6.4 Ladeflächenbegrenzungen und fahrzeuggebundene Sicherungseinrichtungen


6.4.6.2.1 Drahtseilbestückte Zurrwinden

Generell bestehen diese Zurrmittel aus Stahldraht als Spannmittel, das mit dem freien Ende an einem Zurrpunkt des Fahrzeugs befestigt wird, und dem Spannelement Zurrwinde, die zumeist unterhalb einer Fahrzeugseite angebracht ist.


Abbildung - LSHB

Abbildung 6.4.6.2.1.1: Stahldrahtseil als Spannmittel [W. Strauch]

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Abbildung 6.4.6.2.1.2: Befestigung des Losendes an Zurrpunkt [W. Strauch]

Abbildung 6.4.6.2.1.3: Zurrwinde als Spannmittel [W. Strauch]

Für die Befestigung der Losenden an Zurrpunkten gibt es unterschiedliche vorschriftsmäßige Möglichkeiten, beispielsweise:

  • Schlaufe aus Pressklemme oder Spleiß mit offenem Haken;
  • Schlaufe aus Pressklemme oder Spleiß mit Schäkel an Zurrauge oder Öse;
  • Schlaufe aus Pressklemme oder Spleiß um Kausche an offenem Haken;
  • Schlaufe aus Pressklemme oder Spleiß um Kausche mit Schäkel an Zurrauge oder Öse
  • Schlaufe aus Pressklemme oder Spleiß mit oder ohne Kausche mit Verbindungsglied und diversen Endgliedern, wie Haken etc. an unterschiedlichen Zurrpunkten.

Eine Stahlnennfestigkeit von 1770 N/mm² ist nach DIN 12195-4 für Zurrdrahtseile vorgeschrieben. Zwei häufig vorkommende Seilkonstruktionen sind:

Abbildung - LSHB Abbildung - LSHB

Abbildung 6.4.6.2.1.4: Seilkonstruktion
6 x 19 + 1FE [W. Strauch]

Abbildung 6.4.6.2.1.5: Seilkonstruktion
6 x 37 + 1 FE [W. Strauch]

19 bzw. 37 Einzeldrähte werden rechts oder links herum zu „Litzen“ geschlagen. Bei Litzen mit 19 Einzeldrähten ist ein Draht mittig angeordnet, um den konzentrisch sechs und dann zwölf Drähte angeordnet sind (1+6+12=19). Bei Litzen mit 37 Einzeldrähten sind in einem weiteren „Ring“ 18 Drähte angeordnet (1+6+12+18=37). Sechs dieser Litzen (auch Kardeele genannt) werden um eine Fasereinlage FE (auch als Seele bezeichnet) in gegengesetzter Drehrichtung, also dann links oder rechts herum zum fertigen Seil geschlagen. Aufgrund der unterschiedlichen Drehrichtung beim „Schlagen“ der Einzeldrähte zu Litzen und der Litzen zum Seil wird das fertige Produkt als Kreuzschlagseil bezeichnet. Je mehr Einzeldrähte ein Drahtseil besitzt, umso „lehniger“ ist es; um so besser lässt es sich biegen bzw. umlenken.

In Tabelle 1 der Norm DIN EN 12195-4 sind Bruch- und Zurrkräfte dieser zwei Seilarten genannt, die über Endverbindungen aus Pressklemmen verfügen. Der Druckfehler „6 x 36“ in der Norm ist zu ignorieren. Die Werte für drei gängige Drahtseildurchmesser bei Zurrwinden sind:

Rechtiche Grundlagen – Aufgaben von Beteiligten
Seilnenndurchmesser des verwendeten Stahlseiles in Millimeter [mm] Mindestbruchkraft des unkonfektionierten Seiles in Kilonewton [kN] Zurrkraft (LC) des kompletten Zurrmittels in Kilonewton [kN] Mindestbruchkraft (BF) des kompletten Zurrmittels in Kilonewton [kN]
8 37,4 11,2 22,4
10 58,4 17,5 35
12 84,1 25 50

Auszüge aus Tabelle 1 der Norm für Zurrdrahtseile

Durch Endverbindungen wie „Pressklemmen“ oder „Spleiße“ werden Spannmittel wie Drahtseile geschwächt. Die Norm enthält dafür einen Faktor KT, der die Wirksamkeit der Endverbindungen berücksichtigt. Bei Pressklemmen muss KT 0,9 betragen, bei gespleißten Verbindungen 0,8.

Die Zurrkraft (LC) wird nach Norm so ermittelt:

$$ L C = \frac{Mindestbruchkraft\ des\ unkonfektionierten\ Seiles \cdot K_T}{3} = \frac{F_{min} \cdot K_T}{3} $$

Für eine mit einem Drahtseil von 8 mm Durchmesser bestückte Zurrwinde mit gepressten Endverbindungen ergibt sich danach folgende Rechnung:

$$ LC = \frac{37,4 kN \cdot 0,9}{3} = 11,22\ kN = 1122\ daN $$
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Abbildung 6.4.6.2.1.6 – 8: Anhänger mit Kennzeichnungsdaten einer drahtbestückten Zurrwinde [W. Strauch]

Auf dem abgebildeten Anhänger sind die Herstellerdaten vorhanden, aber hier unkenntlich gemacht. Rückverfolgungscode und ein Hinweis auf die geltende europäische Norm fehlen und, sofern die Zurrwinde als Seilwinde einzustufen ist, auch die Angabe der maximalen Handkraft zur Erreichung der Zurrkraft. Dass die zulässige Zurrkraft als „zul. Zugkraft“ in daN und nicht in kN ausgewiesen ist, beeinträchtigt die Nutzung nicht.

