualitäten und hohe Maßgenauigkeiten.


Die 7 Walzenpaare übernehmen das immer länger werdende Stahlband und müssen dieses, aufgrund der Längenzunahme, mit entsprechend höherer Geschwindigkeit verarbeiten. Während des gesamten Verarbeitungsprozesses wird das Stahlband gezielt gekühlt. Die unterschiedlichen Gefüge, die durch das Kühlen erreicht werden, machen das Stahlband während des Warmwalzprozesses zu einem individuellen Produkt, welches speziell auf den Kundenwunsch zugeschnitten ist.



Abbildung 22
In den Walzgerüsten der Fertigstraße wird die Bramme zu einem langen Stahlband ausgewalzt.


Abbildung 23
Von Gerüst zu Gerüst wird die Walzgeschwindigkeit um die entsprechende Längenzunahme des Stahlbandes erhöht. Zwischen den Gerüsten sorgen Schlingenheber für die Geschwindigkeitsanpassung der Walzen zwischen den 7 Fertiggerüsten.


Abbildung 24
Durch gezielte Kühlung mit Wasser wird das richtige Gefüge des Materials ein gestellt.


Abbildung 25
Dieses Stahlband befindet sich am Ende des Walzprozesses und ist schon weit unter die Glühphase abgekühlt. Nach dem Abkühlen wird das bis zu ca. 1600 Meter lange und minimal 1,5 mm dicke Warmband durch eine Haspelanlage aufgewickelt. In Abhängigkeit der geforderten Werkstoffeigenschaften werden unterschiedliche Bandtemperaturen beim Aufwickeln angewendet (manche Bänder werden auch in glühendem Zustand gehaspelt).



Abbildung 26


Abbildung 27
Nach dem Aufwickeln wird das Coil durch eine Längsumreifung mit Verpackungsstahlband gebunden. Die Coils werden nach dem Warmwalzprozess gekennzeichnet, zwischengelagert und evtl. für den Versand weiterverpackt oder einem weiterführenden Kaltwalzprozess zugeführt.



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Kaltwalzen

Das Kaltwalzen ist eine weiterführende Veredlung der warmgewalzten Bänder. Das warmgewalzte Material wird hierzu von seiner Zunderschicht befreit und gereinigt und mit hohem Druck ohne zusätzliche Temperaturzufuhr im kalten Zustand weiter ausgewalzt. Kaltgewalztes Material kann bis auf 0,3 mm gewalzt werden. Die Blechdicken im Karosseriebau betragen zwischen 0,6 … 0,8 mm.

Durch den hohen Druck beim Kaltwalzen erfährt das Material eine Gefügeveränderung (Kaltverfestigung). Diese Änderung wird durch eine nachgeschaltete Wärmebehandlung (Rekristallisationsglühen) des Coils behoben. Unmittelbar nach dem Kaltwalzprozess muss das gereinigte Stahlband korrosionsgeschützt und möglichst umgehend einer Verpackung zugeführt werden.


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Feuerverzinkung

Die Feuerverzinkung ist ein weiterer Veredlungsprozess von kaltgewalzten Stahlbändern. Für diesen Prozess werden die kaltgewalzten Coils zu einem Endlosband zusammengeschweißt. Danach wird das Stahlband einem erneuten alkalischen und mechanischen Reinigungsprozess durch Bürsten, Spülen und Trocknen zugeführt.

Bei der Herstellung des Endlosbandes (Aneinanderschweißen der einzelnen Stahlbänder) kommt es naturgemäß zu zeitlichen Verzögerungen. Diese Verzögerungen würden zu einer Unterbrechung des kontinuierlichen Bandlaufes im Verzinkungsprozess führen.

Da es für den Feuerverzinkungsprozess aber zwingend einen kontinuierlichen Durchlauf erfordert, ist nach der Reinigung ein Bandspeicher zwischengeschaltet. Dieser Bandspeicher besteht aus einer fest installierten und einer beweglichen Rollenpartie mit 8 Rollen. Die bewegliche Rollenpartie wird in einem 27 m hohen Speicherturm je nach Anforderung rauf oder runter gefahren. Das Stahlband durchläuft die insgesamt 18 Rollen in Schleifenform. So können in diesem beweglichen Speicher ca. 380 m Stahlband gespeichert werden.



Abbildung 28
Die bei jedem Schweißvorgang hergestellte Bandschlaufe garantiert die erforderliche Zugfreiheit des anzuschweißenden Folgebandes.


Abbildung 29
Einlauf in den ersten Bandspeicher, der auf einer Höhe von 27 m insgesamt 380 m Stahlband speichern kann.


Nach Verlassen des Bandspeichers durchläuft das Stahlband in einem von der Außenatmosphäre abgeschlossenen Bereich einen Vorwärmprozess in einem Glühofen, um dann dem Zinkbad zugeführt zu werden. Im Zinkbad befindet sich eine Umlenkrolle, so dass das Stahlband das Bad vertikal verlassen kann. Beim vertikalen Aufsteigen des Stahlbandes durch das Zinkbad haftet des flüssige Zink an der Oberfläche. Eine gewisse Übermenge an flüssigem Zink wird mit einem Luftstrahl, der aus Schlitzdüsen austritt, abgestreift und ins Zinkbad zurückgeführt. Die vom Kunden bestellte Zinkauflage wird in engen Toleranzen eingestellt.



Abbildung 30
Der Feuerverzinkungsprozess: das Stahlband durchläuft vorgewärmt das Zinkbad und verlässt das Zinkbad vertikal. Durch einen gerichteten Luftstrom wird das überflüssig mitgenommene Zink "abgeblasen".


Nach dem Verzinken wird das Stahlband gekühlt, einem Auslaufbandspeicher zugeführt, nachgewalzt und geprüft sowie durch eine Chromatierung gegen Korrosion (Weißrost) geschützt. Anschließend wird das Material aufgecoilt, mit einem Stahlband gebunden und in der Halle zwischengelagert.



Abbildung 31
Bandspeicher nach dem Feuerverzinkungsprozess.


Abbildung 32
Nach dem Aufcoilen des verzinkten und durch Chromat korrosionsgeschützten Stahlbandes wird dieses mit einem Verpackungsstahlband gegen Entcoilen (Entrollen) gesichert.


Abbildung 33
Nach dem Aufcoilen werden die Coils mittels Coilzange aufgenommen und an ihre Zwischenlagerposition gesetzt.


Abbildung 34
Das Stahlband wird in vorgefertigten Lagerböcken, die durch Gummiauflagen das Stahlband vor Beschädigung schützen, zwischengelagert und danach einer Verpackung zugeführt.


Abbildung 35
Bei diesen noch ungeschützten Coils (ohne Kantenschutz im Coilauge selbst) ist äußerst schonende Behandlung seitens des Kranfahrers erforderlich. Zusätzlich sollten die Kontaktflächen an der Coilzange mit geeigneten, materialschonenden Stoffen versehen sein.



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