6.4 Ladeflächenbegrenzungen und fahrzeuggebundene Sicherungseinrichtungen


6.4.1 Genormte Fahrzeugaufbauten

Aus der Korrespondenz des Autors mit Fahrzeug- und Aufbautenherstellern stammt u.a. diese Antwort vom Juli 1989:

… für den Aufbau von Fernverkehrsfahrzeugen gibt es keine Prüfvorschriften. Wir prüfen deshalb bei diesen Fahrzeugen unseren Boden und die Bordwände nach der für Wechselbehälter geltenden DIN 70013 Teil 3 …

Die zitierte Norm datierte vom Juni 1976 und hatte den Titel „Wechselbehälter für Lastkraftwagen und Anhänger – Anforderungen und Prüfungen“.

Im August 1991 wurde diese Norm durch die DIN EN 283 „Wechselbehälter – Prüfung“ ersetzt. Nach dieser Norm wurden jahrelang viele Straßenfahrzeuge gebaut. Diese Norm und die im April 1992 erschienene DIN EN 284 werden im Kapitel 6.5.2 behandelt.

In den Durchführungsanweisungen zu § 22 der aktuellen „Unfallverhütungsvorschrift Fahrzeuge“ wird auf folgende Normen für Fahrzeugaufbauten verwiesen:

  • DIN EN 12642 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen; Aufbauten an Nutzfahrzeugen; Mindestanforderungen“;
  • DIN 75410-2 vom November 2005 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen; Teil 2: Ladungssicherung in Pkw, Pkw-Kombi und Mehrzweck-Pkw“;
  • DIN 75410-3 vom Oktober 2004 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen; Teil 3: Ladungssicherung in Kastenwagen“.

Zielsetzung der ersten DIN EN 12642 vom April 2002 war es, durch die Festlegung von Mindestanforderungen an Fahrzeugaufbauten wie Stirn- und Seitenwände sowie deren Prüfung sicher zu stellen,

„dass der Fahrzeugaufbau die Ladungssicherheit übernehmen kann, wenn die Ladung nicht über Zurrmittel gesichert wird“.

  • DIN EN 12642 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen; Aufbauten an Nutzfahrzeugen; Mindestanforderungen“;

Die aktuelle DIN EN 12642 vom Januar 2007 unterscheidet Fahrzeuge nach „Code L“ und Code „XL“. Die Anforderungen an „Code L-Fahrzeuge“ mit Standardaufbauten entsprechen im Wesentlichen denen der alten Norm. Höhere Anforderungen werden an „Code XL-Fahrzeuge“ mit verstärkten Aufbauten gestellt. Die „statischen Prüfbedingungen“ der alten Norm wurden in die Neue übernommen, aber durch die Möglichkeit von „Luftsackprüfungen“ ergänzt. Neu aufgenommen wurden „dynamische Fahrversuche“, die anstelle „statischer Prüfungen“ oder „rechnerischer Nachweise“ erlaubt sind.

Die hohen Ansprüche an die alte Norm wurden herabgesetzt und realitätsnäher formuliert. In der Einleitung zur neuen Norm heißt es:

„Das Ziel der Überarbeitung war die Einführung der Definition einer verstärkten Aufbautenstruktur, die in der Lage ist, einen Teil der Kräfte zur Ladungssicherung aufzunehmen. Die Notwendigkeit von zusätzlichen Ladungssicherungsmaßnahmen muss im konkreten Fall vom Verlader, dem Betreiber oder vom Fahrer entschieden werden“.

Die Norm gilt für Aufbauten an Lastkraftwagen und Anhängern mit einem maximal zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3.500 kg. Sie gilt jedoch nicht für Wechselbehälter.

Die DIN EN 12642 gilt auch nicht für Kastenwagen, bei denen Fahrerkabine und Laderaum eine Einheit bilden. Dafür sind Regeln in DIN 75410-3 vom Oktober 2004 festgelegt, sie gilt für die fahrzeugseitigen Einrichtungen zur Ladungssicherung in Kastenwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse bis einschließlich 7,5 t. Zielsetzung dieser Norm ist es,

Insassen vor Verletzungen durch Ladung zu schützen.

Am Ende dieses Kapitels wird ein Beispiel gegeben. Die gleiche Zielsetzung hat die DIN 75410-2, die sich mit der Ladungssicherung in Pkw, Pkw-Kombi und Mehrzweck-Pkw befasst, deren Sitze den Laderaum unmittelbar begrenzen. Durch festgelegte Mindestanforderungen und Prüfungen für Vorder- und Rücksitze soll sichergestellt werden, dass auch in diesen Fahrzeugen eine verkehrs- und betriebssichere Ladungssicherung möglich ist.

Leser der Normen sollten sich nicht durch uneinheitliche Angaben über Kräfte, Massen oder Lasten verwirren lassen; auch nicht durch die Nennung unterschiedlicher Begriffe für Maßbezeichnungen bzw. Recheneinheiten, wie Tonnen (t) und Kilogramm (kg), Kilo-Newton (kN), Deka-Newton (daN) und Ähnliches. Für die Praxis ist das unerheblich. Der zahlenmäßige Unterschied zwischen Masseangaben in Kilogramm [kg] oder Kraftangaben in Deka-Newton [daN] beträgt ungefähr zwei Prozent.

Prüfungen werden nach den Normen unterschiedlich durchgeführt. Genaue Darstellungen sind in den jeweiligen Normen enthalten. Die folgenden Zeichnungen beschränken sich auf Vorgaben aus der DIN EN 12 642, sind stark vereinfacht, und machen keinen Unterschied zwischen „Prüfung mit Vorrichtung“ oder „Luftsackprüfung“. Weggelassen ist auch der durch Prüfvorrichtungen auszuübende Druck, da Formeln und Ausdrücke der Norm aufgrund von Druckfehlern verwirren können.