Geprüft werden Zurrdrahtseile nach Norm, indem sie einschließlich aller lasttragenden Verbindungsteile einer Prüfkraft vom 1,25-fachen der Zurrkraft ausgesetzt werden. Dabei bzw. danach dürfen sie keine bleibenden Verformungen aufweisen.

Die Bruchkraft (BF) wird nach Norm kontrolliert, indem eine Probe eines vollständigen Zurrdrahtseiles mit allen lasttragenden Elementen in einem Zugversuch die in der Tabelle enthaltenen Werte erreichen muss. BF muss den doppelten LC-Wert erreichen.

In der Praxis sind vorschriftsmäßig gekennzeichnete Zurrdrahtseile an Winden nur extrem selten zu finden. Beanstandungen sind nahezu der Regelfall.


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Abbildung 6.4.6.2.1.9 – 10: Anhänger an einem Zurrdrahtseil von 10 mm Durchmesser [W. Strauch]

Auf dem Anhänger fehlen vorgeschriebene Angaben. Mit diesem Drahtseil üblicher Konstruktion kann kein LC von 2000 daN erreicht werden. Mit den „indirekt 4000 daN“ ist wahrscheinlich gemeint, dass bei Verwendung als Niederzurrung ohne Berücksichtigung der Reibung auf jeder Seite eine Spannung von 2000 daN erreicht werden kann.


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Abbildung 6.4.6.2.1.11 – 12: Anhänger an einem Zurrdraht von 10 mm Durchmesser [W. Strauch]

Auch hier fehlen wesentliche Daten. Die Norm verlangt, dass Zurrdrahtseile mit ihren Beschlagteilen durch Metallanhänger gekennzeichnet sein müssen, die über Folgendes Auskunft geben:

  • Namen oder Kennzeichen des Herstellers oder Lieferanten;
  • Rückverfolgbarkeits-Code des Herstellers;
  • Nummer und Teil dieser europäischen Norm: EN 12195-4;
  • Warnhinweis: „Darf nicht zum Heben verwendet werden“;
  • Zurrkraft (LC) in Kilonewton (kN);
  • übliche Spannkraft STF in Dekanewton (daN) oder Windenkraft, für die die Ausrüstung zum Niederhalten ausgelegt ist und typgeprüft wurde;
  • bei Mehrzweck-Seilzügen und Seilwinden: Angabe der maximalen Handkraft zur Erreichung der Zurrkraft LC.

Zurrdrahtseile dürfen nur verwendet werden, wenn sie mit korrekt beschrifteten Anhängern gekennzeichnet sind, die noch lesbar sind.

Hinsichtlich der Seilenden bestimmt die Norm, dass „Schlaufen von Anschlagseilsträngen mit Pressklemmen oder durch Spleißen herzustellen sind“.

(Anmerkung: An sich kann es nicht sein, dass eine Norm über Zurrdrahtseile Regeln für Anschlagseile festlegt. Vermutlich ist mit „Anschlagen“ das Befestigen an Zurrpunkten gemeint, die fälschlicherweise oft als Anschlagpunkte bezeichnet werden. In Kapitel 6.4.6.1 über Zurrpunkte ist das Problem unpräziser Bezeichnungen ausführlich dargelegt.)


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Abbildung 6.4.6.2.1.13 – 14: Seilenden mit gepressten Schlaufen [W. Strauch]

Die Presshülse von Abb. 14 ist offensichtlich schon einmal durch falsche Behandlung gequetscht worden. Ist der Durchmesser von Pressklemmen um mehr als 5 % verringert, gelten sie als beschädigt und sind auszuwechseln; Ähnliches gilt für Spleiße.


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Abbildung 6.4.6.2.1.15 – 16: Seilenden mit gepressten Schlaufen und eingearbeiteten Kauschen [W. Strauch]

Zur Verbindung mit Ketten, Zurrhaken, Ovalgliedern, Schäkeln, Wirbelhaken usw. müssen die Drahtseile eine Endverbindung mit Kausche haben.


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Abbildung 6.4.6.2.1.17 – 18: Seilende mit gespleißten Schlaufen bzw. Augen [W. Strauch]

Das Spleißende des rechten Auges ist durch eine Drahtumwicklung bekleidet. Die Verletzungsgefahr an „Fleischhaken“, das sind hervorstehende einzelne Drahtenden, wird dadurch gemindert. Die Länge einer Schlaufe ohne Kausche muss ungefähr das 15fache des Seildurchmessers betragen, wobei die Schlaufenbreite ungefähr die Hälfte der Schlaufenlänge beträgt.